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und der Geisterzug

und der Geisterzug

Titel: und der Geisterzug
Autoren: Astrid Vollenbruch
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unbeachtet an den Fenstern vorbei, und auch die ›majestätische Kulisse der Sierra Nevada‹ verschwendete ihre Pracht. Justus hatte ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Hosentasche gezogen und las es laut vor, um das Rattern der Eisenräder zu übertönen.
     
    Lieber Titus,
    es ist soweit. Ich gebe auf. Die alte Geschichte ist wieder losgegangen, schlimmer als je zuvor, und jetzt ziehen sie sogar Sarah und Sue mit hinein. Ich bin fertig, und du weißt, was es mich kostet, das zuzugeben. Aber meine Familie ist mir wichtiger als ein paar ausrangierte Lokomotiven und der ganze schäbige Plunder, den ich so lange für meinen größten Schatz gehalten habe.
    Das Museum ist geschlossen, und nächsten Dienstag wird hier alles verkauft. Hast du nicht Lust, am Wochenende herzukommen und dir ein paar Sachen für dein Gebrauchtwarencenter zu sichern? Ich wüsste niemanden, dem ich meine Sammlung lieber überlassen würde als dir. Der Trödelmarkt ist dein Traum – ich hoffe, dass er nicht so endet wie meiner.
    Bring auch deinen Neffen mit – für einen Jungen in seinem Alter ist der Blick hinter die Kulissen eines Museums immer interessant, und vielleicht kann er ja das eine oder andere für sein Detektivbüro gebrauchen.
    Ruf mich bitte an. Übernachten könnt ihr natürlich bei uns. Sarah und Sue werden sich freuen, dich wiederzusehen und Justus kennenzulernen.
     
    In alter Freundschaft
    William Kingsley
    Harrowville
     
    »Als Onkel Titus diesen Brief bekam, rief er Mr Kingsley sofort an«, sagte Justus. »Sie kennen sich noch aus der Schule. William Kingsley war ein komischer Kauz – nur an Eisenbahnen interessiert. Nach der Schule hat er jahrelang als Mechaniker, Rangierer und Lokführer gearbeitet, bis er sich schließlich seinen Traum erfüllen konnte und das Museum in Harrowville aufbaute. Aber dann ging alles schief. Ein Unglück folgte dem anderen, das Museum musste immer wieder wochenlang geschlossen bleiben, und die Besucher blieben weg. Onkel Titus sagte aber etwas über Brände, Einbrüche und Unfälle, von denen ihm Mr Kingsley erzählt hat. Einen Spuk hat er nicht erwähnt.«
    »Aber vielleicht ist der Spuk diese alte Geschichte!«, sagte Peter.
    Justus schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. In diesem Brief gibt es keinen Hinweis auf den Spuk. Mr Kingsley hat geschrieben: sie ziehen jetzt auch Sarah und Sue hinein – Sarah ist seine Frau und Sue seine Tochter. So hätte er es nicht formuliert, wenn es nicht um lebende Personen ginge. Das Museum ist ganz planmäßig sabotiert worden.«
    »Aber wozu?«, fragte Peter. »Was gibt es denn an einem alten Museum in einer heruntergekommenen Stadt zu sabotieren?«
    »Vielleicht wollte Mr Kingsley, dass du die Sache aufklärst«, sagte Bob. »Und durch einen glücklichen Zufall sind wir nun eben alle drei hier.«
    »Ich würde es nicht als glücklichen Zufall bezeichnen, dass mein Onkel sich den Fuß gebrochen hat«, sagte Justus streng. »Und er hat uns lediglich beauftragt, den Museumsbestand zu prüfen und Mr Kingsley einen guten Preis anzubieten, damit er keinen Verlust macht.«
    Als Titus Jonas erfahren hatte, dass das Eisenbahnmuseum schließen und den gesamten Bestand verkaufen würde, hatte er sofort eine große Stelle am Zaun freigeräumt, wo er die Sachen lagern wollte. Aber dann war er über ein umgestürztes Eisentor gestolpert, das auf dem Hof lag, und musste alle Pläne ändern. Peter und Bob hatten sofort begeistert zugestimmt, als Onkel Titus sie fragte, ob sie Justus an seiner Stelle begleiten wollten.
    »Seht euch mal um, was wir gebrauchen könnten«, hatte Onkel Titus gesagt. »Und fallt nicht wie die Geier über die alten Schätze her. Mein Freund William muss seinen Lebenstraum begraben. Ich verlasse mich darauf, dass ihr euch anständig benehmt und ihm helft, statt ihn auszurauben.«
    »Dann klären wir den Spuk eben als Dreingabe auf«, sagte Bob übermütig. Peter sah weniger glücklich aus. Trotz der vielen merkwürdigen Fälle, die sie bisher aufgeklärt hatten, machte er noch immer einen weiten Bogen um alles, was nach Übersinnlichem roch.
    In der nächsten halben Stunde durchstöberten sie den Zug. Sie marschierten durch die Waggons und sahen sich jeden Winkel genau an. Der vierte Waggon enthielt ein kleines Restaurant und die Zugtoilette. Das Restaurant war im alten Westernstil eingerichtet und die Bar mit dunklem Holz getäfelt. Aber sie war geschlossen. Alle Lichter waren aus, und niemand war zu sehen. Offenbar
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