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und der tote Richter

und der tote Richter

Titel: und der tote Richter
Autoren: M. C. Beaton
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schrie Roy.
    »Ich danke euch«, sagte Agatha leicht gereizt. »Übrigens wandere ich nicht nach China aus. Ihr könnt alle kommen und mich besuchen. Eure neuen Chefs, Pedmans, haben versprochen, nichts zu verändern, also nehme ich an, dass es für euch größtenteils so weitergeht wie bisher. Danke für eure Geschenke. Ich werde sie in Ehren halten, ausgenommendeines, Roy. In meinem Alter ist ernsthaft zu bezweifeln, dass ich dafür Verwendung finde.«
    »Man kann ja nie wissen«, antwortete Roy mit einem frechen Grinsen. »Irgendein spitzer Farmer wird dich sicher in die Büsche zerren wollen.«
    Agatha trank noch mehr Punsch und aß ein Lachs-Sandwich. Dann, nachdem Lulu ihr geholfen hatte, alle Geschenke in zwei Tragetaschen zu verstauen, stieg sie zum letzten Mal die Treppe von Raisin Promotions hinunter.
    In der Bond Street schubste sie einen dünnen, nervösen Geschäftsmann beiseite, der sich gerade ein Taxi herangewunken hatte. »Ich hab’s zuerst gesehen«, beharrte sie, stieg ohne einen Blick zurück ein und befahl dem Fahrer, zur Paddington Station zu fahren.
    Dort erwischte Agatha den Zug um 15 Uhr 20 nach Oxford. Erschöpft sank sie in den Eckplatz der ersten Klasse. In den Cotswold stand alles bereit: Eine Innenarchitektin hatte das Cottage »überholt«, ihr Auto wartete am Bahnhof von Moreton-in-Marsh, um sie den kurzen Weg nach Carsely zu bringen, und eine Spedition hatte ihre Sachen aus der Londoner Wohnung geholt. Die war inzwischen verkauft, und Agatha war endlich frei. Sie durfte entspannen. Keine launischen Popstars mehr, mit denen sie sich herumschlagen musste, keine primadonnenhaften Haute-Couture-Firmen, denen sie einen glorreichen Auftritt verschaffen musste. Von jetzt ab konnte sie tun und lassen, was ihr gefiel … Ein herrliches Gefühl.
    Agatha nickte ein und schrak auf, als der Zugbegleiter rief: »Oxford. Hier ist Oxford. Keine Weiterfahrt mit diesem Zug möglich. Bitte verlassen Sie den Zug!«
    Nicht zum ersten Mal wunderte sich Agatha über die Ausdrucksweise der British Rail. Bei diesem Ton rechnete man ja fast damit, dass gleich sämtliche Waggons explodierten. Sie blinzelte hinauf zum Bildschirm, der über Bahnsteig 2 hing. Er teilte ihr mit, dass der Zug nach Charlbury, Kingham, Moreton-in-Marsh und allen weiteren Orte in Hereford von Gleis 3 abfuhr. Also schnappte sich Agatha ihre Tragetaschen und ging quer über den Bahnsteig. Es war ein kalter, grauer Tag. Die Euphorie, die sich mit der neuen Freiheit und Roys Punsch eingestellt hatte, verflog allmählich.
    Der Zug bewegte sich schwerfällig aus dem Bahnhof. Zur einen Seite waren Kähne zu sehen, auf der anderen klapprige Gartenlauben, die bald endlosen Feldern wichen, überflutet vom letzten Regen und in Agathas zunehmend finsterer Wahrnehmung alles andere als ansprechend.
    Das ist doch lächerlich, schalt Agatha sich. Ich habe erreicht, was ich mir immer gewünscht habe. Ich bin bloß müde, sonst nichts.
    Der Zug bremste ein Stück vor Charlbury, wurde erst langsamer und hielt schließlich unvermittelt an, wie es für die Züge der British Rail fast schon zum guten Ton gehörte. Sämtliche Fahrgäste saßen stoisch da und lauschten dem heulenden Wind auf den matschigen Feldern. Wieso benehmen wir uns alle wie verirrte Schafe?, fragte Agatha sich. Warum sind die Briten so zahm und nicht aus der Ruhe zu bringen? Wieso ruft keiner den Zugbegleiter und verlangt nach dem Grund für den Halt? Andere, gesprächigere Leute würden den Stopp nicht einfach so hinnehmen. Sie überlegte, ob sie aufstehen und nach dem Zugbegleiter suchen sollte. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie gar nicht in Eile war. Sie holte den Evening Standard aus ihrer Tasche, den sie am Bahnhof gekauft hatte, und begann zu lesen.
    Nach zwanzig Minuten fuhr der Zug ächzend und kreischend wieder an. Weitere zwanzig Minuten nach Charlbury rollte er in den kleinen Bahnhof von Moreton-in-Marsh. Agatha stieg aus. Ihr Wagen stand noch genau da, wo sie ihn geparkt hatte. Während der letzten Minuten der Fahrt hatte sie sich schon Sorgen gemacht, er könnte gestohlen worden sein.
    Es war Markttag in Moreton-in-Marsh, und Agathas Laune besserte sich sofort, als sie langsam an den Ständen vorbeifuhr, die alles von Fisch bis Unterwäsche feilboten. Dienstag. Markt war also dienstags. Das musste sie sich merken. Ihr neuer Saab schnurrte aus Moreton hinaus und die Hügel hinauf nach Bourton-on-the-Hill. Fast zu Hause. Zu Hause! Endlich zu Hause.
    Sie bog von der
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