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Und Finsternis wird kommen

Und Finsternis wird kommen

Titel: Und Finsternis wird kommen
Autoren: Isaac Asimov
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die Kultisten in ihrem Buch der Offenbarung beschreiben.«
    »Genau«, sagte Sheerin zufrieden. »Die Kultisten behaupten, daß Lagash alle zweitausendundfünfzig Jahre in eine große Höhle eindringt, so daß alle Sonnen verschwinden und völlige Finsternis den Planeten umgibt. Und dann, sagen sie, tauchen die sogenannten Sterne auf, rauben den Menschen den Verstand und treiben sie in den Wahnsinn, so daß die Menschheit selbst die Zivilisation zerstört, die sie aufgebaut hat. Natürlich vermischen sie das alles mit religiösen und mythischen Begriffen, aber die Sache mit den Sternen ist die zentrale Idee.«
    Sheerin machte eine Pause und holte tief Atem.
    »Und jetzt kommen wir zu der Theorie von der universellen Schwerkraft.« Er sprach diesen Satz so prononciert aus, daß Aton sich vom Fenster abwandte, laut schnaubte und aus dem Zimmer stapfte.
    Die beiden Männer starrten ihm nach, und Theremon fragte: »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Nichts Besonderes«, erwiderte Sheerin. »Zwei der Männer hätten schon vor mehreren Stunden erscheinen sollen, und sie sind immer noch nicht da. Er hat natürlich sehr wenig Hilfskräfte, denn alle, die nicht unbedingt wichtig sind, befinden sich im Schutzbunker.«
    »Und Sie glauben nicht, daß die beiden sich aus dem Staub gemacht haben?«
    »Wer? Faro und Yimot? Sicher nicht. Immerhin, wenn Sie nicht innerhalb von einer Stunde hier sind, dürfte es einige Schwierigkeiten geben.« Plötzlich stand er auf, und seine Augen blitzten. »Wie dem auch sei, solange Aton nicht hier ist …«
    Er ging auf den Zehenspitzen zum nächsten Fenster, bückte sich und zog aus der niederen Kommode unter dem Fensterbrett eine Flasche, deren rote Flüssigkeit verführerisch gurgelte, als Sheerin sie schüttelte.
    »Daran hat Aton sicher nicht gedacht«, sagte er, als er zum Tisch zurücktrottete. »Hier! Wir haben nur ein Glas, aber als Gast können Sie es haben. Ich trinke aus der Flasche.« Sorgfältig goß er etwas von der Flüssigkeit in ein kleines Glas.
    Theremon wollte protestieren, aber Sheerin blickte ihn streng an.
    »Respekt vor dem Alter, junger Mann.«
    Mit ängstlichem Gesicht lehnte Theremon sich zurück.
    »Also gut, Sie alter Galgenvogel.«
    Der Adamsapfel des Psychologen wackelte, als er die Flasche an den Mund setzte und den Kopf weit zurücklegte. Dann gab er ein zufriedenes Grunzen von sich und leckte sich über die Lippen.
    »Was wissen Sie von der Schwerkraft?« nahm er das Thema wieder auf.
    »Nicht viel. Nur daß es sich dabei um einen verhältnismäßig neuen Wissenszweig handelt und daß er so problematisch ist, daß nur etwa zwölf Männer in Lagash etwas davon verstehen.«
    »Unsinn! Ich kann Ihnen die gesamten Probleme in einem einzigen Satz darlegen. Das Gesetz der universellen Schwerkraft besagt, daß eine Kohäsionskraft zwischen allen Körpern im Universum besteht, und zwar verhält sich die Stärke dieser Kohäsionskraft zwischen zwei beliebigen Körpern proportional zu der Summe ihres Gewichts, dividiert durch das Quadrat ihrer Entfernung voneinander.«
    »Ist das alles?«
    »Das ist genug! Man hat vierhundert Jahre gebraucht, um darauf zu kommen.«
    »Warum so lange? Es klingt doch ganz simpel, zumindest aus Ihrem Mund.«
    »Weil die großen Naturgesetze sich nicht in einem plötzlichen Geistesblitz enthüllen. Es ist die Zusammenarbeit von Millionen Wissenschaftlern erforderlich, und zwar mehrere Jahrhunderte lang. Seit Genovi 41 entdeckte, daß Lagash sich um die Sonne Alpha dreht statt umgekehrt, und das war vor vier Jahrhunderten, arbeiten die Astronomen unablässig an der Erforschung des Sonnensystems. Die vollständigen Bewegungen der sechs Sonnen wurden aufgezeichnet und analysiert. Eine Theorie nach der anderen trat auf, wurde untersucht, nochmals untersucht, modifiziert, verworfen, zu neuem Leben erweckt und auf andere Dinge angewandt. Es war eine Teufelsarbeit.«
    Theremon nickte gedankenvoll und hielt Sheerin das Glas hin, damit er noch mehr Alkohol eingoß. Aber der Psychologe ließ nur wenige rubinfarbene Tropfen in das Glas gleiten.
    »Vor zwanzig Jahren«, fuhr er fort, nachdem er sich selbst die Kehle befeuchtet hatte, »konnte endgültig bewiesen werden, daß das Gesetz von der universellen Schwerkraft genau auf die Kreisläufe der sechs Sonnen zutrifft. Es war ein großer Triumph der Wissenschaft.«
    Sheerin stand auf und ging zum Fenster. Fest hielt er die Flasche umklammert.
    »Und jetzt kommen wir zur Hauptsache. In der letzten Dekade
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