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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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hinauszuschieben. Dies war ein Fehler, denn in dieser Zeit hatte Gunvald Larsson Gelegenheit, auf eigene Faust und mit Erfolg Nachforschungen anzustellen.
    Schließlich standen die beiden Unglücksraben vor ihm, uniformiert, adrett und mit ihren Mützen in der Hand. Sie waren blond, breitschultrig, einssechsundachtzig lang und sahen Gunvald Larsson hölzern und mit flackernden Blicken an. Sie fragten sich, warum ausgerechnet er eine Ausnahme von der ungeschriebenen, aber goldenen Regel sein mußte, derzufolge kein Polizist einem anderen ein Bein stellt oder ihn kritisiert.
    »Guten Tag«, sagte Gunvald Larsson freundlich. »Schön, daß es Ihnen möglich ist, zu kommen.«
    »Guten Tag«, sagte Kristiansson zögernd. »Hej«, sagte Kvant aufmüpfig.
    Gunvald Larsson starrte ihn mit einem vernichtenden Blick an, seufzte und sagte: »Sie hatten doch den Auftrag, die Personalien der Fahrgäste dieses Busses in Haga zu prüfen, nicht wahr?«
    »Ja«, erwiderte Kristiansson. Und dachte nach. Dann fügte er hinzu:
    »Wir kamen aber leider zu spät.«
    »Wir haben es einfach nicht geschafft«, verbesserte Kvant. »Das habe ich bereits festgestellt«, sagte Gunvald Larsson. »Ich habe mich auch davon überzeugt, daß Ihr Wagen am Karolinska vagen stand, als die Funkmeldung kam. Von dort bis zum Terminal braucht man etwa zwei Minuten, allerhöchstens drei. Was für einen Wagen fahren Sie?«
    »Einen Plymouth«, antwortete Kristiansson und wand sich. »Ein Barsch macht zwei Stundenkilometer«, sagte Gunvald Larsson. »Das ist der langsamste Fisch, den es gibt. Nichtsdestoweniger wäre es einem Barsch mühelos gelungen, diese Strecke in kürzerer Zeit zurückzulegen als Sie.« Er machte eine Pause. Dann brüllte er: »Warum, zum Teufel, sind Sie nicht rechtzeitig hingekommen?«
    »Wir mußten unterwegs in einer anderen Sache einschreiten«, sagte Kvant steif.
    »Einem Barsch wäre vermutlich auch eine bessere Ausrede eingefallen«, meinte Gunvald Larsson resigniert. »Nun, warum mußten Sie einschreiten und gegen wen, wenn ich mal fragen darf?«
    »Wir… wir wurden beleidigt«, sagte Kristiansson lahm. »Es war ein Fall von Beamtenbeleidigung«, sagte Kvant kategorisch.
    »Und wie kam das?«
    »Ein Mann, der mit dem Fahrrad an uns vorbeifuhr, rief uns Unverschämtheiten zu.« Kvant hielt sich immer noch an den einmal angeschlagenen Ton, während Kristiansson stumm dastand und immer ängstlicher zu werden schien.
    »Und das hat Sie also daran gehindert, den Auftrag durchzuführen, den man Ihnen kurz zuvor gegeben hatte?«
    Kvant blieb ihm nicht die Antwort schuldig. »Der Reichspolizeichef hat neulich vor der Öffentlichkeit gesagt, daß jede Form der Beamtenbeleidigung, besonders wenn sie sich gegen Beamte in Uniform richte, unbedingt verfolgt werden müsse. Es dürfe nicht sein, daß man sich ungestraft über Polizeibeamte lustig mache.«
    »Tatsächlich?« war alles, was Gunvald Larsson sagte.
    Die beiden Streifenpolizisten glotzten ihn verständnislos an. Larsson zuckte die Achseln und fuhr fort: »Die hochgestellte Person, die Sie da erwähnen, ist zwar für ihre öffentlichen Aussprüche bekannt, aber ich bezweifle, daß selbst der Polizeichef etwas dermaßen Dämliches gesagt haben kann. Na, und wie lautete die Beleidigung?«
    »Bi-ba-Bullenpack«, sagte Kvant.
    »Und das halten Sie für eine Beamtenbeleidigung?«
    »Unbedingt«, sagte Kvant.
    Gunvald Larsson sah Kristiansson, der von einem Fuß auf den anderen trat, inquisitorisch an und murmelte: »Nun, der Meinung bin ich auch.«
    »Ja«, fiel Kvant ein, »das würde sogar Siv sagen…«
    »Was ist Siv?« fragte Gunvald Larsson. »Etwa auch der Name eines Busses?«
    »Siv ist meine Frau«, sagte Kvant.
    Gunvald Larsson spreizte die Finger und legte die Handflächen seiner gewaltig behaarten Hände auf die Tischplatte. »Es ist also so vor sich gegangen«, sagte er. »Sie parkten mit Ihrem Wagen am Karolinska vagen, als die Funkmeldung kam. In diesem Augenblick fuhr ein Mann auf einem Fahrrad an Ihnen vorbei und rief: ›Bi-ba-Bullenpack!‹ Sie waren gezwungen, gegen diesen Mann einzuschreiten, und darum kamen Sie nicht rechtzeitig zum Terminal.«
    »Genau so war's«, sagte Kvant. »Jaa«, sagte Kristiansson.
    Gunvald Larsson sah beide lange an. Schließlich sagte er mit leiser Stimme: »Und das ist die Wahrheit?«
    Niemand antwortete. Kvant fing an, mißtrauisch dreinzublicken. Kristiansson fingerte nervös an seinem Pistolenhalfter herum und wischte sich mit seiner
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