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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe
Autoren: Nancy Atherton
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flüsterte Bill eine kurze Er-klärung zu.
    »Warum musstest du meinen Vater in die Sache verwickeln?«, fragte er genauso leise. »Ich hätte gedacht, Miss Kingsley wäre …«
    »Bill«, unterbrach ich ihn, »kannst du dir einen geeigneteren Menschen vorstellen, um Mrs Hume zu umgarnen, als deinen Vater?«
    Bill überlegte kurz, eher er Mrs Hume unter einem Vorwand vom Telefon weglockte. Als beide außer Hörweite waren, nahm ich rasch den Hörer auf. »Ich bin’s noch mal«, sagte ich leise. »Wenn Mrs Hume zurückkommt, können Sie das Gespräch beenden.«
    »Habe ich meinen Auftrag erfüllt, Miss Shepherd?«, fragte er mit milder Neugier.
    »Sie waren wunderbar. Ich erkläre Ihnen alles, sobald ich Gelegenheit dazu habe.«
    »Darauf bin ich gespannt.«

    Colin fuhr uns zum Flughafen. Der Mond ging gerade auf, als wir MacLaren Hall verließen, und als wir in London landeten, war es fast Mitternacht.
    Bobbys Ring war sicher in einer tiefen Tasche meiner Jacke verwahrt. Eine Zeit lang saßen wir schweigend da, jeder in einen Teil der Papiere vertieft, die uns Andrew gegeben hatte. Die fehlenden Albumseiten waren ebenfalls in dem Bündel gewesen; sie waren vorsichtig zusammengefaltet, sodass kein Foto beschädigt wurde. Auf allen Fotos war Bobby zu sehen, und bis auf fünf Stück waren sie alle auf Pouters Hill gemacht worden, die anderen zeigten ihn mit seiner Hurricane und seinen Flie-gerkameraden in Biggin Hill. In dem Bündel waren auch einige handgeschriebene Mitteilungen, die womöglich durch Archie Gormans »Briefkasten«
    im Flamborough gegangen waren. Bill nahm einen der Zettel in die Hand, aber ehe er ihn entfalten konnte, legte ich meine Hand darauf und sagte leise: »Die sind nicht an uns gerichtet.«

    Bill fand auch die beiden Bilder, nach denen ich gesucht hatte. Die herzförmigen Bildchen waren aus einem größeren Foto ausgeschnitten und zeigten die vertrauten Gesichter. Dimitys Haar war zurückgekämmt und mit einem Band zusammengehalten.
    Auf Bobbys Gesicht lag sein warmes, herzliches Lächeln, und auf dem Hemdkragen seiner Uniform blitzten die Schwingen. Ich passte sie wieder in die beiden Hälften des Medaillons ein und sagte zu Bill:
    »Erinnerst du dich an das Monogramm auf der blauen Schachtel? Das W für Westwood war in Wirklichkeit ein M für MacLaren.«
    »Du hast die Schachtel verkehrt herum gehalten«, sagte Bill. Er zeigte mir eine Seite aus dem Album und deutete auf eine Bildunterschrift. »Ist dir das aufgefallen? Ihr erstes Rendezvous. Nur etwas über einen Monat, ehe Bobbys Flugzeug abgeschossen wurde. Er muss ihr gleich nachdem sie sich kennen lernten den Heiratsantrag gemacht haben.«
    »Mein Vater hat meiner Mutter auch beim zweiten Treffen einen Heiratsantrag gemacht«, sagte ich, »und beim dritten hat sie Ja gesagt. Ich glaube, damals blieb den jungen Paaren einfach keine Zeit.« Ich nahm die Albumseiten und legte sie auf den leeren Sitz auf der anderen Seite des Ganges.
    »Wenn wir wieder im Haus sind, ordnen wir sie da ein, wo sie hingehören. Wir werden auch das Foto, das meine Mutter mir gegeben hat, wieder an seinen Platz bringen.« Ich legte die gefalteten Briefe und Zettel auf einen Stapel, legte das Band wieder darum und verstaute alles in meinem Handgepäck.
    Bill sah nachdenklich hinaus auf den sternübersä-
    ten Himmel. »Armer Andrew«, sagte er. »Verbarrikadiert sich jahrelang in seinem Herrenhaus auf dem Berg, mutterseelenallein mit seiner Wut und Trauer.«
    »Und mit seiner Liebe«, sagte ich, »mit seiner schrecklich großen Liebe zu seinem Bruder. Diese Liebe war die Ursache für alles, was danach kam.«
    »Hmm.« Bill nickte geistesabwesend, dann sah er mich ratlos an. »Ob Dimity wirklich glaubte, dass sie an Bobbys Tod schuld war?«
    Ich knipste die Leselampe aus und blickte an Bills Profil vorbei nach draußen. »Du hattest Recht, als du sagtest, es müsse etwas ziemlich Schlimmes sein, das ihr so viel Schmerz bereitete. Dimity muss – mit Andrews Hilfe – zu der Überzeugung gelangt sein, dass sie durch ihre Feigheit Bobbys Tod verursacht hat, und das hat sie sich nie verziehen.«
    »Feigheit?«, fragte Bill überrascht. »Was für eine Feigheit?«
    »Sie hat vor der Verlobung gekniffen, Bill. Ich vermute, sie wollte nicht das Schicksal der Frauen in Starling House teilen – heute verheiratet und morgen verwitwet. Sie wollte auf Nummer sicher gehen. Sie hatte eine solche Angst, es könnte alles gleich wieder zu Ende sein, dass sie gar nicht erst
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