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Unheil

Unheil

Titel: Unheil
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verschwunden war,
und sie blieb auch danach noch eine Ewigkeit stehen und lauschte auf seine
Schritte, obwohl sie schon längst nicht mehr zu hören waren.
    Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass er etwas
zurückgelassen hatte. Es war sein Spazierstock. Er hatte ihn gegen den Kamin
gelehnt, und sie ging hin, nahm ihn in die Hand, und der silberne Drachenkopf
gab das Geheimnis seiner verborgenen Mechanik preis, kaum dass sie ihn berührt
hatte. Conny zog den Knauf ein Stück weit heraus und betrachtete die schmale,
rasiermesserscharf geschliffene Klinge, die sich darunter verbarg. Es war, als
begänne der uralte Stahl mit lautloser Stimme zu ihr zu flüstern. Wer beschützt euch vor uns?
    Conny lächelte. Sie schob die Klinge wieder zurück in ihr Versteck,
und das kaum hörbare Klicken, mit dem sie einrastete, schien gleichermaßen auch
in ihr etwas zum Abschluss zu bringen. Schmerz und Zorn erloschen für immer und
machten etwas Neuem und Entschlossenem Platz.
    Langsam drehte auch sie sich um und verließ das Kaminzimmer. Anders
als er musste sie die Tür – noch – öffnen, denn sie hatte gerade erst begonnen,
jene neue, aufregende Welt zu entdecken, die nun vor ihr lag. Aber sie hatte
damit auch keine Eile. Es gab Wichtigeres.
    Conny verließ das Haus, trat auf die Straße hinaus und setzte die
getönte Brille auf, um ihre Augen vor dem feindseligen Licht der Sonne zu
schützen. Aber sie lächelte. Das war ein kleiner Preis, den sie gerne zahlte.
    Als sie das Gartentor hinter sich schloss, hörte sie Motorengeräusch
und erkannte das Taxi, dessen Fahrer natürlich doch in Sichtweite angehalten
hatte, um auf sie zu warten. Wortlos öffnete er die Tür, und sie stieg ebenso
wortlos ein. Sie brauchte ihm ihr Ziel nicht zu nennen, als er losfuhr.
    Es wurde Zeit, auf die Jagd zu gehen.

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