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...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land
Autoren: Ephraim Kishon
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schießen, trifft bedauerlicherweise daneben und lebt weiter)

Die Dampfmaschine
    Das Wetter gehört zu den besonderen Attraktionen unseres schönen Landes. Aber offenbar ist da beim Schöpfungsakt oben etwas daneben gegangen, sonst könnte die Atmosphäre im Sommer nicht zehnmal mehr Feuchtigkeit als Luft enthalten.
    Während dieser Zeit lebt der Israeli nicht, er vegetiert nicht einmal, er dampft. Sein einziges Mittel zur Selbsterhaltung ist eine Wundermaschine, durch die sich bekanntlich die Feuchtigkeit von draußen in Lärm nach innen verwandelt.

Eine ohrenbetäubende Stille
    Es war Herbst. Es war ein sehr heißer Herbst. Es war so heiß, daß die beste Ehefrau von allen das Wort »Klimaanlage« ins Gespräch brachte. »Jetzt?« fragte ich. »Im Herbst?« Aber das beeindruckte sie ganz und gar nicht. Sie entfaltete mit Mühe die schweißgebadete Zeitung auf dem Tisch und deutete auf eine halbseitige Anzeige der Firma »Pronto Klima-Anlagen Ges.m.b.H.«, die in blumigen Worten ein neues, »Flüsterkasten« genanntes Modell anpries: Kühle im Sommer, Wärme im Winter, Stille in jeder Jahreszeit, Stille bei Tag und Nacht.
    Ich willigte seufzend ein.
    Der Chefingenieur der Firma »Pronto«, ein gewisser Schlomo, erschien persönlich, um von unseren Fenstern das passende für den Apparat auszusuchen. Er machte uns auch auf einen speziell eingebauten Schalthebel aufmerksam, den sogenannten »Besänftiger«, der Geräusche beim Anlaufen des Apparats bis zur Unhörbarkeit reduzierte. Die ganze Pracht käme auf 4999 Pfund plus 1500 Pfund Installationsgebühr, beides in bar und im voraus. Den hohen Preis für die Installation begründete Schlomo mit der einjährigen Garantie für das Loch in der Mauer.
    Nachdem wir gezahlt hatten, holte Schlomo zwei vierschrötige Gesellen, die unter seiner fachkundigen Anleitung das Fensterbrett aufbrachen, einen Schweißbohrer ansetzten, ein wenig hämmerten und ein wenig sägten. Bald darauf gehörte der »Flüsterkasten« zu unserer Wohnung und zu unserem Leben.
    »Ich gratuliere«, sagte Schlomo. »Sie werden mit dem ...«
    Der Rest seiner Rede ging im ohrenbetäubenden Lärm des Apparates unter. Es war ein Lärm wie von einer alten Boeing 747 vor dem Start.
    Eine Weile standen wir reglos auf unserem Privatflugfeld und lauschten dem akustischen Wunder, bevor ich zu Schlomo sagte:
    »Ganz hübsch laut, wie?«
    »Was?« fragte Schlomo nach. »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Lärm!« brüllte ich. »Es lärmt.«
    »Was? Wo?«
    Er sprach noch weiter, aber da einstmals in meinem Gymnasium Lippenlesen nur Wahlfach war, hatte ich es nicht erlernt. Mit Handzeichen lotste ich Schlomo in die Küche, wo das Getöse der Jetmotoren nur gedämpft herüberklang. Schlomo erklärte mir, daß jeder jungfräuliche Apparat ein bis zwei Tage brauchte, um sich an seine neue Umgebung zu gewöhnen und warmzulaufen. Aber, so fügte er hinzu, wenn es morgen noch irgendwelche Beschwerden gebe, sollte ich ihn anrufen, er würde sich freuen.
    Was sich in dieser Nacht abspielte, braucht den Vergleich mit der aufwendigsten »Son et Lumière«-Produktion nicht zu scheuen. Alle zehn Minuten stand ich auf, drehte das Licht an und versuchte den Lärm abzustellen, indem ich wieder und wieder den Besänftiger einschaltete. Der jedoch besänftigte überhaupt nichts, nicht einmal die beste Ehefrau von allen, die langsam hysterisch wurde. Ich tröstete mich mit der alten Binsenweisheit, daß der Mensch sich an alles gewöhnt. Aber als ich um zwei Uhr früh den Besänftigungshebel in der Hand hielt, konnte ich nur noch auf ungarisch reagieren.
    Der ungehemmte Lärm paarte sich jetzt immerhin mit einer Art Kühle, die mir vielleicht eine Art Schlaf ermöglicht hätte, wenn nicht die Betten unaufhörlich gezittert hätten.
    Um drei Uhr unternahm die beste Ehefrau von allen einen Rundgang und verteilte Ohropax. Daraufhin breitete sich wohltätige Stille aus. Nur dann und wann durchbrach die Boeing die Schallmauer.
    Um fünf Uhr schrieb meine Frau auf den Notizblock, den wir zwischen uns gelegt hatten: »Das Monstrum geht morgen an Schlomo zurück, verstanden?« Ich informierte sie gleichfalls schriftlich, daß ich bar bezahlt hätte. Der stumme Schmerzensschrei, den ich sie ausstoßen sah, schnitt mir ins Herz. Mit einem plötzlichen Einfall stürzte ich zum Flüsterkasten und stellte ihn ab.
    Die Wirkung war sensationell. Der Flugverkehr erlosch, und in der sommerlichen Wärme, die uns umschmeichelte, schliefen wir ein wie zwei
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