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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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Zuträger, Männer, die ihre Frauen bespitzelten und Kinder, die ihre Eltern verrieten. Die Gründe dafür waren so banal wie niedrig: Geld, Eitelkeit, Missgunst. Jeder konnte zum Opfer werden, einfach so, ohne die Chance, es zu verhindern oder seine Unschuld zu beweisen.
    Warum erzähle ich das alles? Der Gedanke, dass die allgegenwärtige Technik in unserem Leben dazu benutzt werden kann, uns auszuspähen, ist den meisten von uns schon lange gewärtig. Der Chaos Computer Club warnt seit vielen Jahren davor, dass Handys »Ortungswanzen« sind, die alles über ihren Besitzer verraten. Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September werden immer mehr Gesetze verabschiedet, die Bürgerrechte einschränken und die Macht des Staates ausdehnen, die Überwachung zulassen, auch auf einen vagen Verdacht hin.
    Trotzdem ließ sich das Monster bis zum Juni 2013 noch gut verdrängen. Der so verführerische wie gefährliche Satz, dass wer nichts zu verbergen hat, auch nichts zu befürchten habe, wurde von allzu vielen allzu gern geglaubt. Diejenigen, die vor allwissenden Geheimdiensten und einem misstrauischen, allmächtigen Staat warnten, wurden als Alu-Hüte verspottet, als Verschwörungstheoretiker und Sonderlinge.
    Edward Snowden hat das geändert. Edward Snowden hat uns dank seiner mutigen Tat unsere Akten zugänglich gemacht. Und sie sind – selbst für jene, die es schon länger ahnten – ein Schock.
    Wir wissen noch gar nicht so viel darüber, wie genau die ganzen Spionageprogramme von NSA, GCHQ, BND und wie sie alle heißen funktionieren. Dazu sind die von Snowden veröffentlichten Unterlagen zu vage und zu überblicksartig. Es sind fast ausschließlich Powerpoint-Folien, in denen stichpunkthaft über diese Projekte informiert wird. Nirgends finden sich bislang technische Beschreibungen, Organigramme oder konkrete Zahlen.
    Doch das, was wir dank Edward Snowden wissen, genügt, um eigentlich auch dem Letzten klar zu machen, dass die Regierungen der Welt die Technik des Internets und des Mobilfunks missbrauchen, um ihre Bürger – uns – nahezu vollständig zu überwachen. Es braucht nicht einmal mehr ein Gerücht oder einen Verdacht, jeder ist das Ziel dieser Ausspähung. Mit der Begründung, wer eine Nadel finden wolle, müsse eben den ganzen Heuhaufen durchsuchen, wird inzwischen alles gefiltert und gespeichert, was es an elektronischer Kommunikation gibt.
    • Die Geheimdienste schneiden große Teil der Daten mit, die über die internationalen Seekabel laufen, nach Angaben der NSA sind das 29 Petabyte am Tag, 1,6 Prozent des gesamten Netztraffics [2] , eine sicher geschönte Zahl.
    • Die Geheimdienste kopieren Metadaten von Telekommunikationsverbindungen bei den Anbietern in unbekannter Menge und aggregieren daraus Bewegungsprofile und Analysen der privaten Netzwerke der Abgehörten.
    • Die Geheimdienste filtern und speichern E-Mails in unbekannter Menge und für eine unbekannte Zeit, wenn die E-Mails verschlüsselt sind wahrscheinlich für ewig.
    • Die Geheimdienste überwachen via Internet geführte Gespräche mit Skype und anderen Messengerdiensten und speichern auch SMS in unbekanntem Umfang.
    • Die Geheimdienste hacken die Computer von Telefonbetreibern, um die eigentlich verschlüsselt übertragenen Gespräche von Mobiltelefonen abhören zu können.
    • Die Geheimdienste kopieren Daten von Finanztransaktionen, um Kontobewegungen verfolgen zu können.
    • Die Geheimdienste beobachten Kommunikation in sozialen Netzwerken wie Facebook und sammeln die dort öffentlich zugänglichen Informationen aus den Accounts, um Profile von den Vorlieben und Vorstellungen der Überwachten zu erstellen und um zu erfahren, mit wem diejenigen Kontakt haben.
    • Die Geheimdienste lesen Blogs und was sonst noch so in Newsgroups und Foren öffentlich im Netz verfügbar ist und werten diese Informationen aus.
    • Die Geheimdienste geben Milliarden von Dollar aus, um Verschlüsselungsverfahren zu knacken oder zu unterwandern.
    Mit anderen Worten: Unsere Geheimdienste tun alles dafür, dass wir keine Geheimnisse mehr haben, gar keine.
    Und wer jetzt glaubt, dass davon ja nur andere betroffen sind und nicht er selbst – immerhin dürfen Geheimdienste wie NSA, GCHQ oder BND laut den Gesetzen ihrer Länder nur Ausländer überwachen und nicht die eigenen Bürger –, der darf nicht vergessen, dass eben diese Geheimdienste ihre Erkenntnisse gern und oft miteinander tauschen. Was der eine offiziell nicht erfahren darf, das
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