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Ungezaehmtes Verlangen

Ungezaehmtes Verlangen

Titel: Ungezaehmtes Verlangen
Autoren: Pamela Palmer
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so viele Tränen vergossen hatte. »Ich brauche dich doch.«
    Sie versank in einer Woge des Unglücks, so tief, dass sie schon fürchtete, nie mehr daraus auftauchen zu können. Sie bemerkte die Hand auf ihrer Schulter erst, als das Gewicht, das ihr Herz zu erdrücken drohte, etwas leichter wurde und sie wieder Luft bekam.
    Er versuchte ihr den Kummer zu nehmen, wie er ihr zuvor die Angst genommen hatte.
    In einem Anfall rasender Wut sprang Kara auf. »Lass mich in Ruhe! Sie ist tot, du Ungeheuer, und das ist deine Schuld. «
    Ohne nachzudenken und ohne sich darum zu scheren, dass er so groß war und sie mit dem kleinen Finger hätte umstoßen können, stürzte sie sich auf den Mann und hämmerte mit den Fäusten gegen seine kräftige Brust. Doch er rührte sich nicht. Er ließ die Schläge über sich ergehen, versuchte nicht, sich zu verteidigen, und rührte sie nicht einmal an.
    Schließlich beruhigte sie sich wieder und ließ erschöpft von ihm ab. Sie fühlte sich, als wäre sie diejenige, die geschlagen worden wäre, und nicht die, die Schläge ausgeteilt hatte. Doch bevor sie zurückweichen konnte, packte er sie und schob sie hinter sich.
    » Mist!«, stieß er atemlos hervor, während er zwei Messer aus seinen Stiefeln riss und sie schützend vor sich hielt.
    Dieser Mann war ja vollkommen unzurechnungsfähig …
    Aber als sie sich hinter seinem breiten Rücken vorbeugte und sah, was durch das Fenster auf sie zuschoss – durch das geschlossene Fenster, änderte sie ihre Meinung.
    Ein Schrei blieb ihr im Halse stecken.
    *
    Drader.
    Lyon verlagerte sein Gewicht auf die Ballen und hielt die Messer zum Angriff bereit, als ein Dutzend dieser Furien direkt auf ihn zuflog. Ihre Körper waren kaum mehr als dichte Gaswolken, die einen widerlichen Kopf zu tragen schienen, der wie ein geschmolzenes Menschengesicht aussah. Er hatte nur einen Gedanken. Er musste die Strahlende vor diesen Monstern beschützen! Sie würden ihr die Lebenskraft rauben, so wie die Krankheit sie jener Frau beraubt hatte, von der sie aufgezogen worden war.
    »Was ist das?« Karas Angst schwappte wie eine eiskalte Welle über ihn hinweg.
    »Bleib hinter mir.« Er hatte keine Zeit mehr, noch etwas zu sagen, denn der Feind war schon bei ihm. Lyon wich ihren Reißzähnen aus, stach dann präzise in ihre gasförmigen Leiber und schnitt ihnen das Herz heraus. Eins, zwei, drei …
    Der vierte Drader griff von hinten in seine Haare, während sich der fünfte auf seinen Hals stürzte.
    Und der sechste …
    Lyon hörte einen durchdringenden Schrei und fuhr herum, da hingen noch zwei Drader an ihm. Der sechste stürzte sich auf die Strahlende und begegnete ihrer geballten Faust. Kara schrie vor Schmerz, als ihre Hand zwischen seinen Zähnen verschwand, die so scharf wie Rasierklingen waren. Ihre Blicke trafen sich, sie hatte die Augen vor Panik weit aufgerissen.
    »Nimm das Herz!« Lyon kämpfte mit den Kreaturen, die in seinem Nacken und an seinem Kopf hingen, und versuchte trotzdem verzweifelt, ihr zu helfen. Er hatte sechs Monate gebraucht, um sie zu finden. Er wollte verdammt sein, wenn er sie ausgerechnet jetzt verlor.

 
    3
    Während Kara gegen das Ungeheuer kämpfte, wurde sie von Panik ergriffen und spürte einen heftigen Schmerz an ihrer Hand und ihrem Körper. Mit der freien Hand schlug sie auf den gallertartigen Kopf des Wesens ein und versuchte die andere Hand aus seinem widerlichen Maul zu befreien.
    Ihr war, als hielte sie die Hand in ein offenes Feuer. Der Schmerz zog sich bis in ihren Arm hinauf. Das Wesen wollte sie in sich hineinsaugen. Sie spürte, wie es an ihr zog, um sie mit Haut und Haaren zu verschlingen. Der Schock raubte ihr beinahe den Atem.
    »Reiß ihm das Herz heraus!« Die Worte des Mannes drangen wie von sehr weit her durch den Nebel, der ihren Kopf ausfüllte, bis in ihr Bewusstsein vor.
    Sein Herz. Sein Herz? Wie konnte denn ein so konturloser Körper ein Herz haben? Dennoch … als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, griff sie mit der freien Hand in den geisterhaften Körper und umfasste einen pulsierenden Klumpen des Gewebes. Oh Gott ! Mit einem heftigen Ruck löste sich das Wesen in eine Rauchwolke auf und gab ihre zerfetzte Hand frei. Zwischen den blutigen Hautfetzen schimmerte der Knochen hindurch.
    In ihrem Kopf drehte sich alles. Die Beine versagten ihr den Dienst, dann brach sie auf dem Boden über ihrer verletzten Hand zusammen. Sie schrie, weinte und zitterte, ihr gesamter Körper bebte vor Schmerz,
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