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... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)

Titel: ... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
Autoren: Geoffrey Ball
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Gruppe wurde zwar immer wieder gesagt, dass wir besonders wären, doch dachten wir alle, dass wir irgendwie „nicht normal“ wären. Zu Beginn wurde mir sprachtherapeutisch mehr geholfen als allen anderen. Doch da sich meine Sprechfähigkeit für jemanden mit meiner hochgradigen Schwerhörigkeit erstaunlich gut entwickelt und gebessert hatte, verwendete man mehr Zeit darauf, mit mir Lippenlesen zu üben. Das war genau das Richtige für mich. Für alle Normalhörenden wirkt Lippenlesen oft wie eine Art Zauberei. Ich wurde lange Zeit von Sprachcoaches in dieser Fertigkeit trainiert. Stundenlang wurden mir Worte ohne Ton vorgesprochen, musste ich in lauter, verwirrender Umgebung üben, wurden mir Worte mit halb verdeckten Lippen vorgesprochen. Manchmal konnte ich nur die Wangen der Therapeuten sehen. All das stundenlang, immer wieder. Mir machte das wesentlich mehr Spaß, als immer wieder Vokale und Konsonanten auszusprechen.
    ‚‚O.“ „ OOOOO h.“ „O.“ „Jetzt Geoffrey!“ „S.“ „Ssssss.“ „S.“ Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern. Aber Lippenlesen fand ich cool, und ich liebte es.
    Wenn ich zu meinen Hörtests ging, waren die Audiologen ganz erstaunt, wie gut ich es beherrschte. Zunächst dachten sie, mein Gehör hätte sich verbessert. Dann dachten sie, dass ihre Testgeräte nicht in Ordnung wären. Sie erfassten bald, dass es nicht genügte, ihren Mund zu verstecken, wenn sie die Worte für den Sprechtest vorlasen, und drehten sich schließlich während des Tests um. Ich konnte so gut Lippenlesen, dass die meisten Leute kaum merkten, dass ich so schlecht hören konnte.
    „Mrs. Ball, Ihr Geoffrey ist der beste Lippenleser, der mir je untergekommen ist“, sagte einmal einer meiner Tester zu ihr.
    Zu jener Zeit hatte das kalifornische Schulsystem genügend Geld für sonderpädagogische Betreuung. In der Grundschule erhielt ich sehr viel zusätzliche Unterstützung, ob ich wollte oder nicht. Bald verbrachte ich drei Tage pro Woche mit einem Sprachtherapeuten, um meine Sprechmuster und meine Aussprache zu verbessern. Ich trainierte, bis ich ein Lippenlese-Weltmeister war. Ich beherrschte das echt gut. Wenn die anderen Kinder ihre Fremdsprachklassen hatten, erhielt ich zusätzlichen Sprach- und Englischunterricht. (Damals glaubte man, dass eine Fremdsprache der Entwicklung eines erstklassigen Englisch abträglich wäre, heute ist man von dieser Meinung abgerückt.) Mit all dieser Unterstützung machte ich solche Fortschritte, dass man gar nicht versuchte, mir die Zeichensprache beizubringen. Manchmal besuchte ich Spezialklassen für taube Kinder, doch meist war ich mit Kindern mit unterschiedlichen sonderpädagogischen Bedürfnissen zusammen. Manche dieser Bemühungen waren erfolgreich, andere nicht. Manche Sonderpädagogen waren tolle Lehrer, andere weniger. Einige konnten mich gut motivieren und mir wirklich helfen. Heute spreche ich ordentlich und klar. Perfekt ist es natürlich nicht, und manchmal behauptet meine Frau, ich mache die ganze Zeit Fehler, aber Hauptsache, sie versteht mich.
    Bald nach der Diagnose Hörverlust wurde mir mein erstes Hörgerät angepasst. Es sah wie ein großer Klumpen mit einer hässlichen, unförmigen Ohrmuschel aus. Damals hielten Audiologen in den Vereinigten Staaten Hörgeräte für keine geeignete Behandlungsmethode und durften deshalb laut Anweisungen ihres Hauptverbandes (der Amerikanischen Akademie für Audiologie) keine akustischen Geräte verordnen. Daher wurde mein Hörgerät von einem Mann, der in seinem Privathaus in San Jose arbeitete, angepasst. Eingequetscht zwischen einem Geschäft für Staubsauger-Verkauf und -Service und einer Werkstatt für Stoßdämpfer, machte das Haus einen schäbigen Eindruck. Die Akustikdecke wurde von Lichtreflektoren angestrahlt, das Büro war dunkel und beengt und roch unangenehm nach den drei Pekinesen, die ständig dort herumrannten. Seine Frau half im Büro mit und hatte eine jener Bienenstockfrisuren, die so hoch aufgetürmt war, dass sie an den Türstöcken streifte. Mein Ohrenarzt war damals Mansfield Smith. Er hatte eine reguläre Ordination, die offensichtlich dafür eingerichtet war, Leute zu behandeln. Als ich daher von dieser sauberen Praxis zu diesem schmuddeligen Haus kam, war für mich klar: Das kann nichts Gutes verheißen .
    Als mir das erste Mal ein Hörgerät eingesetzt wurde, kam ich mir wie ein Alien vor, der gerade auf irgendeinem fremden Planeten gelandet ist. Elektronisches Surren,
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