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Unbescholten: Thriller (German Edition)

Unbescholten: Thriller (German Edition)

Titel: Unbescholten: Thriller (German Edition)
Autoren: Alexander Söderberg
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Paraguay. Ihr Boss hieß Dmitri. Er war groß, um die dreißig Jahre, und er machte nicht den cleversten Eindruck. Seine zwei Kumpel hießen Goscha und Vitali, ihre Augen standen weit auseinander, und ihre halb geöffneten Münder legten die Vermutung nahe, dass sie nicht das Geringste davon begriffen, worüber geredet wurde.
    Dmitri mixte Dry Martini in einem Plastikkanister. Er presste Oliven hinein und schüttelte das Ganze, dann schenkte er in ausgespülte Kaffeebecher ein. Er brachte einen russischen Toast aus, und alle nahmen einen Schluck von dem Drink, der ein wenig nach Diesel schmeckte.
    Jens bemühte sich, ihnen seine Abneigung nicht zu deutlich zu zeigen.
    »Ich zeige euch die Dinger am besten mal«, schlug er vor. Er ging zu dem Jeep hinüber, der in dem staubigen, schwach beleuchteten Innenhof stand.
    Weshalb die drei den ganzen Weg bis nach Paraguay gekommen waren, um sich die Ware anzusehen, wusste er nicht. In der Regel bestellte jemand etwas bei ihm, er lieferte und wurde bezahlt. Fertig. Doch das hier war etwas anderes. Es schien, als ob der Waffenkauf eine große Sache für die Russen sei. Was genau sie hier wollten und wozu sie die Waffen brauchten, hatte ihn aber nicht zu interessieren. Sie waren hier, um die Waffen auszuprobieren, Kokain zu schnupfen, zu vögeln und ihm die zweite von drei Zahlungen zu übergeben.
    Er hatte eine Maschinenpistole da, eine MP7 Heckler & Koch, sowie ein österreichisches Sturmgewehr. Die übrigen Waffen lagen verpackt in einem Lagerhaus am Hafen von Ciudad del Este und warteten auf den Transport.
    Die Russen griffen nach den Waffen und taten, als würden sie aufeinander schießen. »Hände hoch, Hände hoch!« Sie brüllten vor Lachen und machten schnelle Bewegungen.
    »Jeans! Wo zum Teufel ist die Munition?«
    Er zeigte auf das Heck des Jeeps. Die Russen rissen die Türen auf und suchten nach der Munition. Jens steckte die Hand in die Tasche, er hatte noch ein Nikotinkaugummi übrig. Vor zwei Jahren hatte er mit dem Rauchen aufgehört, vor drei Wochen mit dem Kautabak. Nun war er im Dschungel, vier Meilen von Ciudad del Este entfernt, und sein Körper schrie nach Nikotin. Er steckte sich das Kaugummi in den Mund und blickte mit kaum verhohlenem Ekel auf die Russen. Er wusste, dass er demnächst wieder mit dem Rauchen anfangen würde.
    ––––––––
    Sophie arbeitete vor allem wegen der Patienten hier und nicht, weil sie fromm war oder den tiefen Wunsch verspürte, anderen zu helfen. Sie mochte es, mit den Menschen zu reden. Die Patienten kamen, weil sie krank waren. Darüber sprachen sie offen und ehrlich und waren ganz sie selbst. Sophie fühlte sich wohl in ihrer Gegenwart und konnte gut mit ihnen umgehen. Die Patienten redeten selten Unsinn, das taten sie erst, wenn es ihnen wieder besser ging, und dann trennten sich ihre Wege meistens wieder. Vielleicht war genau das der Grund, weshalb sie sich damals für diesen Beruf entschieden hatte. Jedenfalls liebte sie es, wenn ihre Patienten ganz bei sich waren. Diese Patienten waren ihre Lieblinge. Es waren fast immer Charakterköpfe. Das war das Wort, das ihr selbst für die Leute eingefallen war: Charakterköpfe. Sie konnten mit einer inneren Ausgeglichenheit über das Leben lächeln, und Sophie erkannte sie meist auf den ersten Blick, ohne zu wissen, wie oder warum.
    Sie war mit einem Tablett auf dem Weg zu Hector Guzman in Zimmer elf. Er war vor drei Tagen eingeliefert worden, nachdem er an einem Fußgängerübergang mitten in Stockholm überfahren worden war. Sein rechtes Bein war unterhalb des Knies gebrochen. Die Ärzte hatten auch eine Verletzung der Milz diagnostiziert, deshalb war er noch zur Beobachtung geblieben. Hector war etwa Mitte vierzig, eher interessant als gut aussehend, kräftig, aber nicht dick. Er war Spanier und hatte dunkle Haare. Nase, Wangenknochen und Kinn waren scharf geschnitten und seine Haut angenehm sandfarben.
    Hector sprach fließend Schwedisch und war einer von Sophies Charakterköpfen – vielleicht wegen seiner wachen Augen, vielleicht wegen der Leichtigkeit, mit der er sich trotz seiner Größe bewegte. Oder weil er sie stets mit einer natürlichen Gelassenheit anlächelte, wenn sie zu ihm hereinkam. Sie lächelte immer zurück.
    Als sie das Zimmer betrat, war Hector Guzman in sein Buch vertieft, saß zurückgelehnt in seinem Bett und hatte die Lesebrille auf der Nase. Sie sortierte die Tabletten und legte sie in kleine Plastikbecher, dann reichte sie ihm einen. Er
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