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Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Kate. »Sie können so viele Dinge. Haben Sie keinen Beruf?«
    »Beruf?«, wiederholte Briony versonnen. »Aus Ihrem Mund klingt es, als könne ich mich durchsetzen und wäre ehrgeizig. Beides bin ich nicht. Irgendwann hätte ich mir sicher einen Job gesucht, wenn ich keine Kinder hätte bekommen können. Ehemann, Haus, Garten, Kinder. Sehen Sie sie? Sehen Sie die Blondschöpfe über dem blauen Rittersporn?«
    »Ich sehe, wie sie den Osterglocken die Köpfe abknipsen, in den Saatbeeten nach Würmern graben, auf Fahrrädern durch die Azaleenbüsche rasen und um einen Sandkasten und eine Schaukel betteln.«
    »Ich glaube kaum, dass meine Kinder ein Klettergerüst hätten haben wollen«, entgegnete Briony.
    »Seien Sie da nicht so sicher. Es fängt an mit Legosteinen und Playmobilfiguren, die überall im Wohnzimmer herumfliegen. Gruselige Gummitiere im Bad. Ein kleines Mädchen verlangt eine kitschige Pony-Tapete in ihrem Zimmer und rosa Kinkerlitzchen auf dem Nachttisch.«
    »Das glaube ich nicht. Wenn man Kindern von Anfang an guten Geschmack beibringt, wählen sie automatisch das Richtige.«
    »Von wegen guter Geschmack!«, erwiderte Kate. »Versuchen Sie es, und die lieben Kleinen werden sich nach Disneyworld sehnen, glauben Sie mir. Geben Sie ihnen Bücher, und sie quengeln um Comics.«
    »Was wissen Sie schon darüber? Waren Sie etwa einmal verheiratet? Haben Sie Kinder?«
    »Das nicht, aber ich bin eine akribische Beobachterin menschlicher Lebensumstände. Sind Sie jemals bei Emma Dolby zu Hause gewesen?«
    »Nein.«
    »Nun, versuchen Sie es, und Sie bekommen einen Schnellkurs darin, wie ein Kind in kürzester Zeit eine zivilisierte Wohnung verändern kann.«
    »Verstehen Sie, was er an ihr gefunden hat?«
    »Bitte?«
    »Ich rede von Faith. Sie fragen sich doch sicher auch, was er an ihr gefunden hat.«
    »Tja, sie kann ausgesprochen amüsant sein, wenn man scharfen Humor mag.«
    »Das war es nicht. Ich glaube, es war, weil sie es getan hatte. Wie Eva. Sie ist davongelaufen. Sie wurde in eine nur auf sich konzentrierte, geradezu klaustrophobische Familie hineingeboren. Ihre Eltern zwangen sie, so zu werden wie sie; sie sollte ihre Art des Lebens fortsetzen. Eine Zeit lang tat sie das auch. Doch insgeheim schmiedete sie Pläne, und als ihre Chance kam, ihre allererste Chance, griff sie mit beiden Händen zu. Sie verließ das kalte Vorstadthaus mit seinem allgegenwärtigen Alten Testament und den billigen Drucken an den Wänden und ging zur Universität. Es wird ihr nicht leicht gefallen sein, oder?«
    »Bestimmt nicht«, sagte Kate, die selbst ihre Möglichkeit zur Flucht verpasst hatte und es immer noch bereute. »Trotzdem verstehe ich nicht, dass ein Mann wie Christopher einen solchen Narren an ihr fressen konnte.«
    »Ich hasse sie!«, erklärte Briony. »Sie hat ihre Chance wahrgenommen. Ich nicht. Ich kann es ihm nicht verzeihen, dass er sie mir vorgezogen hat. Ich habe alles für ihn aufgegeben – konnte er mich nicht im Gegenzug dafür lieben?«
    Das Leben funktioniert nicht auf diese Weise, hätte Kate am liebsten gesagt. Doch sie saß nur da, nickte, sah mitfühlend drein und blickte zu Eva mit ihrem scheuen Gesichtchen auf dem Gemälde hinauf.
    »Und warum waren Sie hinter mir her?«
    »Weil Sie dort waren. Unmittelbar, bevor ich ihn tötete. Er hat mit Ihnen gesprochen. Sie schauten ihn an, und er schlug Sie in seinen Bann, wie alle anderen auch. Ich konnte sehen, wie er nach einer Möglichkeit suchte, Ihren Namen und Ihre Telefonnummer zu bekommen, um Sie wiederzusehen. Sie müssten mich übrigens auch gesehen haben.«
    »Nicht, dass ich wüsste. Ich war damit beschäftigt, meine Wahl zwischen einem Parker-Füller und einem von Sheaffer zu treffen.«
    »Etwa eine Woche später sah ich Sie im Bartlemas wieder. Sie konnten mich nicht sehen, aber Emma Dolby führte Sie im Dozentengarten herum. Dann waren Sie bei der Trauerfeier und auch danach beim Empfang. Sie trugen das gleiche Kleid und die gleichen Ohrringe.«
    »Ich dachte mir längst, dass es eine Frau gewesen sein musste«, sagte Kate nachdenklich. »Männer nehmen nie wirklich wahr, was man anhat. Haben Sie auch die Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen?«
    »Emma hat sich geweigert, mir Ihre Telefonnummer und Ihre Adresse zu geben. Aber sie nannte mir Ihren Namen und schlug vor, im Telefonbuch nachzusehen. Ich wollte nur, dass Sie verschwinden und mir nicht weiter auf die Nerven gehen.«
    »Aber ich habe Sie doch in keiner Weise
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