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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen
Autoren: Anna Janson
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doch irgendwie getrübt gewesen sein. Ist doch klar, dass es nicht Disa Månsson gewesen sein kann, die ihn in den Bauch gestochen hat. Das ist völlig unwahrscheinlich! Sind die sich je begegnet? Weiß sie überhaupt, dass er Polizist ist?«
    »Er sagt, er sei sicher, dass es Disa Månsson war. Er hat das Phantombild gesehen. Seine Freundin lieferte die gleiche Personenbeschreibung. Der Anzug, den Disa trug, und der Mantel, den sie in der Garderobe zurückgelassen hat, sind bei Direktor Sved gestohlen worden.«
    »Denkt diese Frau ein einziges Mal normal? Können Frauen überhaupt normal denken? Wer kann eine Frau verstehen?«, fabulierte Sturm, während er am Tisch auf und ab wanderte und seinen Überlegungen Nachdruck verschaffte, indem er nach jedem Satz mit der Faust auf den Tisch schlug. »Die Medien sind hinter uns her wie reißende Wölfe! Die Menschen in Kronköping leben in Schrecken. Die ganze Stadt ist menschenleer, obwohl Silvester ist. Wir werden von besorgten Eltern, von Kleintierhaltern und Vegetariern, die sich zu Unrecht beschuldigt vorkommen, pausenlos angerufen. Was sollen wir denn tun, Hartman? Was sollen wir noch tun?«, rief Sturm. »Gibt es jemanden, der mir sagen kann, was wir tun können?«
    »Der Einzige, der eine Ahnung davon hat, wie Disa Månsson denkt, ist Professor Höglund. Sein Zug kommt in etwa einer Stunde auf dem Bahnhof an. Was die Frauen betrifft, so könntest du es dir leisten, hin und wieder beeindruckt zu sein, finde ich. Maria Wern hat in Uppsala außerordentlich gute Arbeit geleistet. Ohne ihren Einsatz im Fall Disa Månsson würde die Presse dich in dieser Situation längst auseinander genommen haben. Ich finde, sie hat eine Anerkennung verdient. Ich schlage jetzt vor, dass jeder sich an seine Arbeit macht, und dann sehen wir uns hier wieder, wenn der Professor gekommen ist. Arvidsson, bitte besorge uns eine Karte über den Berg und die Schießbahn. Die Forstverwaltung, der der größte Teil des Gebietes gehört, müsste eine aktuelle Karte haben, denke ich. Edith Bäcklund hat ausgesagt, dass Disa in ihrer Kindheit an einer Stelle gewesen sei, wo sie sich unter einer Klippe eine Hütte bauen konnte. Es gibt unzählige Gehöfte auf dem Berg, viele sind verlassen. Das kann natürlich auch total falsch sein, aber wir müssen irgendwo anfangen. Ruf alles Personal zusammen, das du kriegen kannst. Leider können wir auf Silvesterfeiern keine Rücksicht nehmen.«
    Das Messer hatte zu tun bekommen. Die Wut und die Aufregung hatten sich gelegt. Noch waren es viele Stunden bis zum Sonnenaufgang. Disa stieg am Rastplatz aus dem Auto, steckte sich eine Zigarette an und blies einen Ring zum Mond hinauf. Sie fühlte sich innerlich völlig leer, müde und gefühllos. Der nächste Schritt war ein Opfer zur Besänftigung der Götter. Sie würde Odin bitten, die Feinde mit Schwäche und Unverstand zu schlagen. Sie würde darum bitten, dass das Kind sich erholte, damit sie ihre Reise fortsetzen konnten. Jetzt musste sie Opfertiere heranschaffen, im Schutz der Dunkelheit. Am besten Federvieh. Irgendwie meinte Disa, dass Odin Federvieh bevorzugte. Er selbst reiste ja in Vogelgestalt. Hugin und Munin, sein Gedanke und sein Gedächtnis, reisten in Vogelkörpern umher. Disa trat ihre Zigarette aus und stieg ins Auto. Bis zu Lindes Geflügelhof war es nicht weit. Sie würde es nicht wagen, ganz heranzufahren. Vielleicht konnte sie ja sogar einen Hund erwischen. Mit Widerwillen schielte Disa auf ihre bandagierte Hand.
    »Mama!« Emils kleine Arme klammerten sich ganz ganz fest an Marias Hals. »Der dumme Doktor wollte, dass ich auf der Kinderstation liegen sollte. Aber da wurde Papa richtig wütend, und da durfte ich hier liegen bleiben. Ich hab meinen Teddy mitgenommen, aber nicht meine Schnecke. Ich will meine Schnecke haben. Papa sagt, dass alles verbrannt ist. Er hat gesagt, dass wir eine neue Schnecke kaufen, aber ich will keine neue, ich will die Schnecke, die ich hatte! Ist alles verbrannt?« Maria nickte traurig. »Alles ist verbrannt, nicht mal die Zahnbürsten sind noch da.«
    »Auch kein Klopapier? Ist Linda nach Hause gekommen? Stell dir vor, wenn sie nach Hause kommt, und da ist nur ein Haufen Asche übrig.« Maria atmete tief ein: »Sie ist immer noch weg.«
    »Und Berit ist auch weg. Das habe ich im Fernsehen gesehen. Dann ist sie ja wohl bei Berit, weißt du. Ist wirklich alles verbrannt?« Maria nickte. »Dann ist Omas Kissen auch verbrannt?«
    »Ganz sicher.«
    »Gut. Das ist
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