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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter
Autoren: M. C. Beaton
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A-44. Von hier führte eine schmale Straße bergab nach Carsely, das in einer Hügelsenke der Cotswolds lag.
    Sogar für Cotswolds-Verhältnisse war es ein außergewöhnlich hübsches Dorf. Entlang der Hauptstraße standen zwei lange Häuserreihen, teils Fachwerkhäuser mit Reetdächern, teils Cottages aus warmem goldenem Sandstein mit Schieferdächern. Am einen Ende gab es einen Pub, der Red Lion hieß, am anderen stand die Kirche. Von dieser Hauptstraße gingen kleine Seitenstraßen ab, in denen sich Cottages einander zuneigten, als müssten sie sich gegenseitig stützen, so alt waren sie. Die Gärten leuchteten vor Kirschblüten, Forsythien und Narzissen. In Carsely gab es einen altmodischen Kurzwarenladen, eine Post, einen Krämerladen, eine Metzgerei und einen Laden, der ausschließlich Trockenblumen zu verkaufen schien und praktisch nie geöffnet hatte. Außerhalb des Dorfes, dezent verborgen hinter einem kleinen Hügel,lag eine Sozialsiedlung, und zwischen ihr und dem Dorf befanden sich das Polizeirevier, eine Grundschule sowie eine Bücherei.
    Agathas Cottage stand allein ganz hinten in einer der kleinen Seitenstraßen. Es sah wie eines dieser Cottages auf Kalenderblättern aus, die Agatha als Kind so gemocht hatte: niedrig, mit einem frisch gedeckten Reetdach – Norfolk Reet, um genau zu sein – und Sprossenfenstern im goldgelben Cotswolds-Stein. Vorn gab es einen kleinen Garten, hinten einen langen schmalen. Im Gegensatz zu fast jedem sonst in den Cotswolds war der Vorbesitzer dieses Hauses kein leidenschaftlicher Hobbygärtner gewesen. Im Garten wuchs hauptsächlich Gras, unterbrochen von einigen deprimierenden Sträuchern jener zähen Sorten, wie sie in öffentlichen Parks gepflanzt werden.
    Durch die Vordertür trat man zunächst in eine winzige dunkle Diele. Rechts ging das Wohnzimmer ab, links das Esszimmer. Die Küche nach hinten raus lag in einem neuen Anbau und war groß und quadratisch. Im ersten Stock befanden sich zwei niedrige Schlafzimmer und ein Bad, und sämtliche Räume hatten Balkendecken.
    Agatha hatte der Innenarchitektin freie Hand gelassen. Alles war, wie es sein sollte, und dennoch … Agatha blieb an der Wohnzimmertür stehen. Eine dreiteilige Sitzgarnitur mit Leinenpolstern von Sanderson, Lampen, ein Couchtisch aus Glas, einen Feuerkorb im Kamin und darüber Zaumzeug aus Messing an den Sims genagelt; Zinnkrüge und Figurenbecher baumelten an Haken von den groben Holzbalken, und poliertes altes Gartenwerkzeug zierte die Wände. Es sah aus wie ein Bühnenbild. Agatha ging in die Küche und stellte die Zentralheizung an. Das erstklassige Umzugsunternehmen hatte sogar dafür gesorgt, dass ihre Kleidung im Schlafzimmerschrank hing und ihre Bücher in den Regalen standen, also gab es für sie nicht mehr viel zu tun. Sie ging ins Esszimmer. Dort stand ein langer schimmernder Tisch mit hitzebeständiger Oberfläche und umgeben von viktorianischen Stühlen. Ein edwardianisches Gemälde von einem kleinen Kind in einer Kittelschürze inmitten eines leuchtenden Blumenbeets hing an der Wand. Hier war noch ein Kamin, in dem ein elektrisches Kaminfeuer stand. Es gab ein walisisches Regal mit blau-weißem Geschirr darauf und einen Teewagen. Die Schlafzimmer oben waren Laura Ashley pur. Es fühlte sich wie das Haus einer anderen Person an, das Heim irgendeines gestaltlosen Fremden oder wie ein teures Ferien-Cottage.
    Nun, Agatha hatte noch nichts zum Abendessen, und nach einem Leben mit Restaurantbesuchen und Take-away-Mahlzeiten hatte sie sich vorgenommen, Kochen zu lernen. Deshalb glänzte eine ganze Reihe von Kochbüchern auf einem Brett in der Küche. Doch zuerst wollte sie die wenigen Geschäfte im Dorf erkunden. Sie nahm ihre Handtasche und machte sich auf den Weg. Laut Makler waren viele der Geschäfte längst in »schicke Landhäuser« umgebaut worden. Die Dorfbewohner gaben den Zugezogenen die Schuld, dabei war eigentlich das Auto der Schuldige, denn auch die Einheimischen selbst fuhren lieber zu den Supermärkten in Stratford oder Evesham, statt in den teuren Dorfläden einzukaufen.
    Als Agatha sich der Hauptstraße näherte, kam ihr ein alter Mann entgegen. Er tippte sich mit einem munteren »Tag!« an den Hut. Auf der Hauptstraße wurde Agatha ebenfalls von jedem mit ein paar Worten begrüßt – einem beiläufigen»Tag« oder »Was für ein Wetter!«. Nach London, wo Agatha nicht einmal ihre Nachbarn gekannt hatte, war diese Freundlichkeit eine angenehme Abwechslung.
    Sie
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