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Überfall im Hafen

Überfall im Hafen

Titel: Überfall im Hafen
Autoren: Stefan Wolf
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erst... klatsch!“
    „Wird schon klappen“, meinte Tim.
    Sie stiefelten los.
    Ein lauer Windstoß fegte durch die
Herzroder Allee. Er kam von der Stadt her und brachte den ,erquickenden’ Duft
von Fabrikschloten und Kfz-Abgasen mit.
    Früher war’s die Pest, dachte Tim. Aber
die hat die Menschheit nicht ausgerottet. Heutzutage ist man da ganz anders auf
Draht — perfekter mit Giftstoffen und so.
    Zwischen dem Bilk-Grundstück und dem
dritten Anlieger auf jener Straßenseite verlief eine Gasse.
    Sie war geteert und von Zäunen gesäumt.
Unkraut wuchs aus Schlaglöchern. Die Gasse mündete ins Freie — sozusagen auf
versteppte Wiese, die sich hinter den Grundstücken bis zum Wald hinzog.
    „Verdammt heiß“, meinte Klößchen.
„Warum haben wir nicht eine Kanne von Omas eisgekühltem Tee mitgenommen?“
    „Und die restlichen Gebäckstücke“,
sagte Karl, „die deiner Freßgier entkommen sind.“
    „Die nicht. Der Tee hätte genügt.“
    Manchmal ist es mit ihm, dachte Tim,
wie im Kindergarten. Aber als Omas Enkel macht er sich gut.
    Sie erreichten die Bäume. Fichte wuchs
hier an Fichte. Schatten überwog. Nur ab und zu drang ein flacher Sonnenstrahl
durch.
    Tim spähte in den Wald. Weiter hinten
mischten sich Buchen ins Nadelholz. Wege verliefen dort. Weit in der Ferne —
nur dann und wann sichtbar als aufblitzende Signalfarbe — bewegte sich was
Rotes. Jetzt nahm es Gestalt an: ein Jogger — oder eine Joggerin. Dem Tempo
nach eher ein Jogger — vielleicht Platz 30 beim Stadtmarathon.
    Tim entdeckte Büsche. Sie standen nahe
am Zaun. An Weißbergers Zaun, natürlich.
    Dort versteckten sie sich.
    Nur wenige Minuten vergingen. Dann
wurde Tim unruhig.
    „Ich robbe mal an den Latten lang.
Vielleicht sehe ich eine Möglichkeit, daß wir dichter rankommen.“
    Klößchen seufzte. Er lag auf dem Rücken
und lutschte an einem Grashalm.
    Karl schnallte gerade den Gürtel seiner
grünen Leinenhose ein Loch enger. Er trug ein Hemd, das zu 99 Prozent aus
Chemiefaser bestand und ziemlich glatt war. Wenn er nicht aufpaßte, rutschte
die Hose.
    Geduckt lief Tim zum Zaun. Dort ließ er
sich auf Hände und Füße nieder. Den Vierfüßler-Gang hatte er drauf wie eine
Bergeidechse. Das verlangt Geschmeidigkeit und Kraft.
    Er huschte, kaum kniehoch, am Zaun
entlang, spähte in den Garten, zum Haus, zur Terrasse.
    Im nächsten Moment schnellte er hoch,
als hätte er mit beiden Händen auf je einen Igel gegriffen.
    Das zertrümmerte Fenster — stand offen.
    Tim starrte hinüber. Also war der
Einbrecher drin. Oder drin gewesen. Dann... verdammt! Hatten sie den oder die
Täter unterschätzt?
    Er winkte seinen Freunden.
    „Au Backe!“ meinte Klößchen. „Wir
schlürfen Eistee in Omas Salon, und hier wird die Bude ausgeräumt — obwohl wir
gewarnt sind.“
    „Vielleicht ist er noch da“, hoffte
Karl und stieg hinter Tim über den Zaun.
    Ein später Zitronenfalter gaukelte Tim
vor der Nase herum. Kein Laut war zu hören. Totenstille im Haus. Stand der
Einbrecher hinter der Gardine — hielt den Atem an und die Pistole in der Faust?
    Tim preßte sich an die Wand, schob sich
vor bis zum Fensterrahmen, spähte rechtsäugig um die Kante.
    Was er sah, ließ sein Blut erstarren.
    Schränke und Kästen waren aufgerissen.
Viel Inhalt hatte sich auf dem Teppich verstreut.
    Auch ein Wandsafe stand offen. Er war
verborgen gewesen hinter der hölzernen Täfelung.
    Vor dem Safe auf dem Teppich lag —
Eduard Bilk, der unsympathische Quertreiber.
    Er lag reglos, halb auf der Seite,
hatte die Augen geschlossen und drei von allen vieren ausgestreckt. Den rechten
Arm verbarg er unter sich in angewinkelter Haltung.
    Tot? Erschlagen?
    An Bilks Birne, vorn, entwickelte sich
eine bläuliche Beule.

    „Karl“, sagte Tim laut, „renn rüber.
Der Notarzt muß her. Hier hat einer Gehirnerschütterung. Mindestens.“
    Karl warf nur einen Blick über die
Schulter, dann wetzte er los.
    „O weia!“ meinte Klößchen. „Mir
entzieht sich der Durchblick. Ist der nun der Einbrecher — und Werfer der toten
Krähe? Oder wollte Bilk den Einbrecher festhalten.“
    „Wieso festhalten?“ Tim kletterte über
die Fensterbank.
    „Na, Handschuhe hat er an. Vielleicht
dachte er, daß er damit besser greifen kann.“
    „So würde ich das nicht deuten.“ Tim
half seinem dicken Freund herein. Klößchen purzelte fast und hielt sich an der
Gardine fest.
    Bilk trug tatsächlich dünne
Lederhandschuhe. Sein Puls schlug schwach, aber regelmäßig. Er
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