Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
Vom Netzwerk:
dass diese Eva Ihnen ähnlich sieht«, wechselte Kate das Thema. »Dieses lange, blonde, gewellte Haar, das kleine, herzförmige Gesicht, genau genommen sogar der Gesichtsausdruck.«
    »Haben Sie geraten?«
    »Ich glaube, das meiste habe ich mir erarbeitet.«
    »Haben Sie keine Angst, mit mir hier allein zu sein?«
    »Sie sagten ja bereits, dass Sie keine Pistole bei sich haben. Als Sie die Möglichkeit hatten, mich zu erwürgen, haben Sie aufgehört und sind weggelaufen. Ihre Wut gegen Christopher hat sich über Jahre hinweg aufgestaut, aber Sie hatten nicht genügend Zeit, gegen mich einen ebensolchen Zorn zu entwickeln. Wir kennen uns erst zu kurz.«
    »Er war sehr überrascht«, sagte Briony. »Er glaubte, mich zu kennen. Er glaubte, ich würde immer der Fußabtreter bleiben, den er meinen Eltern weggenommen und geheiratet hat. Doch im Lauf der Jahre habe ich mich verändert. Ich wurde immer wütender. Er war nicht treu. Er hat mich erniedrigt. Und mit Faith Beeton brachte er das Fass zum Überlaufen.«
    »Wieso ausgerechnet mit Faith Beeton?«
    »Sie ist so schlicht. So normal. Sie ist weder eine bezaubernde Schönheit noch sonst die Art Frau, bei der man einem Mann verzeihen kann, wenn er ihr verfällt. Wenn es Sadie gewesen wäre, hätte ich vielleicht Verständnis gehabt, denn mit ihr konnte ich nicht konkurrieren. Aber Faith? Warum sie?, fragte ich mich immer wieder. Ich weiß, dass ich besser aussehe, attraktiver und wahrscheinlich auch eine bessere Gesellschaft bin. Und ganz sicher bin ich eine bessere Köchin und Hausfrau.«
    »In diesem Punkt muss ich Ihnen Recht geben«, sagte Kate. »Aber dazu gehört wirklich nicht viel.«
    »Ich war die durchsichtigen Ausflüchte einfach satt. Und als ich im Dozentengarten zufällig mithörte, wie Honor ihn wegen Sadie zur Rede stellte, bin ich ausgeflippt. Natürlich wusste ich längst von Faith. Die Frau ist so arrogant, dass sie nicht einmal versuchte, ihre Gefühle für Chris zu verbergen. Jedes Mal, wenn ich sie bei einer von Honors kleinen Gesellschaften miteinander reden sah, strahlte sie sie geradezu aus. Aber auch den Gedanken, dass Honor glaubte, er schlafe mit Sadie, konnte ich nicht ertragen, obwohl ich wusste, dass er es nicht tat. Jeder glaubt es, dachte ich. Alle sahen mich so mitleidig an. Die arme, kleine Briony! Sie ist mit einem so attraktiven Mann verheiratet, der jede Frau um den Finger wickeln kann, und sie versteht ihn nicht zu halten.«
    »Warum haben Sie ihn nicht einfach verlassen?«
    »Weil ich dann auch meinen Garten hätte verlassen müssen.«
    »Sie hätten einen neuen anlegen können. Irgendwo anders. In ganz England gibt es Leute, die Ihnen viel Geld dafür bezahlen würden, schöne Gärten für sie anzulegen.«
    »Nein, das verstehen Sie nicht. Ich meine etwas anderes. Ich konnte den Garten nicht verlassen, weil er ein Gefängnis war, aus dem ich nicht ausbrechen konnte. Die Hecken wuchsen jedes Jahr ein Stück höher. Die Pflanzen wucherten und übernahmen mein Leben. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich eine Machete brauchte, um in den Supermarkt zu kommen.«
    Die beiden Frauen saßen da und starrten das Gemälde an der Wand gegenüber an. Ein anderes Paar, ein anderer Garten, ein anderer Versucher.
    »Wahrscheinlich hat sie es absichtlich getan«, sagte Briony.
    »Was getan?«
    »Den Apfel gepflückt. Er verschaffte ihr Weisheit, die Möglichkeit, Kinder zu bekommen und die wunderbare Freiheit, den Garten verlassen zu dürfen und weit wegzugehen. Das muss die wahre Versuchung gewesen sein: die Anziehungskraft des Gartens. Hätte Eva noch mehr Zeit dort verbracht, hätte sie gesät, gepflanzt, Setzlinge gezogen, ein Treibhaus gebaut und Gartenwege gelegt, sie wäre nie entkommen. Sie musste den Apfel einfach nehmen. Er war der Schlüssel zum wirklichen Leben. Zu Schmerz. Zu Liebe. Zu Tod. Zu einem Dasein, das in jedem Fall besser war als die Fantasiewelt, in der sie zuvor gelebt hatten, wo Gott allgegenwärtig war, ihnen über die Schulter blickte und ihnen sagte, was sie zu denken hätten.«
    »Ich dachte eigentlich immer, dass es in einer Ehe genau darum geht«, sagte Kate. »War es denn nicht so?«
    »Alles sollte ganz wunderschön werden«, erwiderte Briony. »Ich hatte schon lange meine Pläne. Ein Haus, ein Garten, die warme, sichere Geborgenheit unserer Beziehung. Ich dachte, dass Chris es sich so wünschte. Und ich glaubte, dass ich es mir ebenfalls so wünschte.«
    »Warum haben Sie sich keine Arbeit gesucht?«, fragte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher