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Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können

Titel: Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Glücklicherweise sind heutzutage leichte Normüberschreitungen relativ unproblematisch, eine wahre Errungenschaft der Moderne, die man sich öfter einmal bewusst machen sollte. Wir dürfen anziehen, was wir wollen, dürfen schlafen, mit wem wir wollen, es herrscht Gedankenfreiheit, der Supermarkt der Ziele steht uns offen.
    Wer eine radikale gesellschaftliche oder persönliche Veränderung herbeiführen will, braucht Kraft und womöglich Freunde. Sich gegen Konventionen und andere zu stemmen, weil man glaubt, etwas verändern zu müssen, ist die extremste Art der Selbstkontrolle und erfordert das Äußerste an Energie, denn das Bedürfnis, gemocht und angenommen zu werden, ist dem Gruppentier Mensch tatsächlich angeboren. Diejenigen, die Neues geschaffen, die für unsere Freiheiten gekämpft, diejenigen, die bahnbrechende, riskante Ideen entwickelt, diejenigen, die sich gegen den Mainstream aufgelehnt haben, haben nicht nur ihre Lebenszeit und körperliche Kraft eingesetzt, sie haben vor allem auch viel psychische Energie aufgebracht. 74 Gegen den Impuls, gemocht zu werden, anzukämpfen, erfordert einen unbändigen Willen, Selbstkontrolle und eine gute psychische Verfassung. Bestenfalls arbeitet man gemeinschaftlich und bildet zu mehreren eine Gruppe, deren Regeln man befolgt. Jeder Normbruch bewirkt Stress, Freunde können ihn aber mildern.
    Es ist interessant, vor diesem Hintergrund die Revolution von 1989 zu betrachten. Hier wurde vieles richtig gemacht. Die Bürger der DDR taten sich zusammen, diskutierten und protestierten auf friedliche Art und Weise. Wir Deutschen können auf kaum etwas so stolz sein wie auf diese gewaltige Leistung. Allerdings war die Revolte kräftezehrend, und sie hat Opfer gefordert, auch psychischer Natur, denn so mancher hat die Folgen der Stasi-Machenschaften noch immer nicht verarbeitet. So unausweichlich das ist, so wertvoll waren diese Opfer für das Gemeinwohl.
    In letzter Zeit befremdet es mich häufig zu sehen, wie wenig viele Leute die Konsequenzen ihres Verhaltens berücksichtigen, gerade wenn sie sich nicht an die Regeln halten. Ich erlebe Studenten, die eine Leistung nicht erbracht haben und mich dann (manchmal recht penetrant) belästigen, in der Hoffnung, ich gäbe ihnen eine zweite Chance. Ich erlebe Kollegen, die überarbeitet sind und sich über Rückenschmerzen und das Gesundheitssystem beschweren. Ich erlebe Leute, die nicht verstehen, warum ihr Partner ihre feiste Lüge nach mehr als einem Jahr immer noch nicht vergessen hat. Das alles zeugt von unreifem Verhalten. Jeder von uns baut irgendwann einmal Mist, verausgabt sich oder lügt, wir alle haben eine Leiche im Keller, rauchen oder trinken zu viel, essen zu fett, sind mal pampig etc. Sich aber nach dem Verzehr einer Tafel Aldi-Rahm-Mandel vor den Spiegel zu stellen und der Welt, den Menschen und vor allem Aldi höllenungut zu sein ist so, als ob das Kind in Mischels Mäusespeck-Experimenten den Speck aufisst und inständig hofft, der Versuchsleiter würde ihm doch ein zweites Stück geben. Mit anderen Worten: Wir wollen ALLES . Rauchen und 110 Jahre alt werden, Saufen und schlankbleiben, aufmüpfig sein, ohne dafür kritisiert zu werden, nichts tun und dabei Millionen verdienen 75 , unsere Sparlampen im Hausmüll entsorgen und unseren Kindern eine saubere Welt hinterlassen. Die Infantilisierung der Gesellschaft ist so weit fortgeschritten, dass wir gar nicht mehr merken, wie grotesk ein solches Verhalten ist. Es ist ja schön, wenn noch ein Kind in uns tobt, aber hin und wieder muss man es an die Hand nehmen. Und wenn man es doch loslässt, dann sollte man sich fragen, ob man auch bereit ist, unausweichliche Konsequenzen zu ertragen. Und sich diesen tatsächlich einmal stellen, statt sich wimmernd herauszureden oder andere mit fadenscheinigen Entschuldigungen zu langweilen. Zur Erinnerung: Der Mist, den man sich selbst eingesteht, ist der allerbeste Dünger für unseren Garten vor dem weißen Zimmer. Jammern, so habe ich aus der Forschung gelernt, ist immer ein Zeichen dafür, dass etwas nicht passt. Jammern bedeutet: Ich bin nicht dazu bereit, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Forschung zeigt, dass der Jammernde vor allem eines will: Aufmerksamkeit. Wenn ich nicht selbst dauernd jammern würde, würde ich jetzt ohne Probleme schreiben: »Hören Sie auf damit! Ändern Sie lieber was.« Okay, machen wir einen Deal: Bis zum nächsten Buch wissen wir gar nicht mehr, wie man Jammern schreibt. Abgemacht?
    Auch
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