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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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werden.«
    »Wer ist denn das? Der Polizeidirektor?«
    »Nein, der hat bestimmt nicht viel mehr Schlaf bekommen als wir. Übrigens, wo hast du denn gestern abend gesteckt?«
    »Im Kino«, erwiderte Skacke. »Man kann ja nicht dauernd auf der Bude hocken und büffeln.«
    »Ich habe nie auf der Bude gehockt und gebüffelt«, sagte Mänsson.
    »Um neun ging übrigens so ein Tragflächenboot von Malmö nach Kopenhagen. Versuch mal rauszukriegen, welches.«
    Dies war ein unerwartet schwieriger Auftrag, und es dauerte eine halbe Stunde, ehe Skacke melden konnte: »Das Boot heißt Springeren und liegt jetzt in Kopenhagen. Einfach unglaublich, wie sauer manche Menschen werden, wenn man sie nachts anruft und aus dem Schlaf reißt.«
    »Du kannst dich damit trösten, daß es mir jetzt noch schlimmer ergehen wird«, sagte Mänsson. Er ging in sein Zimmer hinüber, hob den Hörer ab, wählte Null-null-neun-vier-fünf und danach die Privatnummer eines Inspektors Mogensen von der Kriminalpolizei Kopenhagen. Mänsson hörte es siebzehnmal klingeln, bis sich eine verschlafene Stimme meldete.
    »Mogensen.«
    »Hej, hier Per Mänsson in Malmö.«
    »Du kannst mich mal am Arsch lecken«, sagte Mogensen. »Weißt du eigentlich, wieviel Uhr es ist?«
    »Ja«, sagte Mänsson. »Mein Anruf könnte sich aber als sehr wichtig erweisen.«
    »Das ist mir scheißegal«, sagte der Däne drohend.
    »Wir hatten gestern abend ein Attentat hier in Malmö«, sagte Mänsson. »Es ist denkbar, daß der Täter nach Kopenhagen geflüchtet ist. Wir haben eine Beschreibung von ihm.« Er berichtete, was er wußte.
    »Zum Teufel, glaubst du, ich kann zaubern?« war Mogensens mürrische Antwort.
    »Genau das«, sagte Mänsson. »Laß von dir hören, wenn du was für uns hast.«
    »Scher dich zum Teufel«, sagte Mogensen in ungewöhnlich akzentfreiem Schwedisch und warf den Hörer auf die Gabel. Mänsson schüttelte sich und gähnte.
    »Was war denn das für eine Sprache?« fragte Skacke neugierig.
    »Skandinavisch«, sagte Mänsson.
    Dann geschah gar nichts. Danach geschah doch etwas: Backlund rief an und sagte, die Untersuchung des Tatorts habe begonnen. Da war es acht Uhr. »Mensch, der ist vielleicht emsig«, sagte Mänsson.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Skacke.
    »Nichts. Warten.«
    Um zwanzig vor neun läutete es auf Mänssons privater Leitung. Er nahm den Hörer und lauschte etwa eine Minute, brach das Gespräch ab, ohne auch nur soviel wie »Danke« oder »Tschüs« zu sagen, und rief Skacke zu: »Ruf Stockholm an. Sofort.«
    »Was soll ich sagen?«
    Mänsson sah auf die Uhr. »Es war Mogensen, der eben anrief. Er sagte, daß ein Schwede, der sich Bengt Stensson nannte, heute nacht ein Ticket von Kopenhagen nach Stockholm gekauft und dann mehrere Stunden auf irgendeinen freien Platz gewartet hat. Er ist schließlich mit einer SAS-Maschine mitgekommen, die fünf vor halb acht gestartet ist. Diese Maschine dürfte vor höchstens zehn Minuten in Arlanda angekommen sein. Die Täterbeschreibung scheint auf diesen Burschen zu passen. Ich wünsche, daß man den Bus vom Flughafen zum Flugterminal in der Stadt anhält und diesen Mann festnimmt.«
    Skacke hatte bereits den Hörer in der Hand. »In Ordnung«, sagte er nach einer halben Minute atemlos. »Stockholm will das erledigen.«
    »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Mit Gunvald Larsson.«
    »Aha, mit dem.« Sie warteten.
    Nach einer halben Stunde läutete Skackes Telefon. Er riß den Hörer an sich, lauschte und blieb mit dem Hörer in der Hand reglos sitzen.
    »Es ist schiefgegangen«, sagte er.
    »Aha«, sagte Mänsson lakonisch. Und dabei haben sie zwanzig Minuten Zeit gehabt, dachte er.

3
    Ähnliche Äußerungen waren im Polizeihaus in der Kungsholmsgatan in Stockhohn zu hören. »Es ist schiefgegangen«, sagte Einar Rönn und zeigte sein rotes verschwitztes Gesicht im Türspalt zu Gunvald Larssons Zimmer. »Was ist schiefgegangen?«
    fragte dieser abwesend. Er dachte an etwas ganz anderes, nämlich an drei ungewöhnlich brutale Raubüberfälle, die in der vergangenen Nacht in der U-Bahn verübt worden waren. Und an zwei Vergewaltigungen. Und an sechzehn Schlägereien. Das war Stockhohn von heute, unter anderem. Heute nacht hatte es immerhin keinen Mord gegeben, nicht einmal einen Totschlag. Gott sei Dank. Wie viele Diebstähle und Einbrüche begangen worden waren, wußte er nicht. Oder wie viele Rauschgiftsüchtige, Sittlichkeitsverbrecher, Dealer oder Säufer von der Polizei in Gewahrsam genommen
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