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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot
Autoren: Peter James
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Man hatte ihr zwei Päckchen Zucker zur Verfügung gestellt.
    Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so schrecklich gefühlt. Nicht einmal der Schmerz, den sie bei der Scheidung empfunden hatte, ließ sich auch nur annähernd hiermit vergleichen.
    Alle paar Minuten warf ihr der junge Polizeibeamte, der sie von Wiston Grange hergebracht hatte, einen Blick zu und lächelte hilflos. Sie hatten einander nichts zu sagen. Sie hatte ihm ihr Dilemma wieder und wieder geschildert, und er verstand es auch, konnte aber nichts unternehmen.
    Plötzlich klingelte sein Handy. Er meldete sich und gab einsilbige Antworten, bevor er es vom Ohr weghielt und sich an Lynn wandte. »Detective Sergeant Branson. Er war vorhin auch in Wiston.«
    Sie nickte. – »Er ist mit Ihrem Exmann bei Ihnen zu Hause. Von Ihrer Tochter gibt es leider keine Spur.«
    »Wo ist sie? Wo nur?«
    Der Polizist schaute sie hilflos an.
    »Dürfte ich mit Mal – meinem Exmann sprechen?«
    »Bedauere, Madam, das ist nicht gestattet.« Dann hielt er das Handy wieder ans Ohr, hörte zu und hob den Finger.
    »Sie haben das Taxiunternehmen in der Leitung.«
    Er hörte zu und sagte dann: »Wenn Sie einen Augenblick warten möchten, Sir, gebe ich das sofort weiter.«
    Er schaute zu Lynn.
    »Sie haben den Fahrer gefunden, der vor etwa zwei Stunden eine junge Dame von Wiston Grange aus mitgenommen hat. Die Beschreibung passt auf Ihre Tochter. Er sagt, er habe sich Sorgen wegen ihres Gesundheitszustands gemacht und sie ins Krankenhaus bringen wollen, doch sie habe sich geweigert. Er hat sie an einem Bauernhof in Woodmancote in der Nähe von Henfield abgesetzt.«
    »Mein Gott, jetzt weiß ich, wo sie ist. Ich weiß es ganz genau. Bitte sagen Sie das Mal, er wird es verstehen.« Sie kämpfte mit den Tränen, und ihre Stimme zitterte. »Sagen Sie ihm, sie ist nach Hause gefahren.«

122
    ES WAR KURZ NACH VIER. Die Dämmerung brach herein und war bleiern und grau. Schneeregen fiel, und Mal musste die Scheinwerfer des MG einschalten. Der Feldweg mit den tiefen Schlaglöchern war mit einer dicken Schicht aus welkem Laub bedeckt.
    Er überlegte, wann er zum letzten Mal hier gewesen war. Sie hatten das Haus nach der Scheidung verkauft, doch zwei Jahre später wurde es erneut angeboten, und er war mit Jane hergekommen, da er hoffte, es würde ihr gefallen. Sie hatte allerdings nur einen Blick darauf geworfen und sofort nein gesagt. Es sei viel zu abgelegen. Dort habe sie Angst allein.
    Er konnte sie verstehen. Man musste die Einsamkeit schon mögen.
    Sie kamen an dem Bauernhaus vorbei, in dem ein älteres Ehepaar wohnte. Es waren ihre einzigen Nachbarn gewesen. Sie fuhren noch einen knappen Kilometer, vorbei an baufälligen Scheunen, einem zerlegten Traktor und einem alten Anhänger und tauchten in den Wald ein.
    Er machte sich furchtbare Sorgen um Caitlin. In was war Lynn da nur hineingeraten? Vermutlich hatte es mit der Leber zu tun, die sie hatte kaufen wollen. Von dem Geld hatte er Jane noch nichts erzählt, aber das war im Augenblick auch nebensächlich.
    Vor ihm tauchte ein geisterhaft weißes Gebäude auf. Winter Cottage stand auf einer Lichtung und war damals das Haus ihrer Träume gewesen. Es lag ganz am Ende des Feldwegs.
    Er stellte den Wagen so ab, dass die Scheinwerfer das kleine Haus beleuchteten. Unter dem Efeubewuchs war es ziemlich hässlich, ein plumper, eckiger, zweistöckiger Betonbau aus den frühen Fünfzigern. Damals hatte ein Schäfer mit seiner Familie hier gewohnt. Ende der neunziger Jahre gab es eine Agrarkrise, die seine Arbeit überflüssig machte. Der Bauer hatte das Haus daraufhin verkauft.
    Die Lage hatte Mal und Lynn sofort gefallen. Absolute Ruhe, ein herrlicher Blick auf die Downs und doch nur fünfzehn Minuten bis in die Stadtmitte von Brighton.
    Das Haus schien unbewohnt. Das Londoner Paar, dem sie das Haus verkauft hatten, hatte große Pläne gehabt, war dann aber nach Australien ausgewandert. Seither stand es leer. Man brauchte eine Menge Geld und Phantasie, um es wiederherzurichten.
    Er nahm die Taschenlampe vom Beifahrersitz und stieg aus. Die beiden Polizeibeamten, DS Glenn Branson und DS Bella Moy, folgten ihm mit Taschenlampen.
    »Hier dürfte man vor den Zeugen Jehovas sicher sein«, scherzte Branson. – »Das können Sie laut sagen«, entgegnete Mal.
    Er ging vor ihnen über den Weg aus Ziegelsteinen, die er selbst verlegt hatte, seitlich am Haus vorbei und unter einem Bogen aus Stechpalmen hindurch, der so wild wucherte, dass sie sich
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