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Unerwartet (German Edition)

Unerwartet (German Edition)

Titel: Unerwartet (German Edition)
Autoren: Melanie Hinz
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auf“, sage ich und schlage schon meine Bettdecke beiseite. Ben blinzelt mich verwirrt an und reibt sich den Schlaf aus den Augen.
    „Du bleibst liegen, junge Frau. Ich bringe dir etwas zum Essen. Wenn du dich danach fühlst, dann würde meine Mutter gerne mal kurz Hallo sagen.“
    „Ich bin nicht krank, Jakob. Ich kann wirklich aufstehen.“
    „Ich weiß, dass du das kannst. Bleib liegen!“
    Ein paar Minuten später klopft Maria mit einer Schale Suppe in der Hand an die Schlafzimmertür und bleibt abwartend im Türrahmen stehen. Ben hat sich schon wieder in sein Zimmer verzogen.
    „Komm rein“, bitte ich sie und setze mich im Bett auf.
    Sie balanciert die Schüssel zu meinem Nachttisch und lächelt mir unsicher zu.
    „Danke für die Suppe. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen.“
    „War es, Kati.“ Vorsichtig setzt sie sich auf die Bettkante.
    Als ich eine komfortable Sitzposition gefunden habe, nehme ich die heiße Schüssel in die Hand.
    „Wie geht es dir?“, fragt sie, während ich vorsichtig den ersten Löffel nehme.
    „Ging schon mal besser.“
    Auch wenn es unhöflich ist, vermeide ich den Blickkontakt mit ihr und konzentriere mich lieber auf meine Suppe.
    „Das wird schon alles gut ausgehen. Jakob sagt, es wäre nur eine Vorsichtsmaßnahme gewesen und die Biopsie wäre nur noch Formsache.“
    „Ich denke auch.“
    Das ist eine Lüge, aber was soll ich sonst sagen?
    „Ich weiß, es geht mich nichts an, aber Jakob und Paul machen sich große Sorgen, wie du dich aufrecht hältst.“
    „Es ist okay, denke ich. Nur ein paar alte Erinnerungen, die mich einholen. Aber das wird schon wieder.“
    Wir unterhalten uns noch ein wenig, aber unsere Gespräche bleiben oberflächlich. Maria würde gerne mehr sagen, doch wir kennen uns nicht gut genug, um unsere Probleme miteinander zu teilen.
    Bevor sie geht, fragt sie mich, ob sie morgen wiederkommen darf. Ich weiß nicht, wie ich mit mütterlicher Fürsorge umgehen soll, aber ich bin auch zu höflich, um es abzulehnen.
     
    Äußerlich mag man es mir nicht anmerken, aber innerlich habe ich einen solchen Drang, jeden von mir wegzuschieben. Paul und Jakob kriechen irgendwann zu mir ins Bett. Das Bedürfnis ist auch bei den beiden vorhanden, aber nur, weil ich sie vor dem schützen will, was mir eventuell bevorsteht. Wir halten uns an den Händen und lassen uns von Schweigen umhüllen. Es ist genau das, was ich jetzt brauche, auch wenn es besser wäre, die beiden nicht so sehr für mein Wohlbefinden zu benötigen.
    Erst beim Einschlafen wird mir klar, dass Maria betont hat, wie sehr sich Jakob und Paul um mich sorgen. Jakob und Paul!

34.
     
    Den zwei Zentimeter langen Einschnitt über meiner linken Brustwarze spüre ich nicht stärker als einen Muskelkater. Vorsichtig löse ich den Verband, um einen Blick zu riskieren und die Wunde mit frischem Verbandsmaterial zu bedecken.
    Paul kommt ins Schlafzimmer, als ich gerade den letzten Klebestreifen von dem überdimensionalen Pflaster gelöst habe.
    „Warum hast du uns nicht gerufen?“
    Tadelnd sieht er mich an und ruft dann lautstark nach Jakob, der auch gleich atemlos im Türrahmen erscheint.
    „Du solltest warten, Katharina. Ich hätte mich jetzt darum gekümmert.“
    Er kniet sich zu mir vors Bett und schiebt meine Hände beiseite. Wortlos reicht Paul ihm das neue Verbandszeug und eine Flasche Desinfektionsmittel. Er desinfiziert seine Hände und löst die Kompresse von der Wunde.
    „Sieht sehr gut aus. Da wird nur eine ganz feine Narbe bleiben.“
    Ich reagiere nicht auf seine Zuversicht, denn die vergeht mir immer mehr.
    „Wann können wir anrufen?“, frage ich.
    Paul greift nach meiner Hand und ich habe plötzlich das Bedürfnis, sie ihm zu entziehen. Auch wenn ich es nicht tue, spürt er die Kälte, die von mir ausgeht.
    „In zwei Stunden. Meine Mutter kommt gleich und bringt etwas zu essen.“
    Jakob bemerkt auch, dass meine Stimmung immer mehr sinkt. Egal was passiert, ich kann den beiden das einfach nicht antun. Ich habe es am eigenen Leib erfahren und ich will diese Person einfach nicht sein. Sie sollen leben und nicht mit einer solchen Belastung kämpfen müssen. Jakob soll sich an seiner Tochter erfreuen und keine kranke Frau betreuen.
    Paul soll sich in eine gesunde Frau verlieben und sich nicht an mich klammern. Das ist alles nicht richtig.
    „Ich kann etwas kochen. Ich bin nicht krank.“ Noch nicht.
    Mit geübten Handgriffen versorgt Jakob meine Operationswunde und ignoriert meinen
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