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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition)
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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niedergeschrieben oder aufgezeichnet werden wollten, Studien, die darauf harrten, die Geheimnisse der Welt preiszugeben, und nicht zuletzt die immer noch unvollendete Auftragsarbeit für seinen Gönner Ludovico Sforza. Manchmal bedauerte er es zutiefst, nur ein Leben zu haben, um all die Geheimnisse der Schöpfung ergründen zu können, die ihm des Nachts den Schlaf raubten. Um dieser Dämonen Herr zu werden, hatte er Schüler aufgenommen, die seine unzähligen Ideen umsetzen sollten. War eine derartige Machina dabei gewesen? Vage erinnerte Leonardo sich daran, diese Idee einst verfolgt zu haben. Sollte einer seiner besten Schüler, der jetzt wie ein aufgeregter Marktschreier daher kam, um ihn in seinen Studien zu unterbrechen, tatsächlich einen Durchbruch geschafft haben?
    Der Junge hatte sich inzwischen aufgerichtet und keuchte auch nicht mehr wie ein Pferd, dessen Reiter es fast zu Tode geritten hatte. Respektvoll, wie Leonardo zufrieden feststellte, wartete er ab, bis sein Meister sich aus den Armen seiner tiefen Kontemplation gelöst hatte.
    »Du hast es also geschafft?«
    »Ja, Meister.«
    »Aha«, sagte Leonardo in einem Tonfall, als hätte er nichts anderes erwartet. »Und welchem Zweck sollte die Machina doch gleich dienen?«
    »Der besseren Beobachtung der Sterne und des Mondes.«
    Leonardo erinnerte sich. Aber zugleich kam ihm ein anderer Gedanke.
    »Hatte ich dir nicht den Auftrag erteilt, die Flugmaschine nach meinen Plänen zu bauen?«
    »Nein, Meister. Das war Anselmo gewesen.«
    »Den Anzug zum Atmen unter Wasser?«
    »Nein, Meister. Diesen Auftrag habt ihr an Jacobus übergeben. Anselmo hat ihn ausprobiert und wurde dadurch …«
    »Ich habe dir also wahrhaftig den Auftrag erteilt, eine Machina nach meinen Plänen zu bauen, mit der man den Mond und die Sterne beobachten kann?«
    Giacomo wurde rot. Leonardo bemerkte, dass sein Meisterschüler mit der Fußspitze Kringel auf das Gras zeichnete.
    »Nun … nicht direkt, Meister.«
    Ein leises Klingeln ertönte aus den Gewändern Leonardos. Mit zusammengekniffenen Lippen hielt er Giacomo die Farbpalette und den Pinsel hin. Der nahm sie und Leonardo holte sein orologio multi funzione hervor. Ein Gerät, das wie ein kleines Buch aussah, aber über zahlreiche Funktionen verfügte. Es klingelte in seinen Händen heftig weiter. Der Gelehrte drückte einen verborgenen Knopf und das Klingeln erstarb. Er blickte kurz auf die Anzeige, verstaute das Gerät wieder und ging zum Eingang der Werkstatt. Giacomo drehte sich um, und sah seinem Meister verdutzt hinterher.
    »Aber Meister! Die Machina!«
    »Ist sie einsatzbereit?«, fragte Leonardo, ohne innezuhalten oder sich umzudrehen.
    »Nun, noch nicht ganz. Die Pläne sehen gut aus, aber sie benötigt noch ein wenig Feinschliff, einige Zahnradwerke und das Licht des Vollmondes. Aber da …«
    »Dann, mein guter Giacomo, werde ich dir jetzt eine Lektion erteilen.« Leonardo blieb stehen, drehte sich um und fixierte den Schüler mit einem eisigen Blick. »Unterbrich niemals die Gedanken deines Meisters, wenn es nicht unbedingt sein muss!«
    Leonardo sah, wie Giacomo schluckte.
    »Jawohl, Meister.«
    »Und die nächste Lektion erfolgt sogleich, mein ungestümer Schüler. Du hast nur die Arbeiten zu erledigen, die dir dein Meister höchstpersönlich aufträgt.«
    »Jawohl, Meister.«
    »Habe ich dir also einen entsprechenden Auftrag erteilt?«
    »Nein, Meister.«
    »Hast du also in meinen Unterlagen gestöbert, dich einiger meiner Pläne bemächtigt, und diese ohne meine direkte Anweisung geändert?«
    Leonardo ging langsam auf den unglücklich dreinblickenden Giacomo zu. Er sah, wie feiner Schweiß über das Gesicht des Meisterschülers lief. Giacomos Stimme sank zu einem Flüstern.
    »Meister, um euch eine Freude zu bereiten, wollte ich jene Machina bauen, von der ich euch gerade berichtete.«
    Das beruhigte Leonardo. Er liebte Überraschungen und Geschenke. Ganz besonders dann, wenn sie ihm so offensichtlich schmeicheln sollten. Und was schmeichelte einem Genius mehr, als wenn einer seiner Bewunderer einen Plan des Meisters in die Tat umsetzte? Galt dann der Plan nicht mehr als das Werk selber? Seine Miene wurde weicher. Sanft legte er eine Hand auf die Schulter seines Schülers.
    »Nun gut, mein lieber Giacomo. Stelle meine Pläne fertig. Erbaue diese Machina und probiere sie aus. Und wenn sie funktioniert, führe sie mir vor.«
    »Danke, Meister. Ich benötige allerdings etwas Geld und ein Schreiben an Philip, den
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