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Und manche liebe Schatten steigen auf

Und manche liebe Schatten steigen auf

Titel: Und manche liebe Schatten steigen auf
Autoren: Carl Reinecke
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wir noch erwähnen, dass viele seiner Briefe kleine schriftstellerische Meisterstücke sind, und dass er mit siebzehn Jahren eine metrische Übersetzung der „Andria“ des Terenz verfasste, von der Goethe schrieb: „Dem trefflichen, tätigen Felix danke schönstens für das herrliche Exemplar ernster ästhetischer Studien; seine Arbeit soll den Weimarer Kunstfreunden in den nächst zu erwartenden langen Winterabenden eine belehrende Unterhaltung sein.“
    Er hat in seinem Leben viel Gutes getan, aber er tat es heimlich, und es wäre nicht in seinem Sinne, wenn wir hier Beispiele dafür anführen wollten.
    Nehmt alles nur in allem, er war ein ganzer Mann und auch ein ganzer Künstler!
     
     

Anton Rubinstein
     
     

    Wie manches Rätsel wird dem zu lösen aufgegeben, der dem Werdegang eines Künstlers, seinen großen Eigenschaften und seinen Schwächen, seinen Erfolgen wie auch seinem verfehlten Streben nachforscht und schließlich das Fazit seines Lebens, Schaffens und Wirkens zieht! Ein solches Rätsel war Anton Rubinstein. Gute Feen legten ihm eine seltene Begabung für alles Gute und Schöne, insbesondere für die Musik in die Wiege; als Knabe schon machte er die Welt Staunen, wenn er sich an den Flügel setzte, und Männer wie Mendelssohn und Liszt nahmen ihn mit offenen Armen auf. Und der Wunderknabe verkümmerte nicht, wie das bei so manchem frühzeitigen Talente der Fall ist, sondern aus ihm ward schon als Jüngling einer der größten Klaviervirtuosen, welche die Welt gesehen hat. Auch scheint es, als habe das Schicksal ihn auch im Übrigen zu seinem ganz besonderen Liebling erkoren. Die edle und kunstsinnige Großfürstin Helene von Russland war und blieb bis zu ihrem Lebensende seine mütterliche Freundin und Beschützerin. Seine Landsleute vergötterten ihn, und zwei Weltteile feierten den großen Virtuosen, wie nur einst ein Liszt als solcher gefeiert worden war, für seine zahlreichen Kompositionen fand er einen Verleger, welcher alles und jedes, was der fleißige und unermüdliche Künstler schuf, unbesehen und ohne zu feilschen zu dem gewünschten Honorar akzeptierte; hinter dem Rücken Rubinsteins besorgte er in diskreter und vornehmer Weise die Reklame, deren selbst ein Künstler wie dieser nicht ganz entraten konnte. Wahrhaftig dieser Verleger (Bartholf Senff in Leipzig) war ein weiser Rabe! Last not least flog dem Künstler das Gold in Hülle und Fülle zu; und wenn er gar in Petersburg oder Moskau ein Konzert gab, so bedeutete die Einnahme ein kleines Vermögen. So konnte er mit vollen Händen geben und wohltun wie sein gutes Herz ihm gebot. Aber dieser so edle Mensch und große Künstler war nicht glücklich! Was war`s denn, was ihm fehlte? Es nagte an ihm, dass der Virtuose Rubinstein den Komponisten überragte und dass die Welt den ersten vergötterte, dagegen den Komponisten in liebenswürdiger Weise nur tolerierte. Und doch war auch sein Kompositionstalent ein ungewöhnliches, seine Erfindungsgabe eine leichte und spontane, welche überdies der Originalität nicht entbehrte, namentlich wenn seine Schöpfungen ein orientalisches Kolorit hatten, wie u. a. seine Oper „Feramors“, seine persischen Lieder usw. Sein Fleiß und seine Fruchtbarkeit waren erstaunlich, zumal, wenn man in Anschlag bringt, dass er kaum sechzig Jahre alt geworden, dass überdies seine Zeit durch ununterbrochene Konzertreisen gar sehr in Anspruch genommen war und, - dass ihm einst auf einer Reise in Russland ein ganzer Koffer mit Manuskripten abhanden kam, der trotz aller Nachforschungen nie wieder ans Tageslicht gekommen ist. Er hat nicht weniger als dreizehn Opern geschrieben, ferner ein Ballett, vier Oratorien (die er mit Vorliebe „geistliche Opern“ nannte und auch als solche dramatisch aufgeführt haben wollte), fünf Symphonien, drei Konzertouvertüren, fünf Klavierkonzerte, zwei Violoncellokonzerte, ein Konzert für Violine, achtundzwanzig große Kammermusikwerke, zahlreiche Klavierwerke und Lieder. Unter diesen befinden sich manche Perlen, wir nennen unter vielen nur den „Asra“, „Es blinkt der Tau“, „Gelb rollt mir zu Füßen der brausende Kur“, welche, wenn sie auch in der Gegenwart durch Hugo Wolf und andere Moderne zurückgedrängt sind, doch sicherlich nie ganz vergessen werden können. Während Rubinstein in diesen kleineren Formen so überaus glücklich war, weil seine Erfindungsgabe ihn selten im Stich ließ, so gelang es ihm doch leider nur in vereinzelten Fällen seine
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