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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
Autoren: Cynthia Hand
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Ich hab da inzwischen den Überblick verloren.»
    «Autsch. Das hat weh getan», sage ich. «Was bist du denn heute so garstig?»
    Ihr Blick wird sanfter. «Tut mir leid. Ich bin echt nervös. Veränderungen sind immer schwer für mich, sogar die positiven.»
    «Schwer? Für dich? Im Leben nicht.»
    Sie lässt sich auf den Platz neben mir sinken. «Du scheinst ja völlig entspannt zu sein.»
    Ich strecke die Arme nach oben, gähne. «Ich habe beschlossen, mir nicht mehr so viel Stress zu machen. Ich mache einen ganz neuen Anfang. Guck mal.» Ich wühle in meiner Tasche nach dem zerknitterten Stück Papier und halte es ihr zum Lesen hin. «Man sehe und staune, mein vorläufiger Stundenplan.»
    Sie überfliegt die Seite. «Ich sehe, du hast meinen Rat befolgt und dich auch für die Einführung in die Geisteswissenschaften eingetragen. ‹Die Neugestaltung der Welt durch den Dichter.› Das wird dir bestimmt gefallen», sagt sie. «Gedichte zu analysieren ist einfach, weil du in ein Gedicht praktisch alles reininterpretieren kannst, was du willst. Der Kurs wird ein Kinderspiel.»
    Das bezweifle ich sehr.
    «Mhmm.» Angela runzelt die Stirn, als sie weiterliest. «Kunstgeschichte?» Sie sieht mich an und zieht eine Augenbraue hoch. «Wissenschaften, Technik und Soziologie der Moderne? Einführung in die Filmanalyse? Moderner Tanz? Das ist so ziemlich von allem etwas, C.»
    «Ich mag Kunst», verteidige ich mich. «Für dich ist das einfach. Du hast Geschichte als Hauptfach, also gehst du in die Geschichtskurse. Aber ich bin …»
    «Unentschlossen», bietet sie an.
    «Ja, allerdings. Ich wusste nicht, was ich nehmen sollte, also meinte Dr. Day, ich solle mich für etliche ganz verschiedene Kurse eintragen und dann die fallen lassen, die mir nicht zusagen. Aber guck dir das mal an.» Ich zeige auf den letzten Kurs auf der Liste.
    «Sport 196», liest sie über meinem Finger. «Glückstraining.»
    «Ein Kurs in Glücklichsein.»
    «Du belegst einen Kurs fürs Glücklichsein», sagt sie, als sei das im ganzen Universum der ultimative Kurs für alle faulen Socken.
    «Meine Mom hat gesagt, ich würde in Stanford glücklich sein», erkläre ich. «Und genau das werde ich auch. Ich werde mein Glück finden.»
    «Gut. Übernimm Verantwortung für dein Leben. Das wird, verdammt noch mal, auch höchste Zeit.»
    «Ich weiß», erwidere ich und meine es auch so. «Ich will den Dingen nicht mehr Lebwohl sagen. Von jetzt an werde ich das Leben begrüßen.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Dauerlauf mit Marschkapelle
    In dieser ersten Nacht werde ich um zwei Uhr morgens davon geweckt, dass jemand an unsere Tür hämmert.
    «Hallo?», rufe ich verschlafen. Draußen ist ein Wirrwar von Geräuschen zu hören, Musik, laute Rufe und hektische Schritte im Flur. Wan Chen und ich setzen uns auf, wechseln besorgte Blicke, und dann schwinge ich mich aus dem Bett, um die Tür zu öffnen.
    «Auf mit euch, schnell, schnell, Ersties», sagt Stacy, unsere Tutorin, mit Marktschreierstimme. Um den Hals trägt sie ein neongrünes Plastikband und auf dem Kopf eine regenbogenfarbene Clownsperücke. Sie grinst. «Schuhe anziehen und vors Gebäude mit euch.»
    Draußen empfängt uns eine Szenerie, die aus einem dieser schrägen Acid-Trips stammen könnte, wie man sie manchmal im Kino sieht: die Marschkapelle der Stanford-Uni, alle offenbar in Unterwäsche und mit leuchtenden Halsbändern, Armreifen und sonstigem phosphoreszierendem Zeug behangen, und alle spielen auf ihren Instrumenten, stoßen in die Trompeten, schlagen auf die Trommeln, stoßen Becken gegeneinander, und das als riesiger grüner Baum verkleidete Uni-Maskottchen rast wie irre hin und her, dazu eine Truppe halb nackter, teilweise bunt leuchtender Studenten, die springen und hüpfen und kreischen und lachen. Die Nacht ist unglaublich dunkel, als hätten sie extra für diese Gelegenheit sämtliche Beleuchtung ausgeschaltet. Ich suche Angela und entdecke sie – sie wirkt höchst genervt, neben ihr stehen zwei Blondinen, ihre Mitbewohnerinnen, nehme ich an. Ich bahne mir einen Weg zu ihnen.
    «Hi!», schreit Angela. «Deine Haare sind ganz zerzaust.»
    «Das ist ja total verrückt!», rufe ich und fahre mir mit den Fingern durchs Haar, mit wenig Erfolg.
    «Was?», kreischt sie.
    «Verrückt!», versuche ich es noch einmal. Es ist so unglaublich laut.
    Eine von Angelas Mitbewohnerinnen reißt vor Staunen den Mund auf und zeigt hinter mich. Ich drehe mich um und sehe einen Typen, der eine Art
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