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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Autoren: Kjetil Try
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Fenster, ein Couchtisch, wahrscheinlich von Ikea, ein Flachbildschirm an der Wand, ein roter Plastikstuhl, der nach Gartenmöbel aussah, und auf dem Fußboden ein flauschiger, ursprünglich blau-weiß gestreifter Teppich, der jetzt von großen rotbraunen Flecken bedeckt war. An den Wänden hingen ein paar Poster in Plastikrahmen, französische Impressionisten, vermutlich auch von Ikea. Eine kleine Teeküche war halb hinter einem bunten Vorhang verborgen, der mit Schrauben und kleinen Nägeln an der Decke befestigt worden war. Tolle Renovierung, dachte Parisa. Ein zierlicher Schreibtisch stand eingeklemmt zwischen der Küchenanrichte und einem braun lackierten Kleiderschrank.
    «Seid ihr da drüben fertig?» Sie deutete auf das Schlafzimmer.
    «Aber nichts anfassen. Wir müssen noch Fotos machen.»
    «Gut.» Sie nickte dem weißgekleideten Techniker zu.
    Das Schlafzimmer, oder besser das Kinderzimmer, sah nicht anders aus als das der meisten zehnjährigen Mädchen. Große Poster von Hannah Montana, Mamma Mia und ein paar Boygroups, die Parisa nicht kannte. Rosa Tapete. Sie beugte sich zum Bett und zog vorsichtig die Bettdecke zurück. Ein grauer, verschlissener Teddy – oder war es eine Katze? – starrte sie mit einem Auge an. Das andere war durch ein Kreuz aus schwarzem Nähgarn ersetzt worden. Parisa ballte die Fäuste. War es möglich, dass eine Zehnjährige ihre Mutter in einem solchen Zustand auffand, ohne einen Knacks fürs Leben zu bekommen? Sie zog die Bettdecke behutsam wieder zurecht. Ein CD-Player, dessen Marke ihr unbekannt war, stand auf einem kleinen Nachttisch. Parisa drückte auf «Eject». Hannah Montana. Sie wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als ihr Blick auf etwas fiel, das halb unter dem Bett verborgen lag. Parisa ging in die Hocke. Das sah aus wie ein Billardqueue. Sie legte sich flach auf den Boden und robbte näher heran. Es war ein Billardqueue, mindestens anderthalb Meter lang. Am Schaft war mit verschnörkelten, fast unleserlichen Buchstaben ein Wort eingebrannt: «Vielleicht».

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 4
    «Das sieht nicht gut aus», sagte Ted Eriksen und schob die Fotos der toten Frau von sich.
    «Wann können wir mit dem Ex-Ehemann sprechen?», fragte Kommissar Rolf Gordon Lykke. Er saß mit gefalteten Händen am Kopfende des ovalen Konferenztisches. Vor ihm lag ein Plastikhefter. Die ersten Unterlagen zum Fall 3437778, «Tøyengata 21». Er ließ den Blick über sein Ermittlerteam wandern. Sie waren zu viert; er, Lasse Viker, Parisa Sadegh und Ted Eriksen. Einer fehlte. Darre war auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben.
    «Der Mann ist unterwegs von Risør zu seiner Tochter in der Notaufnahme», antwortete Ted. «Er hat die Nachricht erst vor einer halben Stunde bekommen. Das Mädchen steht unter Schock. Wir haben gleich morgen früh einen Termin mit ihm.»
    Lasse Viker kippelte mit seinem Stuhl, dass die dünnen Stuhlbeine aus Stahlrohr unter seinen einhundertsieben Kilo ächzten. Der unvermeidliche Strømsgodset-Fußballschal lag lose um seinen muskulösen Hals.
    «Der Typ war ganz schön verstört.»
    «Das ist wohl auch kein Wunder», sagte Lykke. «Und das Mädchen?»
    Parisa stand auf, griff nach einem Filzstift und begann, etwas ans Whiteboard zu schreiben. Lykke bemerkte, dass Ted Eriksen ungeduldig gegen die Tischkante trommelte. Ted und Parisa hatten denselben Dienstrang, beide waren Polizeiobermeister, und lange hatte es als selbstverständlich gegolten, dass Ted schneller befördert werden würde. Aber Parisa hatte mit ihrer konstant guten Leistung bewiesen, dass sie in der Lage war, bei einer Ermittlung die Führungsrolle zu übernehmen, und Lykke konnte nicht verhehlen, dass ihn das freute. Zum einen war Eriksen bei der Polizei ein bisschen sehr schnell die Karriereleiter hinaufgeklettert und konnte durchaus mal einen Dämpfer vertragen. Und zum anderen schätzte er Parisa Sadegh. Sie hatte eine schnelle Auffassungsgabe und sah die Dinge auch mal aus einem ungewohnten Blickwinkel. Außerdem gab es im Polizeipräsidium niemanden, der Vernehmungen erfolgreicher führte als sie. Parisa hatte ein ganz eigenes Talent, Kontakt zu Menschen herzustellen, nicht zuletzt, weil sie zwischen Tat und Täter differenzierte und jeden, den sie verhörte, mit Respekt behandelte. Im Gegensatz zu vielen Kollegen hatte sie begriffen, dass man so viel verwertbare Informationen wie möglich bekommen musste und sich nicht nur auf ein Geständnis versteifen sollte.
    Lykke
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