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Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab
Autoren: Mary Higgins Clark
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Suche nach der Tür an
den Wänden vorwärts getastet habe. Einer Meldung des
Krankenhauses zufolge habe sich ihr Zustand inzwischen
gebessert und werde jetzt als stabil bezeichnet.
    In einer vorausgehenden Meldung war berichtet worden,
dass das Feuer absichtlich gelegt worden sei. Jemand habe
Benzin auf das Vordach gegossen, welches sich über die
gesamte Länge des Erdgeschosses erstrecke. Nachdem es
angezündet worden sei, habe sich eine Feuerwolke
gebildet, die innerhalb von Sekunden das gesamte
Erdgeschoss in Flammen habe aufgehen lassen.
    Wer sollte ihr Haus anzünden?, fragte ich mich. Wusste
oder ahnte irgendjemand, dass Lynn dort war? Sofort
musste ich an die Aktionärsversammlung denken. Vor mir
sah ich das Bild jenes Mannes, der sie angeschrien hatte.
Er hatte unter anderem auch das Haus in Bedford erwähnt.
Sicher würde die Polizei ihm einen Besuch abstatten,
wenn sie davon hörte.
    Lynn war in einem kleinen Raum in einer gesonderten
Abteilung des St. Ann’s Hospital untergebracht.
Sauerstoffschläuche steckten in ihren Nasenlöchern, und
ihre Arme waren dick verbunden. Ihre Gesichtsfarbe
dagegen war nicht annähernd so blass wie gestern, als ich
sie auf der Aktionärsversammlung gesehen hatte. Mir fiel
ein, irgendwo gelesen zu haben, dass bei einer
Rauchvergiftung die Haut einen rötlich-violetten
Schimmer bekommen kann.
    Ihr blondes Haar war zurückgekämmt und sah
mitgenommen, ja sogar etwas zottelig aus. Vermutlich
hatte man ihr in der Notaufnahme einen Teil der Haare
abschneiden müssen. Ihre Hände waren, mit Ausnahme
der Fingerspitzen, verbunden. Ich schämte mich, weil ich
mich einen Moment lang fragte, ob der Solitär, den sie bei
der Versammlung an ihrem Finger zur Schau gestellt
hatte, in dem ausgebrannten Haus zurückgeblieben war.
    Ihre Augen waren geschlossen, und ich war mir nicht
sicher, ob sie nicht schlief. Ich warf einen fragenden Blick
auf die Krankenschwester, die mich zu ihr geführt hatte.
»Vor einer Minute war sie noch wach«, sagte sie ruhig.
»Reden Sie nur mit ihr.«
»Lynn«, sagte ich unsicher.
     
Sie öffnete die Augen. »Carley.« Sie versuchte ein
    Lächeln.
»Danke, dass du gekommen bist.«
Ich nickte. Ich bin normalerweise nicht auf den Mund
    gefallen, aber ich wusste einfach nicht, was ich ihr sagen
sollte. Ich war aufrichtig dankbar, dass sie keine schweren
Verbrennungen erlitten hatte oder am Rauch erstickt war,
aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen,
warum ich die Rolle der nächsten Verwandten spielen
sollte. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass Lynn
Hamilton Spencer genauso wenig für mich übrig hatte wie
ich für sie.
    »Carley …« Ihre Stimme zitterte, sie bemerkte es und
schloss die Lippen. »Carley«, begann sie von neuem,
diesmal in ruhigerem Ton, »ich hatte nicht die leiseste
Ahnung, dass Nick Geld von der Firma genommen hat.
Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich weiß überhaupt
nichts über den geschäftlichen Teil seines Lebens. Carley,
das Haus in Bedford und die Wohnung in New York hatte
er schon, als wir geheiratet haben.«
    Ihre Lippen waren aufgesprungen und trocken. Sie hob
ihre rechte Hand. Ich begriff, dass sie versuchte, das
Wasserglas zu erreichen, ich nahm es und hielt es ihr vor
die Lippen. Die Schwester war aus dem Zimmer
gegangen, als Lynn die Augen geöffnet hatte. Ich war mir
nicht sicher, ob ich auf den Knopf drücken sollte, um das
Rückenteil höher zu stellen. Stattdessen legte ich meinen
Arm um ihre Schultern und stützte sie, während sie am
Wasser nippte.
    Sie trank nur wenig, dann lehnte sie sich zurück und
schloss die Augen, als ob die kurze Anstrengung sie
erschöpft habe. In diesem Augenblick empfand ich ein
Quäntchen echtes Mitleid für sie. Sie machte den
Eindruck, verwundet und gebrochen zu sein. Die exquisit
angezogene und frisierte Lynn, die ich in Boca Raton
kennen gelernt hatte, war Lichtjahre entfernt von dieser
verletzbaren Frau, die fremde Hilfe benötigte, um ein paar
Tropfen Wasser zu trinken.
    Als ich sie wieder auf das Kissen bettete, liefen Tränen
über ihre Wangen. »Carley«, sagte sie mit müder und
schwacher Stimme, »ich habe alles verloren. Nick ist tot.
Man hat mich gebeten, meinen Job bei der PR-Firma
aufzugeben. Ich habe Nick einer Menge neuer Kunden
vorgestellt. Über die Hälfte davon hat große Summen in
das Unternehmen investiert. Das Gleiche gilt für
Southhampton und den dortigen Club. Leute,
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