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Unheil ueber Oxford

Unheil ueber Oxford

Titel: Unheil ueber Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Schreiben‹ als Schwangerschaftsvertretung übernommen.«
    »Ich weiß durchaus, wer du bist. Wie könnte ich es auch je vergessen! Du brauchst dir bloß anzusehen, was mit meinem Kurs passiert ist, während du ihn geleitet hast. Danach war es nie mehr wie vorher. Der freundliche Zusammenhalt, die Vertrautheit – alles weg!«
    »Aber dafür kann ich doch nichts!«
    »Na ja, ich weiß nicht. Ganz gleich, wohin du gehst, das Unheil scheint dir auf dem Fuß zu folgen. Was willst du überhaupt von mir?«
    »Du bist doch im Komitee für diese Fortbildungs-Sache.«
    »Sehr richtig. Allerdings handelt es sich nicht um eine Fortbildung, sondern um einen vier zehntägigen Workshop mit dem Titel: ›Die Auswirkung des Geschlechts auf die Gattung‹, das im Bartlemas College abgehalten wird und für das sich massenhaft höchst gebildete Amerikaner interessieren. Sie zahlen astronomische Summen dafür, elegant, aber unbequem zu leben, und wollen erfahren, was meine Kollegen und ich ihnen über Krimis, Liebesromane, SF und so weiter zu erzählen haben.«
    Kate musste diesen Satz erst einmal verdauen und schwieg. Dann versuchte sie einen anderen Weg. »Wie geht es den Kindern, Emma? Der Kleine – äh –, nun, er muss wohl inzwischen ordentlich gewachsen sein. Die anderen sicher auch.« Ihr wurde klar, dass sie besser hätte aufpassen müssen, wenn Emma die Namen der Kinder erwähnte; vor allem den der neuesten Errungenschaft. Wie viele Kinder hatte sie eigentlich inzwischen? Vier? Fünf? Jedenfalls ziemlich viele. Kate bemühte sich, ihre Stimme mitfühlend klingen zu lassen. »Es muss ganz schön anstrengend sein, einen Haushalt zu führen, die Kinder zu erziehen, Bücher zu schreiben und obendrein auch noch diesen Workshop zu organisieren.« Dabei schob sie den Gedanken beiseite, dass Emmas Haushalt mehr an eine Schutthalde erinnerte; ihre Ablage war ein Stapel eselsohriger Blätter, und die Kinderschar tollte zwar fröhlich herum, wurde aber ziemlich vernachlässigt.
    »Mit anderen Worten: Du suchst Arbeit.«
    »Nun ja …«
    »Wenn du bei diesem Workshop hättest mitmachen wollen, hättest du dich bewerben müssen, als ich dir zum ersten Mal davon erzählt habe. Die Referenten sind längst engagiert, und mehr werden nicht gebraucht. Das College kümmert sich um die gesamte administrative Seite; dem Komitee werden nur die direkten Ausgaben ersetzt. Ich kann dir nicht einmal einen Job als Tippse anbieten. Tut mir aufrichtig Leid, Kate, aber wenn du Geld brauchst, kann ich dir dieses Mal nicht weiterhelfen.«
    »Okay, ich denke, ich finde sicher bald etwas.« Allerdings musste es wirklich bald sein, wenn sie Wert auf regelmäßige Mahlzeiten legte.
    »Warum versuchst du es nicht bei deinem Freund bei der Bodleian? Er hat dir doch schon öfter ausgeholfen.«
    »Er ist im Augenblick verreist. Aber ich werde ihn fragen, wenn er zurückkommt.«
    »Viel Glück«, sagte Emma. Und dann, als täte es ihr Leid, Kate nicht helfen zu können, fügte sie hinzu: »Warum kommst du nicht einfach nächste Woche mal zum Abendessen vorbei? Tom und die Kinder würden sich sicher riesig freuen!«
    Almosen, dachte Kate. Jetzt bietet man mir schon eine warme Mahlzeit statt eines lukrativen Jobs an. »Danke, aber leider bin ich im Moment ziemlich ausgebucht«, erwiderte sie.
    »Verstehe. Aber wenn du doch irgendwann Zeit haben solltest, brauchst du nur anzurufen.«

    Der größte Teil des Bartlemas Colleges, das zur Universität Oxford gehört, stammt aus dem achtzehnten Jahrhundert. Damals verfügte eine fortschrittliche Stadtverwaltung, dass die unhygienischen, mittelalterlichen Gebäude größtenteils abgerissen und durch luftige, schön proportionierte, an drei Seiten umbaute Höfe ersetzt werden sollten; die vierte Seite blieb offen. Lediglich der Speisesaal, der Küchenbereich, eine recht nüchterne Kapelle aus dem siebzehnten Jahrhundert und ein aus dem fünfzehnten Jahrhundert stammender Turm blieben erhalten. Gemessen an den Maßstäben der Leute, die zu Emmas Workshop anreisen würden, war das College hinsichtlich des sanitären Angebots und der Schlafmöglichkeiten sicherlich unbequem. Doch es gilt als eines der schönsten neueren Universitätsgebäude von Oxford und besitzt einen weithin gerühmten, von einem Schüler Gertrude Jekylls angelegten Garten. Für die Belange der Besucher war allerdings noch interessanter, dass man den Küchenchef des Bartlemas einem der besten Londoner Hotels abgeluchst hatte; seine Desserts erweckten den
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