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Ueberfall auf Skytown

Ueberfall auf Skytown

Titel: Ueberfall auf Skytown
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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antwortete Skudder. Er wirkte sehr konzentriert. In seiner Stimme war nicht mehr die Spur von Vorwurf oder Tadel. »Was geht da vor?« »Gib mir eine Minute, und ich sage es dir«, antwortete   Charity. »Ich –« Sie brach ab. Inmitten der Trümmer vor ihr bewegte sich etwas. Sie konnte keine Umrisse erkennen, nur ein rasches Aufflackern von Bewegungen, aber das war alles, was sie brauchte. Der Jet überwand die restliche Distanz mit einem einzigen Satz, kam ruckartig zum Stehen, und Charity sah aus fünfzig Metern Höhe endlich, was wirklich geschah. Ihre Reaktion darauf bestand in einem nicht gerade damenhaften Fluch. »Was ist?« fragte Skudder alarmiert. »Wanzen«, antwortete Charity. »Verdammte Scheiße! Wanzen!« Fünfzig Meter unter ihr tobte ein verzweifelter Kampf. Aus dem Dutzend toter Leuchtpunkte war eine Gruppe zerlumpter Gestalten geworden, Männer, Frauen und Kinder, die selbst aus fünfzig Metern Höhe einen erbärmlichen Eindruck machten. Die Gruppe hatte sich, so gut es ging, in einer Ruine verschanzt und wehrte sich mit Stöcken, Knüppeln und Eisenstangen gegen irgend etwas, das Charity aus der Höhe nur als weißes Gewusel erkennen konnte. Mehr war aber auch nicht nötig. Sie wußte nur zu gut, was sie vor sich hatte. »Bleib, wo du bist«, sagte Skudder. »Ich schicke ein SWAT-Team. Sie sind in drei Minuten da!« »So lange kann ich nicht warten«, antwortete Charity. »Beweg deinen Hintern hierher. Ich gehe auf Wanzenjagd. Ende und aus.« »Aber –« Charity schaltete den Monitor ab. Sie konnte keine drei Minuten warten. Nicht mal eine. Die Lage unter ihr spitzte sich zu. Die Wanzen überrannten die verkohlten Mauerreste ohne die geringste Mühe und fielen über das Dutzend Männer und Frauen her. Die Verteidiger wehrten sich mit verbissener Wut und einem Geschick, das Charity erkennen ließ, daß sie es nicht zum ersten Mal mit diesen Kreaturen zu tun hatten. Doch am Ausgang des Kampfes bestand trotzdem nicht der geringste Zweifel. Die Übermacht war einfach zu groß, und die Wanzen kämpften mit der mechanischen Gnadenlosigkeit von Insekten, die weder Schmerzen noch Furcht kannten. Charitys Gedanken überschlugen sich, während der Jet wie ein Stein in die Tiefe stürzte. Das Problem bestand darin, daß sie nicht allzuviel unternehmen konnte. Der Jet verfügte über genügend Feuerkraft, um einen kleinen Mond einzuäschern, aber ihre Bordwaffen nutzten Charity gar nichts. Sie hätte die beiden kleinen Laser eng genug fokussieren können, um gezielte Einzelschüsse auf die Wanzen abzugeben, ohne jedes Leben im Umkreis von fünfzig Metern auszulöschen, aber dazu reichte die Zeit einfach nicht. Selbst wenn sie dem Computer diese Aufgabe übertrug, würde es Minuten dauern, um auch nur die Hälfte der Biester zu erledigen. Sie konnte nur eines tun. Skudder würde der Schlag treffen, wenn er ihr Manöver an seinen Kontrollen verfolgte, aber das war jetzt egal. Es ging um ein Dutzend Menschenleben. Der Jet stürzte weiter in die Tiefe. Charity sah, wie die Köpfe einiger Männer und Frauen im letzten Moment herumruckten und sich ein Ausdruck verblüfften Entsetzens auf ihren Gesichter ausbreitete, als sie das heulende Ungeheuer wie einen aus der Bahn geworfenen Mond auf sich herabstürzen sahen. Dann traf die Säule komprimierter Luft, die das Schiff vor sich herschob, mit der Gewalt eines Hammerschlages auf den Boden. Menschen, Wanzen, Steine und Staub wurden in die Höhe geschleudert und davongewirbelt, und für eine oder zwei Sekunden konnte Charity rein gar nichts mehr erkennen. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß die Notfallautomatik das Schiff abfangen würde, bevor sie sich selbst eine halbe Meile tief in den Boden rammte, löste mit der linken Hand den Sicherheitsgurt und hämmerte die andere auf einen großen, sechseckigen Schalter unmittelbar vor sich. Alles geschah gleichzeitig. Der Jet kam mit einem so brutalen Ruck zum Stehen, daß Charity trotz der Trägheitsdämpfer aus dem Sitz gerissen und gegen das Pult geschleudert wurde, und eine zweite, womöglich noch heftigere Druckwelle fegte über den Boden. Gleichzeitig flammten Staub, Trümmerstücke und davongeschleuderte Wanzen entlang einer perfekten Kreislinie rings um das Schiff herum auf. Für einen winzigen Moment schien die Ruine unter einer giftgrünen, leuchtenden Halbkugel zu verschwinden, aus der immer wieder Blitze und grelle Flammen schlugen. Charity rappelte sich mühsam hoch und warf
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