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Ueberdosis

Ueberdosis

Titel: Ueberdosis
Autoren: Thomas Ziegler
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grausam …«
    »Es klingt bestimmt grausam.«
    »… aber so ist das Leben.«
    »Meins nicht.«
    Der Grieche gestikulierte. »Du bist ein Idiot, Markesch!«
    »Ich bin durstig.« Markesch reichte ihm das leere Glas. »Habe ich noch Kredit?«
    »Malaka!« fluchte der Grieche. »Natürlich hast du Kredit! Du bist mein Freund. Du hast so lange Kredit, bis du mich ruiniert hast. Katalawes?«
    Er verschwand hinter der Theke, und Markesch beschäftigte sich wieder mit der einsamen Blondine. Sie blätterte lustlos in einer der Zeitschriften, die neben der Tür auslagen, und im Profil erinnerte ihr Gesicht an das einer altägyptischen Statue, die Markesch irgendwo einmal gesehen hatte. Vielleicht hieß sie ebensowenig Regina wie der Grieche Archimedes hieß; vielleicht hieß sie in Wirklichkeit Nofretete.
    Markesch schnitt eine Grimasse.
    Der Grieche stellte ihm einen dreifachen Whisky auf den Tisch und ging dann mit ausgebreiteten Armen einer Gruppe Studentinnen im Alternativ-Look entgegen, die vor dem Regen ins Café flüchteten. In ihren Schlabberpullovern, Latzhosen und Jeans wirkten sie wie neudeutsche Gartenzwerge; vor allem, wenn man sie mit der Blondinen verglich, und Markesch sah keinen Grund, warum er auf den Vergleich verzichten sollte.
    Er seufzte und nippte an seinem Scotch.
    Archimedes’ Worte gingen ihm nicht aus dem Sinn. Natürlich hatte der Grieche recht. Der Software-Fall gehörte der Vergangenheit an. Daß es ihm gelungen war, den betrügerischen EDV-Chef der Unidata daran zu hindern, neu entwickelte Computerprogramme im Wert von 20 Millionen D-Mark an die Konkurrenz zu verkaufen, hatte ihm viel Publizität eingebracht und ihn ermutigt, sich selbständig zu machen. Jetzt war er selbständig, aber ihm fehlten die Aufträge. Das lukrative Geschäft mit der Spionageabwehr in der Industrie machten die großen Agenturen; für Ein-Mann-Unternehmen wie ihn blieben nur die eifersüchtigen Irren übrig, die ihre Ehefrauen überwachen lassen wollten.
    Markesch seufzte wieder und sah mürrisch in sein Whiskyglas.
    Ich sollte den Beruf wechseln, dachte er. Sterbehelfer werden, oder Fernheiler. Fernheiler wäre der ideale Job für mich. Ich sehe schon mein Firmenschild vor mir: Magus Markesch – Fernheilen, Gesundbeten, Abbuchen – die Heilung beginnt mit der ersten Abbuchung von Ihrem Girokonto.
    Er grinste.
    »Markesch? Sie sind doch Markesch, nicht wahr?«
    Er blickte auf.
    Die Frau war in diesem Café in etwa so fehl am Platz wie ein Pfau in einem Hühnerstall. Auf den ersten Blick wirkte sie wie Ende Dreißig, doch sie schien wesentlich älter zu sein, fünfundvierzig oder fünfzig. Vielleicht hatte sie eine geniale Privatkosmetikerin; oder sie hatte sich liften lassen. Ihr glitzernder Schmuck – die Ohrringe, die Halskette, das diamantbesetzte Armband und die Brillantringe an ihren Fingern – entsprach in seinem Wert schätzungsweise einer privaten Schönheitsklinik. Und wenn das Kleid unter ihrem Nerz nicht das Exklusivmodell eines der teuersten französischen Modeschöpfer war, wollte Markesch tatsächlich seinen Job als Privatdetektiv an den Nagel hängen und Fernheiler werden.
    Sie war nicht groß, knapp einen Meter sechzig, aber ihre Haltung war königlich und ließ sogar die Blondine mit dem altägyptischen Profil und den langen Beinen auf wohlverdientes Mittelmaß schrumpfen. Ihr schmales, dezent geschminktes Gesicht war von herber Schönheit, ihr Haar kunstvoll frisiert, dunkel, mit einem metallicblauen Schimmer.
    Nur ihre Augen gefielen Markesch nicht.
    Es waren die Augen einer Frau, die gewohnt war, mit ihrem Geld alles kaufen zu können – Schmuck, Luxuslimousinen, Villen, Menschen.
    Aus den Augenwinkeln sah Markesch hinaus in den sintflutartigen Regen. Wie er erwartet hatte, parkte am Straßenrand unmittelbar vor dem Café eine schwarzlackierte Mercedeslimousine. Hinter dem beschlagenen Seitenfenster waren die verschwommenen Umrisse eines Mannes zu erkennen. Zweifellos ihr Chauffeur.
    »Ich bin Markesch«, bestätigte er. »Nehmen Sie Platz.«
    Die Frau setzte sich. Ihr Gesicht war ausdruckslos, nur ihre Augen lebten und taxierten ihn mit der Wärme eines Eiswürfels.
    »Mein Name ist Maaßen«, sagte sie. »Elvira Maaßen.«
    Sie schien auf eine Reaktion zu warten, als hätte ihr Name den gleichen Klang wie Rockefeller oder Krupp, und als er schwieg und lediglich knapp nickte, fügte sie hinzu: »Mir gehört die Maaßen-Pharma-AG.«
    Ihr Tonfall war ein wenig gereizt.
    Markesch runzelte die
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