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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen
Autoren: Anna Janson
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würde sich an das halten, was ihr Glaube ihr zu tun gebot. Ich meinte, es ginge einfach um eine andere Moralauffassung als die unsere. Das hätte ich einleuchtend gefunden. Fast akzeptabel. Aber nach dem, was ich heute gehört habe, muss ich meine Meinung ändern. Jetzt glaube ich, sie ist seelisch krank, ernsthaft gestört.« Hartman räusperte sich. Es fiel ihm schwer, allzu schnelle Stimmungswechsel zu akzeptieren. Sein Lächeln hing noch in den Mundwinkeln, und das Glitzern in den Augen hatte sich noch nicht wieder gelegt. »Wir haben überlegt, ob wir die Hilfe der rechtspsychologischen Abteilung in Anspruch nehmen sollen. Meint ihr, die könnten uns helfen?« In diesem Moment wurde die Tür des Besprechungsraumes aufgerissen, und Arvidsson stürzte Hals über Kopf herein. Er war so aufgeregt, dass er beinahe kein Wort herausbrachte. »Die haben sie! Die Polizei in Uppsala hat sie festgenommen!«
    »Linda! Wo ist Linda?«
    »Sie war nicht dabei. Disa weigert sich, überhaupt etwas zu sagen.« Arvidsson traute sich kaum, Maria anzusehen. »NEEEIIN!« Maria schlug die Hände vors Gesicht und holte tief Luft. »Ich muss hin. Ich werde sie anflehen. Vielleicht will sie Geld haben oder mein Halsband. Linda ist krank. Sie kann an der Lungenentzündung sterben, wenn sie kein Penicillin bekommt. Früher sind die Menschen an Lungenentzündung gestorben. Sie hat vielleicht die ganze Zeit über kein Wasser und nichts zu essen bekommen. Was ist, wenn sie nun draußen in der Kälte ist?« Maria warf sich Arvidsson in die Arme und begann laut zu weinen. Arvidssons Herz wuchs in der Brust und wurde zu einem großen Klumpen im Hals. Später sollte er oftmals an diesen Augenblick zurückdenken. Bei ihm hatte sie Trost gesucht, nicht bei Hartman oder dem Professor. Mit großer Zärtlichkeit strich er ihr übers Haar. Dass er rot wurde, spielte jetzt überhaupt keine Rolle. »Ich frage mich, ob wir einen Nutzen daraus ziehen können, dass sie meint, du seiest Freyja, ob es ihr Respekt einflößt oder ob es die Sache nur verschlimmert.« Morgan zog unzufrieden an seinem Bart und rückte die Brille zurecht, die auf der verschwitzten Nase verrutscht war. »Sagt der Polizei in Uppsala Bescheid, dass wir mit einem Helikopter kommen«, entschied Sturm. In diesem Moment hätte Maria ihren Chef am liebsten umarmt. Erst später, als sie eingestiegen waren, Maria, der Professor, Hartman und Sturm, und sie durch den Motorenlärm mit halbem Ohr Sturms Kommentar hörte, fing sie zu argwöhnen an, dass er einfach sauer war, weil die Polizei in Uppsala Disa festgenommen hatte. Indem er in dieser Situation einen Helikopter einsetzte, demonstrierte er Stärke. Es ist unser Fall, wir kommen und übernehmen. Das war ein hässlicher Verdacht, aber denkbar. »Wo haben sie sie gefunden?«
    »Sie war auf dem Weg ins Akademische Krankenhaus, in die psychiatrische Station, wo ihre Mutter liegt. Die waren ja vorgewarnt, warteten auf sie, nachdem Wern da gewesen und mit ihnen gesprochen hatte. Ein aufmerksamer Pfleger rief die Polizei an, während ein anderer Disa Kaffee anbot und sich mit ihr unterhielt.«
    »Obwohl die wussten, dass sie wegen vierfachen Mordes und einer Entführung gesucht wurde?«
    »Die Schwester sagte, sie seien es dort gewohnt, mit aggressiven Patienten umzugehen. Das machen die ständig. Es kommt darauf an zu wissen, wo man in einem Minenfeld hintritt, sonst knallt es.«
    »War Disa bewaffnet?«
    »Sie hatte ein Messer. Das gab sie der Schwester, als die sie darum bat. Die Schwester hatte gesagt, sie würde so gern einmal die berühmte Waffe sehen, und das durfte sie dann.«
    »Unglaublich!«
    Sie bahnten sich einen Weg durch die Fotoblitze. Sturm hatte diesmal ausnahmsweise keine Kommentare, versprach aber, später vor die Presse zu treten. Sein viel zu weiter Mantel flatterte im Sog des Helikopters. Im Mundwinkel hing die Kippe wie ein Glühwürmchen. Kriminalinspektor Patrik Hedlund öffnete ihnen die Tür. Er warf Maria einen langen Blick zu, und sie versuchte zurückzulächeln. Sie wurden in den Vernehmungsraum geführt. Vergeblich versuchte Maria an die alte Freundschaft zu appellieren. »Es ist mein Kind. Du hast es mir geschenkt.« In Disas Augen loderte der Hass. »Du hast dich den Feinden angeschlossen. Ihr habt genommen, was mein war, das Gehöft, den Brunnen! Da sei Odin vor, dass ich dir erzähle, wo sich das Kind befindet! Darf ich sie nicht behalten, dann sollst du sie auch nicht haben. Sie wird vor Kälte sterben.
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