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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen
Autoren: Anna Janson
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Einem Nahkampf wird sie nicht ausweichen. Diejenigen, die im Kampf sterben, kommen nach Walhall, das ist ehrenvoll. Wer an Altersschwäche oder Krankheit stirbt, kommt nach Hel, in die Unterwelt, ein sehr viel beklagenswerteres Dasein.«
    »Was wird sie den Göttern opfern?« Maria fiel es schwer, mit fester Stimme zu sprechen. »Tiere. Hähne, Kälber, Schafe, was immer sie kriegen kann, vielleicht Haustiere.«
    »Das können wir nicht an die Öffentlichkeit geben. Das ist ja völlig wahnsinnig«, fauchte Sturm und ließ den Kaffeelöffel auf den Boden fallen, machte eine Drehung auf dem Stuhl und beugte sich hinunter. Als er sich wieder aufrichtete, befand er sich Auge in Auge mit Hartman, der ans Fenster gelehnt dastand. »Ich glaube, genau das sollten wir tun«, sagte dieser und lächelte seinen aufgeregten Chef beruhigend an. »Ich meine, wir sollten die Zoogeschäfte anrufen und eine weitere Hotline für Besitzer von Kleintieren einrichten, deren Tiere verschwunden sind. Jedes verschwundene Tier wird durch eine Stecknadel auf der Karte markiert. Wo sie sich verdichten, müssen wir das Gebiet durchsuchen. Wir müssen auch weiterhin die Bevölkerung bitten, verlassene Gehöfte und Hütten am Berg und unten an Kronviken zu kontrollieren. Natürlich werden wir sie warnen, sie bitten, äußerst vorsichtig zu sein, nicht zu nahe ranzugehen, eben einfach zu melden, wenn die Häuser bewohnt aussehen, obwohl dort gewöhnlich niemand zu Hause ist.«
    »Wie sieht es denn mit Ek aus?«, wollte Sturm wissen, der sich etwas überfahren vorkam und das Thema wechseln wollte. »Der wird wohl eine Zeit lang fasten müssen«, antwortete Arvidsson ernst. »Das Messer ging durch den Darm. Er sollte gerade in den OP, als ich kam. Es besteht das Risiko, dass er ein Stoma bekommt, also eine Tüte auf dem Bauch, jedenfalls vorübergehend.«
    »Dann wird er längere Zeit fehlen.«
    »Er hat sich bereits bei den Schwestern beliebt gemacht. Als ich in das Zimmer kam, tauschten sie gerade Kochrezepte aus«, fuhr Arvidsson fort und sank wie ein Klappmesser in seinem Stuhl zusammen. »Ich verstehe nicht, wie er das schafft … überall laufen ihm die Frauen nach. Ich würde nie auf den Gedanken kommen, mich in so einer Situation über Rezepte zu unterhalten, niemals. Außerdem waren seine beiden geschiedenen Frauen da und saßen auf seiner Bettkante, hübsche Mädchen, alle beide. Wie macht er das?«
    Das erste schwache Morgenlicht tastete sich in die kalte Küche. Disa wachte mit steifen Gliedern und dickem Kopf auf. Die Kälte biss in ihre Wangen. Aus der Holzkiste, in die sie die Kleine gelegt hatte, um selbst Platz auf dem Küchensofa zu haben, hörte sie ein andauerndes Weinen. Fluchend zog Disa sich die Stiefel an und stand mühsam auf. Mit vor Kälte steifen Fingern machte sie Feuer im Herd und schlug ein Loch in die Eisschicht, die sich über Nacht auf dem Wassereimer gebildet hatte. Sie brauchte einen Kopf, jemanden, den sie um Rat fragen konnte, jemanden, dem sie ihre geheimsten Dinge anvertrauen konnte. Heute würde sie den Göttern opfern und ihr Blut mit dem des Kindes vermischen. Danach gehörte es ihr in alle Ewigkeit. Die Tiere im Stall würden es nicht mehr länger ohne Wasser aushalten. Heute musste das Opfer stattfinden. Sie würden das Opferfleisch kochen und essen, danach mit vollen Mägen satt einschlafen. Disa würde den Met fließen lassen und Lieder singen, die direkt dem Geist des Honigtranks entsprangen. Es sollte ein Fest geben. Disas Magen knurrte. Sie nahm eine Hand voll Erdnüsse und drückte Linda die Hälfte davon in den Mund. Das Weinen war so störend. Sie musste das Kind zum Schweigen bringen, ehe das Geräusch ihr auf die Nerven ging. Linda starrte mit fieberglänzenden Augen an die Decke. Die Nase leuchtete rot vor Kälte. Plötzlich verschluckte sie sich, begann kräftig zu husten und erbrach sich. Disa starrte angeekelt auf das Kind und wandte sich ab. Linda seufzte tief. Der Husten ließ etwas nach. Die glänzenden Augen wurden wässrig. Tränen liefen über die roten Wangen. Disa nahm etwas Zeitungspapier, würgte und wischte das Erbrochene ab. Sie war enttäuscht, betrogen! Wütend ging sie hinaus auf die Treppe, holte tief Luft. Über Nacht war es kälter geworden. Die Eiszapfen, die am Dach hingen, glitzerten in der Morgensonne. Die Nasenlöcher klebten von der Kälte zu. Disa bibberte mit der Flickendecke über den Schultern. Eine Katze, einen Hahn und ein Ferkel hatte sie im Stall. Das hätte
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