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Überfall im Hafen

Überfall im Hafen

Titel: Überfall im Hafen
Autoren: Stefan Wolf
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Vor
Jahresfrist, wie gesagt, war er noch dabei.“
    Theo seufzte.
    „Und weiter?“ drängte Hermann.
    Jetzt übernahm Detlef wieder das Wort.
„Wir hatten damals im Jacht-Club einen ersten Vorsitzenden, der nicht
auszuhalten war. Ehrlich — ich hätte ihn umbringen können. Alfons Schnohbuttl
war die Pest. Er ist es sicherlich immer noch, aber nicht mehr als unser
Obermotz. Jedenfalls wurde er im April nicht wiedergewählt und ist auch — wegen
Verlegung seines Geschäftssitzes nach Duisburg — aus dem Club ausgetreten.“
    „Aber damals“, setzte Theo den Bericht
fort, „wollten wir ihm eins überbraten. Zugegeben — wir vier waren
stinkbesoffen. Gemeinsam faßten wir den Plan. Nämlich dies: Schnohbuttl besaß
weiter unten am Fluß ein Bootshaus. Wasserseitig offen für den Kahn. Landseitig
war eine Art Gartenhäuschen angebaut. Richtig schön innen mit Tisch und Bett.
Schnohbuttl blieb dort manchmal das ganze Wochenende.“
    Er hörte auf zu reden.
    In die Atempause sagte Hermann: „Ihr
kommt nicht zur Sache. Ihr macht ewiglange Vorreden. Es scheint ja was
Fürchterliches zu sein.“
    „Es ist noch viel schrecklicher“,
meinte Detlef mit fast weinerlicher Stimme. „Du behältst doch für dich, was du
jetzt erfährst.“
    „Ehrensache!“ versprach Hermann.
    „Nun“, fuhr Detlef fort, „wir
beschlossen also, als Brandstifter tätig zu werden. Wir wollten Schnohbuttls
Boots- und Gartenhaus in Schutt und Asche legen. Einen späten Donnerstagabend
wählten wir als Termin. Wir wußten, daß Schnohbuttl in Duisburg war. Um 21.30
Uhr trafen wir uns beim Wirtshaus Kannenbruch. Alle kamen. Auch Heldt. Aber er
hatte die Hosen voll. Ihm sei, sagte er, inzwischen ein Seifensieder aufgegangen.
Was wir vorhätten, gelte als Verbrechen. Brandstiftung mit hohem Sachschaden!
Wahnsinn! Das sei kein schlimmer Streich mehr, sondern kriminell. Kurzum: Er
versuchte mit Worten und Gebärden, uns von dem Vorhaben abzubringen. Ohne
Erfolg. Wir hatten uns in die Idee verrannt. Heute begreife ich mich selbst
nicht mehr.“
    „Ich mich auch nicht“, sagte Jürgen.
    „Ich mich schon“, meinte Theo. „Ich
täte es zwaf nicht wieder. Weil ich mittlerweile gereift bin und menschlich
fortgeschritten. Aber damals wollte und mußte ich’s tun.“
    „Ihr habt also die Hütte
niedergebrannt?“ fragte Hermann bestürzt.
    „Wir drei. Ja“, antwortete Theo. „Heldt
ist nicht mitgekommen. Wir haben 20 Liter Benzin verspritzt, Feuer gelegt und
dann aus sicherer Entfernung voller Schadenfreude zugesehen, wie alles in
Flammen aufging. Dort draußen ist es einsam. Kein Aas war unterwegs. Übrig
blieb ein Aschehaufen. Wir haben uns auf die Schultern geklopft und sind nach
Hause getürmt. Am nächsten Tag kam dann das bittere Erwachen. In der
Mittagszeitung stand’s. Ich dachte, mich trifft der Herzinfarkt. Denn... erzähl
du weiter, Detlef.“
    Der räusperte sich. „Also, unter oder
in der Asche fand man... fand man... Jürgen, sag du’s.“

    „...fand man die Überreste eines...
eines Toten“, sprach Jürgen mit wackliger Stimme aus. „Man kann auch sagen:
eine total verkohlte Leiche. Wie die Polizei später anhand der Zähne, des
Gebißschemas feststellte, handelte es sich um einen 82jährigen, ehemaligen
Stadtgärtner. Er war als Trunkenbold unter seinesgleichen bekannt, lebte wie
ein Penner, hatte keine feste Adresse, sondern schlief unter den Brücken und in
U-Bahnschächten. An jenem Abend war dieser Erich Höllpieper — so hieß er —
irgendwie in das landseitige Gartenhaus eingedrungen. Natürlich stand er bis
zum Hals unter Alkohol. Er ist eingeschlafen — und hat von unserem Feuer nichts
bemerkt. So sehen wir die Sache. Die Kripo sieht es zum Glück anders. Man
vermutet, er habe versucht, mit Benzin ein Feuer zu machen — und dabei ist es
passiert. Oder: Er schlief mit brennender Zigarette ein — und die Bude fing
Feuer. Schnohbuttl hatte dort einige gefüllte Benzinkanister abgestellt. Kein
Wunder also, daß das Feuerwerk riesig wurde.“
    „O Gott!“ murmelte Hermann nach einer
Weile. „Es ist zwar ein Unfall, aber...“ Er sprach nicht weiter.
    Gaby lief es kalt über den Rücken. Sie
atmete flach. Daß die Dämmerung angebrochen war, merkte sie erst jetzt.
    „Anfangs sagtet ihr was von
Erpressung“, erinnerte Hermann.
    „Ja, Erpressung“, bestätigte Detlef.
„Du kannst dir vorstellen. Wir waren völlig fertig. Schuldgefühle haben uns
gemartert. Mehrmals waren wir dicht daran, uns der Polizei zu
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