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Underground

Titel: Underground
Autoren: Kat Richardson
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darauf und hielt das Ding hoch. Ich konnte die reale Form der Schnur erkennen, die im Grau von einem grünen Schatten umgeben war.
    »Es ist zwar nur eine Schnur, aber sie fühlt sich seltsam schwer an«, bemerkte er.

    Der lange grüne Faden verlor sich im Nebel des Grau und zitterte, als ob es sich um etwas Lebendiges handeln würde. Ich streckte die Hand aus.
    »Gib sie mir, bitte.«
    Er reichte mir die Schnur, und auch ich spürte das Gewicht von etwas, das sich im Grau befand. Vorsichtig zog ich daran. Die grüne Linie straffte sich und begann erneut zu singen. Mühsam stand ich auf, lehnte mich aber weiterhin an die Mauer, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Die Wand mir gegenüber begann sich zu kräuseln. Kreise breiteten sich im Grau aus, bis sie sich im Nichts auflösten. Der Gesang verwandelte sich in ein Brüllen, und Sisiutl schwamm auf einem Zeitsplitter durch die Wand. Er schrie in Dutzenden von Sprachen, sodass Lass’ entsetztes Wimmern nicht mehr zu hören war. Die Schlangenköpfe schnappten und zischten. Das gewaltige Ungeheuer hielt vor mir an und starrte mich mit seinem schreienden Menschengesicht zornig an. Es schlug seine gewaltigen Zähne aufeinander. Seine zwei äußeren Köpfe kamen näher, um zuzubeißen.
    Ich wusste, dass Sisiutl ein wenig Englisch verstand. Er hatte auf Lass gehört und mich eine Diebin genannt. Als er sich nun drohend vor uns aufbaute und uns beschimpfte, holte ich die Fasanenfeder aus meiner Tasche und riss erneut an der Leine. Das Monster bäumte sich auf, und ich bohrte die Feder in sein mittleres Gesicht.
    Sisiutl zuckte zurück und schnaubte. Seine Gestalt kräuselte sich nun ebenso wie die Wand. Ich riss erneut an der Leine und befahl: »Ruhig, Sisiutl. Ruhig!«
    Das Ungeheuer wirkte überrascht und blinzelte. Dann rollte es seine beiden Schlangenenden zusammen und
senkte den zentralen Kopf auf meine Höhe. Es starrte mich mit gelben Pupillen an. Sein Gesicht wirkte beinahe menschlich. Als ich seinen Blick erwiderte, hatte ich den Eindruck, in ein sich ständig wandelndes Kaleidoskop zu schauen. Ich schüttelte mich und klammerte mich an die wimmernden Geräusche von Lass in meinem Inneren, um mich nicht in diesem sogartigen Blick zu verlieren.
    Wir sahen uns an, während Lass starr und still wurde. Auch Quinton regte sich nicht.
    »Ich habe deine Leine. Also bin ich für den Moment deine Herrin«, erklärte ich entschlossen, auch wenn ich mich nicht so fühlte. »Ich werde deine Leine Qamaits zurückgeben, damit du dich wieder schlafen legen kannst.«
    »Hunger!«, röhrte Sisiutl.
    »Du hast genug gefressen. Sei nicht so gierig. Du bleibst hier und wartest geduldig, während ich Qamaits suche.«
    Sisiutl knurrte und schnappte nach uns.
    Wieder riss ich heftig an der Schnur. »Aus! Du bleibst hier, bis man dich ruft.« Zu meiner Verblüffung legte sich Sisiutl daraufhin wie ein folgsamer Hund auf den Boden und rollte sich ein.
    »Jetzt suchen wir Qamaits«, sagte ich und wandte mich ab, um den Untergrund zu verlassen. Doch es war zu schnell. Als Lass ihren Namen erneut hörte, begann er heftig zu zittern, sodass auch ich ins Wanken geriet. Quinton nahm mich am Arm und hielt mich fest, wobei er einen nervösen Blick auf Sisiutl warf.
    »Traust du ihm?«
    Ich nickte unsicher. »Er hat seine Regeln, die er befolgen muss. Und jetzt zu dir«, sagte ich und wandte mich innerlich an Lass. »Wo finden wir Qamaits? Wo finden wir die alte Indianerin, die dir Sisiutls Leine gegeben hat?«

    Lass schwieg erneut hartnäckig.
    »Sag es mir, oder ich werfe dich dem Monster zum Fraß vor.«
    Lass begann zu jammern. »Ich weiß nicht, wo sie ist«, heulte er in meinem Kopf. »Sie ist doch nur eine dicke alte Squaw!«
    »Blödsinn. Du kennst sie. War sie unter den Leuten, die uns hierhergefolgt sind?«
    Ich merkte, wie er schmollte.
    »Nein.«
    »Dann sag mir endlich, wo ich sie finden kann!«
    »Neben ihr«, ertönte auf einmal die tiefe Stimme von Sisiutl.
    Ich warf einen überraschten Blick auf den Zeqwa. Der jedoch blinzelte nur unschuldig. Dann grinste er mich mit seinen blitzenden Zähnen an, und die gespaltenen Zungen seiner Schlangenköpfe zischten. Er gab ein schnalzendes Geräusch von sich, als wir davongingen, blieb aber dort liegen, wo ich es ihm befohlen hatte. Sisiutl war wirklich nicht zu unterschätzen.
    Wir eilten den Gang entlang und kletterten dann wieder nach oben, wo wir uns vorsichtig umsahen, ehe wir die Straße betraten. Ein Flattern und Rauschen
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