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Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab
Autoren: Mary Higgins Clark
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die meine
Freunde waren, sind voller Wut auf mich, weil ich sie mit
Nick bekannt gemacht habe und sie ungeheuer viel Geld
verloren haben.«
    Ich musste an Sam denken, der Nick als einen mit allen
Wassern gewaschenen Verkäufer beschrieben hatte.
»Die Anwälte der Aktieninhaber werden Anzeige gegen
mich erstatten.« In ihrer Erregung hatte Lynn immer
schneller gesprochen. Sie legte ihre Hand auf meinen
Arm, stöhnte auf und biss sich auf die Lippen. Selbst diese
leichte Berührung war für ihre verbrannte Handfläche
offensichtlich sehr schmerzhaft. »Ich habe etwas Geld auf
meinem persönlichen Bankkonto«, sagte sie, »und das ist
alles. Bald werde ich kein Heim mehr haben. Einen Job
habe ich auch nicht mehr. Carley, ich brauche deine
Hilfe.«
Wie sollte ausgerechnet ich ihr helfen können?, fragte
ich mich. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und
blickte sie daher stumm an.
»Wenn Nick das Geld wirklich gestohlen hat, dann
besteht meine einzige Chance darin, die Leute davon zu
überzeugen, dass ich ebenfalls ein unschuldiges Opfer bin.
Carley, es ist die Rede davon, dass Anklage gegen mich
erhoben werden soll. Bitte sorge du dafür, dass das nicht
geschieht. Die Leute respektieren dich. Sie werden auf
dich hören. Überzeuge sie davon, dass ich nichts mit dem
Betrug zu tun hatte.«
»Glaubst du, dass Nick tot ist?« Ich musste diese Frage
stellen.
»Ja, das glaube ich. Ich weiß, dass Nick absolut von der
Richtigkeit seines Vorgehens mit Gen-stone überzeugt
war. Er war auf dem Weg zu einem geschäftlichen Treffen
in Puerto Rico und ist in einen außergewöhnlich heftigen
Sturm geraten.«
Ihre Stimme brach, und ihre Augen füllten sich mit
Tränen. »Nick mochte dich, Carley. Er hat dich wirklich
sehr gern gehabt. Er hat dich bewundert. Er hat mir von
deinem Kind erzählt. Nicks Sohn, Jack, ist gerade zehn
geworden. Seine Großeltern leben in Greenwich. Jetzt
wollen sie mir nicht einmal mehr erlauben, ihn zu sehen.
Sie haben mich nie gemocht, weil ich ihrer Tochter
ähnlich sehe und sie tot ist, während ich noch am Leben
bin. Jack fehlt mir. Ich möchte ihn wenigstens besuchen
dürfen.«
Dafür hatte ich Verständnis. »Lynn es tut mir Leid,
wirklich sehr Leid.«
»Carley, ich brauche mehr als dein Mitgefühl. Ich
brauche deine Mithilfe, damit die Leute begreifen, dass ich
in keiner Weise in die betrügerischen Machenschaften
verwickelt bin. Nick hat gesagt, du wärst ein starker
Mensch, der viele Rückschläge durchstehen kann. Worum
ich dich bitte, ist, diese Stärke für mich einzusetzen.
Kannst du das für mich tun?«
Sie schloss die Augen. »Und für Nick«, flüsterte sie. »Er
hat dich sehr gemocht.«
3
    NED SASS IN DER EINGANGSHALLE des Krankenhauses, eine Zeitung vor der Nase. Auf dem Weg zum
Eingang war er einer Frau mit einem Blumenstrauß
dichtauf gefolgt, und er hatte gehofft, dass man denken
würde, sie gehörten zusammen, falls man ihn beobachtete.
Als er drinnen war, hatte er sich schnell in einen Sessel in
der Halle gesetzt.
    Er duckte sich, sodass die Zeitung sein Gesicht
verdeckte. Alles ging so schnell. Er musste erst einmal
nachdenken.
    Gestern hätte er sich um ein Haar auf Spencers Frau
gestürzt, als sie auf der Aktionärsversammlung das
Mikrofon ergriff, um zu erklären, dass es sich ganz
bestimmt nur um einen Fehler in der Buchhaltung handle.
Er hatte Glück gehabt, dass der andere Typ angefangen
hatte, sie anzubrüllen.
    Aber als dann alle draußen vor dem Hotel standen und er
sah, wie sie in diesen dicken Schlitten stieg, war die Wut
in ihm explodiert.
    Er hatte sofort ein Taxi angehalten und dem Fahrer die
Adresse ihrer New Yorker Wohnung angegeben, in
diesem protzigen Gebäude direkt am Central Park. Er war
genau in dem Moment dort eingetroffen, als der Portier ihr
die Eingangstür aufgehalten und sie das Haus betreten
hatte.
    Während er die Fahrt bezahlt hatte und ausgestiegen
war, hatte er in Gedanken Lynn Spencer im Aufzug
hinauffahren sehen, in ihre protzige Wohnung, die mit
dem Geld gekauft worden war, das sie und ihr Mann ihm
geklaut hatten.
    Er hatte dem Impuls widerstanden, ihr hinterherzurennen, und war stattdessen die Fifth Avenue hinuntergelaufen. Auf dem ganzen Weg war ihm aus den Blicken der
Leute, die ihm entgegenkamen, nur Verachtung entgegengeschlagen. Sie durchschauten, dass er nicht in die Fifth
Avenue gehörte. Er gehörte zu einer Welt, in der die
Menschen nur die Dinge kauften, die sie
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