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Unerwartet (German Edition)

Unerwartet (German Edition)

Titel: Unerwartet (German Edition)
Autoren: Melanie Hinz
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auch so die Rezepte für meine Pille aus.“
    Die Beiden sehen sich vielsagend an, ersparen mir aber einen rügenden Kommentar.
    „Ich kann es auch fühlen“, sagt Paul schließlich zu Jakob. „Hast du noch Kontakte zur Frauenklinik? Das muss schnellstens abgeklärt werden.“
    Er zieht mir das Handtuch wieder hoch, damit ich mich bedecken kann. Von den beiden wie eine Patientin behandelt zu werden, geht mir gewaltig gegen den Strich.
    Jakob nickt und ist schon dabei, sich ein T-Shirt überzuziehen.
    „Ich rufe sofort Doktor Cremer an, damit sie uns hoffentlich morgen noch irgendwie dazwischen schieben kann.“
    Samstags bekommt man nirgendwo Termine. Jakob und Paul sehen jedoch nicht so aus, als wären das für sie plausible Argumente.

33.
     
    Vor einer Operation wird man über alle Risiken und den genauen Vorgang aufgeklärt. Jedes Detail muss man abhaken und unterschreiben, um zu dokumentieren, dass man alles verstanden hat. Was einem vorher allerdings niemand sagt, ist, dass man aus einer Narkose genauso aufwacht, wie man einschläft. In meinem Fall ist das mit einer ausgewachsenen Panikattacke. Der Horror existiert allerdings nur in meinem Inneren, den die Restwirkung des Narkosemittels ermöglicht es mir noch nicht, auch nur einen Laut zu machen oder meinen Kopf zu heben. Ich bin so benebelt, dass ich es nicht mal spüren würde, wenn ich den Beatmungsschlauch noch im Hals hätte. Hatte ich das überhaupt?
    Ich habe Mühe, einen Gedanken zu halten und Sinn daraus zu machen.
    Mein ganzer Körper ist wie ein Bogen gespannt und gleichzeitig chemisch entkrampft. Ich hasse diesen Zustand. Allmählich gewinne ich die Kontrolle über meine Lider wieder und öffne sie träge. Es fühlt sich an, als würde ich keine Luft bekommen, obwohl mir mein Verstand sagt, dass ich ganz ruhig atme.
    „Engel.“ Paul ist der Erste, der über mir auftaucht und mich anlächelt, nicht wissend, welcher Tumult in meinem Innersten tobt.
    „Katharina.“ Jakob stellt sich auf die freie Bettseite und nimmt meine Hand. Er trägt noch seine OP-Kleidung, zusammen mit einem gequälten Lächeln. Sein Gesicht, zur Hälfte durch einen Mundschutz bedeckt, habe ich als Letztes gesehen, bevor mich die Wirkung des Narkosemittels außer Gefecht gesetzt hat. Er war auch derjenige, der versucht hat, mich in meiner Panik zu beruhigen.
    „Es tut mir leid“, sagt er, doch ich weiß nicht, wofür er sich entschuldigt.
    „Was?“, krächze ich, weil mein wunder Hals noch nicht mehr Worte zulässt.
    „Dass ich dir da nicht raushelfen konnte. Aber es ist alles gut gegangen. Ruh dich aus und schlaf noch ein bisschen. Heute Nachmittag nehmen wir dich wieder mit nach Hause.“
     
    Zuhause wartet Steffi mit Ben auf uns. Die beiden haben für uns gekocht und versuchen, eine gute Stimmung zu verbreiten. Mir ist gerade überhaupt nicht danach, außerdem soll ich heute mit fester Kost noch vorsichtig sein.
    „Ich gehe ins Bett.“ Auch wenn ich nicht müde bin, meine Wohnung ist mir gerade viel zu voll.
    Unter meiner Bettdecke fühlt sich die Welt schon gleich nicht mehr so bedrohlich an. Ich weiß selbst nicht, warum ich so depressiv bin. Natürlich mache ich mir Sorgen darüber, was bei der Biopsie rauskommt, doch Doktor Cremer hat uns schon gesagt, dass das Gewebe auf den ersten Blick unauffällig aussah. Auch Jakob hat es sich angeschaut, was zwar unvermeidlich war, ich aber natürlich nicht so toll finde.
    Innerhalb weniger Stunden hat man mich jeglicher Intimsphäre beraubt. Zumindest fühlt es sich so an.
    Jakob und Paul betrachten mich wie eine Patientin und im Krankenhaus wird man wie ein Stück Vieh behandelt. Ich reagiere über, das ist mir bewusst, aber ich kann mich dieser Gefühle nicht erwehren. All das erinnert mich so schmerzhaft an die Zeit mit meiner Mutter.
     
    Ich falle von einem Nickerchen ins nächste. Inzwischen habe ich das Gefühl, ich bin müde vom ganzen Ausruhen. Der Eingriff ist nun schon zehn Stunden her und allmählich klärt sich der Nebel in meinem Kopf.
    Jakob steckt den Kopf zur Schlafzimmertür rein, als Ben gerade am Fußende meines Bettes beim Fernsehen eingeschlafen ist.
    „Möchtest du etwas Nudelsuppe, Katharina? Meine Mutter hat welche gebracht.“
    „Deine Mutter war hier?“
    Das ist wirklich das Letzte, was ich heute brauche. Natürlich möchte ich Jakobs Mutter näher kennenlernen, aber nicht unter solchen Umständen.
    „Sie war nicht, sie ist noch hier. Paul macht ihr gerade Kaffee.“
    „Ich stehe
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