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Underground

Titel: Underground
Autoren: Kat Richardson
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mein Unbehagen und lachte höhnisch. »Es gefällt mir hier. Sisiutl teilt seine Beute. Ich muss hier nicht jagen oder sammeln gehen. Es ist zwar kalt, aber ich habe viele Decken, und die Menschen verjagen mich nicht. Warum sollte ich also fort von hier?«
    »Weil du Verpflichtungen hast«, antwortete ich. Die Vorstellung, dass die Menschen, die Sisiutl gerissen hatte, auch von dieser Kreatur verschlungen worden waren, verursachte mir Übelkeit. »Der Mann hat Böses getan und Sisiutl damit beschmutzt. Ich bitte dich nur, mir die Treppe zu zeigen, damit er zur Verantwortung gezogen werden kann.«
    Während Qamaits darüber nachdachte, betrachtete ich die weggeworfenen Dinge, die sie angesammelt hatte: bunte Decken, kaputtes Spielzeug, farbige Flaschen …

    Sie erhob sich. Ich hätte mindestens dreimal in ihren Körper gepasst. Bedrohlich richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf und starrte mich mit ihrem doppelten Schatten finster an. Ihre seltsamen Augen glühten gelblich rot, als sie störrisch den Kopf schüttelte und erneut ihre spitzen Zähne zeigte. »Wenn Sisiutl in das Zwischenreich zurückkehrt, muss auch ich dorthin zurück. Warum sollte ich?«
    »Du bist den Göttern verpflichtet und gehörst nicht in die Welt der Menschen«, wiederholte ich, während ich mir die Fasanenfeder in ein Knopfloch steckte, um die Hände frei zu haben. »Du musst zurück.«
    Der Anblick der Feder erschreckte Qamaits sichtbar. Sie ließ auf einmal ein lautes Brüllen hören und wurde noch größer als der Totempfahl hinter ihr. Die doppelten Schatten füllten und formten sich in eine Gestalt wie aus einem Albtraum. Jetzt schien sie nur noch aus Zähnen und Maul zu bestehen. »Fleisch!«, kreischte sie gehässig. »Ich werde euch alle fressen!«
    Ich zuckte zurück und riss Quinton mit mir. Dann zog ich an Sisiutls Leine, um die Schlangenkreatur zu rufen. Das dreiköpfige Monster erschien sofort. Eine Welle aus bunten Farben rollte durch das Grau, als sich Sisiutl brüllend näherte.
    Die Menge erbebte. Die Indianer gaben leise Schreie von sich, murmelten seltsame Worte, und die Tiere stie ßen Laute aus. Als sich die gewaltige Seeschlange zwischen Qamaits und mir befand, starrte sie uns mit zwei verschiedenen Köpfen an. Qamaits wurde wieder kleiner und funkelte mich wütend an.
    »Auf wen wird er wohl hören? Auf dich oder auf mich?«, fragte ich, während Lass panisch in mir tobte. »Er hat
Hunger. Sollen wir herausfinden, wen von uns beiden er lieber fressen würde?«
    Ich war mir nicht sicher, wie lange ich mich so tollkühn geben konnte. Zum einen war ich nicht so mutig, wie ich meist tat, und zum anderen hatte ich das Gefühl, innerlich zu bluten und wie eine Stoffpuppe zerfetzt zu werden.
    Qamaits wich einen halben Schritt zurück. Sie blieb vor dem Rand des Lochs zwischen den Welten stehen. Ihre Augen schossen nervös zwischen mir und Sisiutl hin und her, während sie auf ihrer Unterlippe herumbiss, bis diese heftig zu bluten begann.
    »Zeig uns die Treppe«, befahl ich und zwang mich erneut zu einem mutigen Tonfall.
    Sisiutl grinste und schnappte mit einem seiner Schlangenköpfe nach der Riesin. Ich war mir sicher, dass er genauso gerne nach mir geschnappt hätte.
    Qamaits, die mich nicht aus den Augen ließ, wühlte in dem Einkaufswagen, den sie bei sich hatte, und holte etwas heraus. Es war ein gefaltetes Stück aus kaputtem Plastik und schmutziger Wellpappe. Als sie es entfaltete, zeigte sich, dass es sich um ein Puppenhaus handelte.
    Ich hörte, wie Quinton neben mir schnaubte. Doch ich war nicht so schnell bereit, das Ganze als Trick abzutun. Schließlich hielt ich gerade ein sagenumwobenes Monster an einem Stück Schnur und stritt mich mit einer Riesin, die scheinbar wie eine Obdachlose aussah. Was man glaubt und was man sieht, passt oft nicht zusammen, wie ich immer wieder feststellen musste.
    Qamaits hob das Haus in die Luft, sodass es den öligen Rand des Lochs berührte. Dann ließ sie ihre Arme wieder sinken. Das Loch begann sich nun auszubreiten, und die Welt kräuselte sich und verschwamm, um das Haus in sich
aufzunehmen. Sogar Lass wurde bei diesem Anblick ganz still, während wir in die Blase von Qamaits’ Reich aufgenommen wurden.
    Das Puppenhaus wuchs und wuchs. Das Loch verschlang nun den ganzen Park, der sich allmählich in den Garten des Hauses verwandelte. Als das Haus seine volle Größe erreicht hatte, zeigte sich, dass es vorne keine Au ßenwand besaß, sodass man direkt in das Innere
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