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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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nicht, was ich dir über die Täterbeschreibung sagte. Das ist das einzige, was im Augenblick wichtig ist.« Er warf seinen zerkauten Zahnstocher in einen Aschenbecher und ging in die Halle hinaus. Gegenüber der Portierloge befand sich eine Telefonzelle.
    Mänsson führte fünf rasch aufeinanderfolgende Gespräche. Dann schüttelte er den Kopf und ging in die Bar.
    »Sieh einer an. Das ist aber eine Überraschung. Guten Tag«, sagte der Mann.
    »Hej«, sagte Mänsson und setzte sich. »Was darf s sein? Das übliche?«
    »Nein. Nur einen Grapefruit-Tonic. Ich muß nachdenken.«
    Manchmal geht alles schief, dachte Mänsson. Und die Geschichte hatte weiß Gott auf die denkbar schlechteste Weise angefangen. Erstens war Viktor Palmgren eine sehr bekannte und einflußreiche Persönlichkeit. Zwar würde man nur schwer genau erklären können warum, aber eines war sicher Der Mann hatte Geld und war für einige Millionen gut. Der Umstand, daß er in einem der bekanntesten Restaurants Europas niedergeschossen worden war, machte die Sache nicht besser. Dies war ein Fall, der großes Aufsehen erregen würde und nicht voraussagbare Folgen haben konnte. Unmittelbar nach dem Schuß hatte das Hotelpersonal den Verwundeten in ein Fernsehzimmer getragen und eine provisorische Liege hergerichtet. Gleichzeitig waren Polizei und Krankenwagen alarmiert worden. Der Krankenwagen war sofort zur Stelle gewesen, hatte den Verwundeten abgeholt und ins Allgemeine Krankenhaus gebracht. Die Polizei dagegen hatte sich reichlich viel Zeit gelassen. Und dies, obwohl ein Streifenwagen sich zur Tatzeit am Hauptbahnhof befunden hatte, also weniger als zweihundert Meter vom Tatort entfernt. Wie sollte man sich das erklären? Er hatte zwar jetzt die Erklärung bekommen, aber sie war für die Polizei wenig schmeichelhaft. Der Alarm war zunächst falsch gedeutet worden, und man hatte den Fall als weniger eilig beurteilt. Die beiden Polizeibeamten am Bahnhof hatten es darum vorgezogen, ihre Kräfte an einen vollkommen harmlosen Trunkenbold zu verschwenden. Erst nachdem die Polizei einen zweiten Notruf erhalten hatte, war ein Aufgebot aus Streifenwagen und uniformierten Beamten mit Backlund an der Spitze Hals über Kopf zum Hotel beordert worden. Was anschließend an Ermittlungsarbeit und Spurensicherung in Angriff genommen worden war, erschien vollkommen ziel und planlos. Mänsson selbst hatte mehr als vierzig Minuten damit vertrödelt, sich das Geschwätz seiner Frau über den Film anzuhören. Außerdem hatte er sich zwei steife Drinks genehmigt und auf ein Taxi warten müssen. Und als der erste Polizist am Tatort eintraf, waren bereits dreißig Minuten verstrichen - dreißig Minuten nachdem der Schuß abgefeuert worden war. Was Viktor Palmgren betraf, war die Lage gleichermaßen unklar. Man hatte ihn in der Unfallpoliklinik in Malmö untersucht und dann n die Neurochirurgie in Lund überwiesen. Die Entfernung dorthin betrug etwa zwanzig Kilometer, und in diesem Augenblick war der Krankenwagen immer noch unterwegs. Im Krankenwagen befand sich auch einer der wichtigsten Zeugen, nämlich Palmgrens Frau. Sie hatte ihm bei Tisch vermutlich gegenübergesessen und war wohl diejenige Person, die am ehesten die Möglichkeit gehabt hätte, den Schützen aus nächster Entfernung zu sehen.
    Und jetzt war schon fast eine Stunde vergangen. Eine vergeudete Stunde, und jede Sekunde wäre kostbar gewesen.
    Mänsson schüttelte wieder den Kopf und warf einen Blick auf die Uhr an der Bar. Halb zehn.
    Backlund marschierte in die Bar, dicht gefolgt von Skacke. »Hier hockst du also«, sagte Backlund höchst erstaunt. Er starrte Mänsson mit kurzsichtigen Augen an.
    »Wie steht's mit der Täterbeschreibung?« fragte Mänsson. »Es eilt.«
    Backlund fummelte mit seinem Notizbuch herum, legte es dann auf die Bartheke, nahm die Brille ab und fing an, sie zu putzen. »Hier«, sagte Skacke, »dies ist das Beste, was wir bis jetzt zusammenkratzen konnten. Mittlere Größe, mageres Gesicht, dünnes dunkelbraunes Haar, nach hinten gekämmt. Braunes Jackett, pastellfarbenes Hemd - gelb oder grün -, dunkle Krawatte, dunkelgraue Hose, schwarze oder braune Halbschuhe. Alter etwa vierzig.«
    »Gut«, sagte Mänsson. »Schickt das raus. Sofort. Sperrt alle Hauptstraßen ab, kontrolliert Züge, Flughäfen und Schiffe.«
    »Wird gemacht«, sagte Skacke.
    »Ich möchte ihn hier in der Stadt behalten«, sagte Mänsson.
    Skacke ging. Backlund setzte die Brille auf, starrte Mänsson an und
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