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Underground

Titel: Underground
Autoren: Kat Richardson
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erfüllte die Luft. Schatten von Krähenscharen zeigten sich auf dem Bürgersteig vor uns.
    Die Gruppe, die wir zurückgelassen hatten, war noch größer geworden. Weitere Indianer, indianische Geister und Tiere hatten sich dazugesellt. Sie warteten in der hereinbrechenden Dämmerung und sahen uns mit geduldigen Augen entgegen. Als wir losgingen, folgten sie uns schweigend.
    »Neben ihr?«, murmelte Quinton.

    »Riesin, Kinderfresserin, Albtraumbringerin … Tsonoqua war ebenfalls eine Riesin. Fish hat doch gesagt, dass Qamaits viele Namen besitzt. Vielleicht ja auch den Namen einer Halbgöttin, einer Halbriesin …«
    Ich wusste, wo Qamaits zu finden war.

ZWEIUNDZWANZIG
    G emeinsam mit der untergehenden Sonne sank auch die Temperatur. Zwei Tonnenfeuer leuchteten hell an den beiden Enden des Occidental Park und ließen die Schatten noch schärfer wirken. Es waren nicht viele Leute im Park, und die wenigen hatten sich um die Feuer versammelt. Als Quinton und ich die Straße mit den Platanen betraten, hatte sich die bizarre Prozession, die noch immer von Grandpa Dan angeführt wurde, verdreifacht. Sie folgte uns vom Cadillac Hotel bis zum Occidental Park.
    Als wir die Main Street überquerten, begann sich Lass wieder zu regen. Aber ich achtete nicht auf ihn, sondern starrte durch die Dunkelheit auf die riesigen Totempfähle, die sich am anderen Ende des Parks befanden. In der Dämmerung schien die schwarze Holzstatue der Tsonoqua, der Albtraumbringerin, zu atmen und sich zu bewegen. Es kam mir so vor, als ob sie ihre Arme weiter als sonst ausbreiten würde, um ein ölumrandetes Loch in der Luft zu umschließen. Die Welt wirkte an dieser Stelle seltsam verzerrt.
    Ich ging direkt darauf zu. Jetzt war ich mir sicher: Qamaits und Tsonoqua waren ebenso wie Sisiutl und Zerberus zwei Namen für dasselbe Wesen. Je näher wir kamen, desto besser konnte ich eine große dunkle Gestalt zu Fü
ßen der Tsonoqua erkennen. Im Grau wirkte sie durch die unheimlichen Schatten, die sie umgaben und sich unabhängig von ihr bewegten, noch größer.
    Ich stieg über den niedrigen Zaun, der rund um die Totempfähle angebracht war, und hielt inne. Nun stand ich der riesigen Holzstatue von Tsonoqua direkt gegenüber. Ihre ausgebreiteten Arme schienen mich umschlingen zu wollen – vermutlich, um mich besser fressen zu können. Das Gesicht mit seinen roten und grünen Farbflecken schürzte die Lippen, als ob es jemanden küssen wollte. Doch die Augen unter den halb geschlossenen Lidern funkelten weniger zärtlich.
    Ein weiteres Paar dunkler Augen blickte mich an. Es gehörte der riesigen Frau, die zu Füßen der Statue saß.
    Um die Totempfähle war das Grau stärker als im restlichen Park. Ich machte mir nicht mehr die Mühe, zu versuchen, in der normalen Welt zu bleiben. Was auch immer gleich geschah, würde sich sowieso in dem vagen Bereich zwischen dem Hier und dem Dort abspielen.
    Doch als ich die Normalität losließ, geschah zu meiner Überraschung wenig. Quinton stand noch immer neben mir, und das seltsame Publikum aus Geistern und Menschen, das nun einen Halbkreis um uns bildete, war sowohl im Grau als auch in der Normalität zu erkennen. Die schimmernden Ränder des Lochs, das von der hölzernen Riesin gehütet wurde, breiteten sich aus und hielten ihrerseits die beiden Welten zusammen. Die realen Indianer, die realen Vögel und der reale Hund waren ebenso präsent wie die Geister. Sie beobachteten und umkreisten uns, wodurch sie die magische Sphäre schlossen, in der wir uns befanden.
    »Ich möchte dir dein Haustier zurückgeben«, begann
ich. »Und ich möchte dir den Mann ausliefern, dem du es geliehen hast, damit er für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden kann.«
    Qamaits lachte. Im Grau hatte sie nadelartige Zähne. Sie schüttelte belustigt den Kopf. »Er ist kein Hund.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet. Ich glaube kaum, dass die Götter begeistert sein werden, wenn sie erfahren, dass Sisiutl Menschen getötet hat, die ihn nie bedroht haben. Er hat sie getötet, weil der Mann, dem du die Leine gegeben hast, das so wollte. Ich möchte den Mann über die Treppe nach oben schicken, damit er sich dort seiner Verantwortung stellt. Und Sisiutl will ich an seinen Platz zurückbringen. Keiner von euch beiden sollte sich in der Welt der Menschen aufhalten.«
    Lass stieß in meinem Kopf einen Schrei aus. Ich zuckte schmerzerfüllt zusammen, als er erneut zu kratzen begann und versuchte, sich zu befreien.
    Qamaits bemerkte
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