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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter
Autoren: M. C. Beaton
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wollte sie Agathas lichtere Stimmung teilen, schien am darauffolgenden Morgen tatsächlich die Sonne. Es war ein vollkommener Frühlingstag. Der Kirschbaum hinten im Garten, das einzige Zugeständnis an Beschaulichkeit, das ihr Vorbesitzer gemacht hatte, streckte seine schweren, blütenübersäten Äste einem klarblauen Himmel entgegen. Agatha saß beim Frühstück, bestehend aus einer Tasse schwarzem Instantkaffee und zwei Zigaretten, und betrachtete die Blütenpracht.
    Ein Feriengefühl überkam sie, als sie den Hügel hinauf aus dem Dorf heraus und wieder hinunter durch Bourton-on-the-Hill nach Moreton-in-Marsh fuhr.
    An der Paddington Station in London angekommen, inhalierte sie gierig die abgasgeschwängerte Luft und spürte, wie sie wieder lebendiger wurde. Im Taxi zur South Molton Street wurde ihr klar, dass sie keine einzige lustige Geschichte parat hatte, mit der sie ihre ehemaligen Mitarbeiter unterhalten konnte. »Unsere Aggie wird blitzschnell zur Dorfkönigin«, hatte Roy gesagt. Wie wollte sie ihnen erklären, dass die fantastische Agatha Raisin, was Carsely betraf, gar nicht existierte?
    Sie stieg in der Oxford Street aus dem Taxi und ging die South Molton Street hinunter. Wie es wohl sein würde, »Pedmans« zu sehen, wo früher ihr Name gestanden hatte?
    Unten an der Treppe, die zu ihrem früheren Büro über dem Ball- und Brautmodengeschäft führte, blieb sie stehen. Da war überhaupt kein Schild, bloß ein frisch gestrichenes Stück Mauer, wo vorher Raisin Promotions zu lesen gewesen war.
    Agatha stieg die Eingangsstufen hinauf. Es herrschte Grabesstille. Sie drehte am Türknopf. Abgeschlossen. Verwundert ging sie wieder nach unten und blickte hinauf zu den Fenstern. In einer der Scheiben hing ein großes Schild, auf dem mit roten Buchstaben ZU VERKAUFEN stand und darunter der Name eines Maklers für teure Immobilien.
    Grimmig nahm sie ein Taxi hinüber zur City, nach Cheapside, wo die Pedmans-Zentrale war, und verlangte, den Geschäftsführer Mr. Wilson zu sprechen. Eine gelangweilte Empfangssekretärin mit den längsten Fingernägeln, die Agatha jemals gesehen hatte, nahm den Telefonhörer ab und sprach hinein. »Mr. Wilson ist beschäftigt«, sagte sie, blicktewieder in die Frauenzeitschrift, in der sie bei Agathas Ankunft geblättert hatte, und las ihr Horoskop.
    Agatha nahm ihr die Zeitschrift aus der Hand. Über den Schreibtisch gebeugt zischte sie: »Bewegen Sie Ihren knochigen Hintern, und sagen Sie diesem Mistkerl, dass er Zeit für mich hat.«
    Die Empfangssekretärin starrte Agatha entgeistert an, gab ein Quieken von sich und stolperte die Treppe hinauf. Nach einer kurzen Weile, in der Agatha ihr Horoskop las – »Heute könnte der wichtigste Tag Ihres Lebens sein. Zügeln Sie Ihr Temperament« –, kam die Sekretärin auf ihren turmhohen Absätzen zurückgestöckelt und flüsterte: »Mr. Wilson empfängt Sie jetzt. Wenn Sie bitte mitkommen …«
    »Ich kenne den Weg«, knurrte Agatha. In ihren vernünftigen flachen Schuhen stapfte sie die Stufen nach oben.
    Mr. Wilson stand auf, als sie sein Büro betrat. Er war ein kleiner, adretter Mann mit schütterem Haar, einer Goldrandbrille, weichen Händen und einem salbungsvollen Lächeln, das ihn eher wie einen Arzt in der Harley Street erscheinen ließ als den Chef einer Public-Relations-Firma.
    »Wieso bieten Sie mein Büro zum Verkauf an?«, fragte Agatha.
    Er strich sich über den Kopf. »Mrs. Raisin, nicht Ihr Büro. Sie haben uns Ihre Firma verkauft.«
    »Aber Sie haben mir versprochen, meine Mitarbeiter zu behalten.«
    »Was wir auch getan haben. Die meisten von ihnen zogen jedoch eine Abfindung vor. Wir brauchen nun mal keine zusätzlichen Räumlichkeiten. Die Geschäfte können wir problemlos von hier erledigen.«
    »Na hören Sie mal, das können Sie doch nicht machen!«
    »Nein, hören Sie mir zu, Mrs. Raisin, ich kann tun und lassen, was ich will. Sie haben uns die Firma mit allem, was dazugehört, verkauft. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen. Ich bin sehr beschäftigt.«
    Er sank auf seinen Stuhl zurück, während Agatha Raisin ihm unmissverständlich und höchst bildhaft erklärte, was er mit sich selbst tun könnte. Dann stürmte sie hinaus.
    Draußen auf der Straße stiegen ihr Tränen in die Augen. »Mrs. Raisin … Aggie?«
    Sie fuhr herum. Roy stand hinter ihr. Statt seiner üblichen Jeans, einem psychedelischen Hemd und goldenen Ohrringen trug er einen nüchternen Anzug.
    »Ich bringe dieses Schwein Wilson
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