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Und nehmen was kommt

Und nehmen was kommt

Titel: Und nehmen was kommt
Autoren: Ludwig Laher
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ausgedehnte Industriegebiet mit seinen Hüttenwerken, den Maschinenfabriken. Sie werden mutiger, setzen auf Abenteuer, schleichen sich am späten Abend aus dem Haus, begeben sich auf Schatzsuche zur Mülldeponie beim Bahnhof. Finden im Schein der Taschenlampe allerlei Brauchbares, eine kaum beschädigte Gitarre zum Beispiel, einen Ballen Vorhangstoff, sogar zwei golden glänzende Ringe. Wie sie das Zeug so durch die Nacht schleppen, geraten sie in den Lichtkegel eines Polizeiautos. Die Kinder wollen weglaufen, sich in einem Hausdurchgang verstecken, werden geschnappt, nach Hause gebracht.
    Aurelia, die Mutter und der Mann, der Vater genannt werden will, schlafen längst. Als die Polizei sie herausläutet, ist es schon nach Mitternacht. Ihr solltet besser auf die Bengel aufpassen, meint der eine Uniformierte. Die fangen ja früh an, schmunzelt der andere. Als sie gegangen sind, hat der Gelähmte, woher er sie wohl genommen hat, plötzlich eine Rute in der Hand, greift sich Monika und drischt wortlos auf sie ein. Die Mutter schaut in ihrer Verblüffung kurz zu, dann reißt sie ihm die Rute weg, schreit, das seien ihre Kinder, er habe kein Recht, sie zu schlagen. Er liebe sie, beteuert er, aber die kommen sonst auf die schiefe Bahn, wenn man nicht rechtzeitig eingreift und ihnen einbleut, was geht und was nicht. Dir tanzen sie schon auf dem Kopf herum, du bist viel zu gut zu ihnen, laß dir das gesagt sein.
    Der Mann hat eine große, reichlich unübersichtliche Verwandtschaft. Monika soll sie Tanten und Onkel nennen. Von solch einer Tante und ihrem Lebensgefährten wird sie zu einem Ausflug ins Grüne eingeladen, Eisessen inbegriffen. Der Nachmittag verläuft gespannt und endet vorerst in einem schattigen Biergarten, wo er unmäßig zu trinken anfängt. Es kommt zum offenen Streit, sie schreien einander an, die Tante packt ihre Tasche und verläßt wutentbrannt das Lokal, ohne sich um das weinende Kind zu kümmern. Monika bleibt nichts übrig, als darauf zu hoffen, von ihm nach Hause gebracht zu werden.
    Stattdessen muß sie ihn in seine Wohnung begleiten, wo er ihr vorschlägt, sich doch ein Weilchen auszuruhen. Monika will das nicht. Er hebt sie hoch, tätschelt unter ihrem Röckchen den Hintern und trägt sie ins Schlafzimmer, wirft sie aufs Bett, küßt sie mit seinem faulen Alkoholatem auf den Mund, schiebt ihr das Kleid hoch, zerrt an der Unterhose. Monika fängt wieder zu heulen an, schlägt um sich, brüllt schließlich wie am Spieß. Er hält ihr mit der Linken den Mund zu, mit der Rechten gelingt es ihm endlich, das Höschen abzustreifen.
    Monika spürt seine feuchte Hand zwischen ihren Beinen, an ihrer Spalte. Da geht plötzlich die Tür auf, die Tante stürzt herein, schlägt ihm die Tasche auf den Kopf. Er läßt von Monika ab, die sich zusammenkrümmt, schluchzt, die Augen schließt, unansprechbar. Aber es spricht sie auch niemand an, denn im Nebenzimmer verprügelt der Onkel jetzt die Tante, ihren gellenden Schreien nach bringt er sie gleich um, fürchtet Monika. Dann ist es still drüben, er stürzt wieder herein, immer noch außer sich vor Raserei, reißt die Kleine hoch, schüttelt sie heftig und herrscht sie an, niemandem dürfe sie je davon erzählen, was vorgefallen sei, niemandem, hörst du, sonst passiert dir was. Monika fällt benommen zurück in das viel zu weiche Bett. Irgendwann, viel später, kommt die Mutter, holt sie ab, man hat ihr gesagt, das Eis muß verdorben gewesen sein, der Kleinen sei schlecht geworden. Monika schweigt.
    Der jüngere Bruder des Gelähmten kommt jetzt regelmäßig vorbei. Ihm passen die Kinder ganz und gar nicht. Er macht dem Hausherrn deswegen lautstark Vorhaltungen, die kosten doch nur und machen Scherereien. Für einen kranken Mann wie ihn das reinste Gift.
    Dann steht der Herbst vor der Tür, Monika und Jaroslav sollen zum ersten Mal in ihrem Leben in die Schule gehen. Die beiden haben Angst und Widerwillen, werden von der Mutter bis zu den Schwingtüren am Eingang begleitet. Das ist deine Chance, meint sie zur Tochter, du sollst nicht ewig Zigeunerin bleiben, ewig nur Romanes sprechen, womöglich fünfzehn Kinder haben und sonst nichts vom Leben.
    In ihren Klassen haben Monika und Jaroslav kaum ihre Plätze eingenommen, als man nach ihnen verlangt. Im Büro der Schulleitung warten mit Polizeiunterstützung Leute vom Jugendamt, die den Auftrag haben, diese schwierigen, sozial auffälligen Zigeunerkinder sofort in ein Heim zu bringen. In einer normalen Schule
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