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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Autoren: Kjetil Try
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lagen auf dem Schreibtisch. In der Brieftasche waren eine Visa-Karte, ein Führerschein, ein Lottoschein, dreihundertsiebzig Kronen und ein paar Fotos der Tochter.»
    Lykke schaute seinen Kollegen an, als wartete er darauf, dass Viker weiterredete.
    «Nicht viel», sagte er.
    «Nein, vielleicht nicht, aber wofür die dreihundertsiebzig Kronen?»
    «Tja …»
    «Wohin wollte sie?»
    Viker sah seinen Chef verständnislos an.
    «Das Flugticket», sagte Lykke ungeduldig.
    Lasse Viker schaute auf den Plastikhefter.
    «Berlin, 2. Dezember, 14.20 Uhr. SAS, Businessclass», fügte er hinzu.
    Lykke zog die Augenbrauen hoch.
    «Business. Was kostet so was?»
    Viker zuckte mit den Schultern.
    «Drei-, viertausend, nehme ich an.»
    «Und kein Rückflugticket?»
    «Nein.»
    Lykke ging eine Runde um den Tisch und studierte das Muster im roten Linoleum.
    «Übernimmst du die Werbeagentur?» Er nickte Parisa zu.
    «Hab morgen um eins einen Termin mit denen.»
    «Gut. Ich will dich dabeihaben, wenn wir Gisle Kvamme und die Tochter morgen früh besuchen. Wann kommt Darre zurück?»
    Lasse Viker grinste.
    «Vorläufig ist er bis Ende der Woche krankgeschrieben.»
    «Was ist daran so lustig?»
    Viker grinste noch breiter.
    «Also, ich find’s urkomisch, dass sie bei dem Kerl bald jede verdammte Körperzelle untersucht haben, ohne dass sie was finden können. Jetzt ist er für drei Tage ins Klinikum Volvat gegangen, um sich gründlich durchchecken zu lassen. Das hat er vor zwei Jahren schon mal gemacht.»
    Lykke schüttelte verständnislos den Kopf.
    «Dann hat er ja wohl irgendwelche Symptome, oder?»
    «Ach wo! Letztes Jahr dachte er, mit seiner Leber würde was nicht stimmen, und hat mich ins Klo hier auf dem Gang gezerrt, damit ich mir seinen Stuhlgang ansehe.»
    «Und?» Ted Eriksen starrte seinen Kollegen gespannt an.
    «Eine Kacke wie aus dem Bilderbuch, ehrlich!»
    «Ich erinnere mich, dass du so was erwähnt hast», sagte Lykke ungeduldig. «Heißt das, wir können nächste Woche wieder mit Darre rechnen?»
    «Ich würde nicht darauf wetten. Wenn du in eine Privatklinik gehst und geradezu darum bettelst, dass sie was Auffälliges finden, kannst du Gift darauf nehmen, dass sie das auch tun. Warst du schon jemals mit deinem Auto in der Werkstatt, ohne dass sie dir gesagt haben, die Bremsbeläge müssten erneuert werden?» Jetzt war Viker in seinem Element. «Das ganze Jahr über werden Unmengen von Bremsbelägen ausgewechselt, die völlig in Ordnung sind, aber keiner traut sich, es nicht machen zu lassen. Verstehst du?»
    Rolf Lykke holte tief Luft und nickte.
    Er arbeitete seit beinahe acht Jahren mit Darre zusammen und hatte den etwas linkischen, nachdenklichen Mann ins Herz geschlossen. Darre rannte selten und bewegte sich überhaupt ziemlich langsam, aber an seinem Verstand war nichts auszusetzen. Außerdem war er geduldig und hartnäckig. Lykke fiel plötzlich auf, wie wenig er Darre eigentlich kannte. Soviel er wusste, war er nicht verheiratet und hatte keine Kinder, aber er hatte nicht die leiseste Ahnung, was der Mann in seiner Freizeit machte. Doch, Darre sammelte Vinylschallplatten. Welchen Musikgeschmack der Kollege hatte, war Lykke nicht bekannt, aber er hatte ihn zweimal mit einem Stapel LPs unterm Arm und einem glücklichen Lächeln auf dem runden, blassen Gesicht gesehen. Fats Domino. Schwärmte er nicht für Fats Domino? Für einen Moment schämte Lykke sich beinahe. Wann war das so geworden? In seinen ersten Jahren bei der Polizei hatte er ein viel engeres Verhältnis zu seinen Kollegen gehabt. Ich darf nicht vergessen, ihn zu fragen, ob er viele Platten von Fats Domino hat, dachte Lykke. Er räusperte sich und erhob die Stimme.
    «Wir brauchen einen Ersatz für Darre. Ich habe ein ungutes Gefühl, was diesen Fall betrifft …»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 5
    Parisa Sadegh wurde von dem Müllauto sechs Etagen tiefer aus dem Schlaf gerissen. Ihr erster Gedanke war, dass heute Mittwoch sein musste. Die Müllabfuhr kam immer mittwochs. Als Nächstes dachte sie an die Vernehmung, die sie um neun bei der Jugendfürsorge durchführen sollte. Der Radiowecker auf dem Nachttisch zeigte 6.27 Uhr an. Sie hatte gerade mal fünf Stunden geschlafen. Parisa blinzelte zum Fenster. Draußen war es immer noch dunkel, und es regnete. Sie schüttelte sich und schlüpfte in ein paar ausgetretene Filzpantoffeln.
    Die silbergraue Kaffeemaschine gab ein kurzes Röcheln von sich, und Parisa goss die warme Milch in den Becher. Nur
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