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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper
Autoren: Edgar Noske
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Kreuzung ünd über die
dazugehörige Kuppe. Der Jaguar hob ab. Wie der Auslauf einer
Sprungschanze lag die Weyersberger Straße unter Max.
Neujahrsspringen im September. Da unten fuhr Arno.
    Die Landung war
fürchterlich. Die Karosse krachte auf's Pflaster, wie man es
von TV-Verfolgungsjagden in San Francisco kennt. Max' Rückgrat
wurde zusammengestaucht, daß er jaulte. Aber der Wagen blieb
auf Kurs, obwohl das Lenkrad seltsam schief
stand.      
    Am Turmzentrum vorbei
bergauf. Blöde Kurven. Zweimal über die Bordsteinkante.
Und schon wieder ein Opel-Bonsmann, wie gegenüber vom
Getaway.
    Die Innenstadt war
hell erleuchtet. Grüne, gelbe, rote Ampeln. Einerlei. Autos,
Busse, Fußgänger. Max umkurvte alle. Er fuhr wie im
Rausch.
    Rechts herum.
Ufergarten. Entenpfuhl. Werwolf. Schützenstraße. Leicht
bergauf. Arnos Vorsprung schrumpfte wieder. Schrumpfte mehr und
mehr. Schließlich betrug er kaum noch zwanzig
Meter.
    »Gleich bist du
dran!« schrie Max.
    Irrtum. Arno hielt den
Vorsprung, baute ihn sogar wieder aus. Die
Schützenstraße näherte sich ihrem Ende. Gleich
würde die Entscheidung fallen. Richtung Remscheid oder Burg.
Egal.
    Entweder fehlte Arno
die Ortskenntnis oder er war einfach zu schnell. Er schaffte weder
den Linksabbieger nach Remscheid noch den Rechtsknick nach Burg.
Wild auf dem Motorrad herumturnend konnte er mit Ach und Krach
einen Besuch im Restaurant Olympia vermeiden und schoß in die
Schaberger Straße. Max raste hinterher, was einem am
Straßenrand geparkten Golf die Zierleisten und den
Rückspiegel kostete.
    Die Straße fiel
ab und wurde schmaler. Arno wurde langsamer. Max auch. Eine
einspurige Brücke. Neunzig Grad rechts, sehr eng. Der Jaguar
kam fast zum Stehen. Kurz bergab. Rechts der Bahnhof
Schaberg.
    Und plötzlich
schmierte die Yamaha ohne ersichtlichen Grund weg und schlidderte
funkensprühend gegen einen postgelben Passat Kombi, der in der
Zufahrt zum Café Merlin stand. Max trat voll auf die Bremse.
Wählhebel auf P wie Pause. Tür auf und raus.
    Aber da war Arno schon
wieder auf den Beinen und zwängte sich durch die Hecke, die
die Bahnstrecke von der Straße trennte. Max spurtete
hinterher und blieb im Gestrüpp hängen. Er fluchte und
riß sich los. Als er endlich zwischen den Gleisen stand,
hatte Arno fast fünfzig Meter Vorsprung
herausgelaufen. 
    »Okay«,
sagte Max und setzte sich in Bewegung. »Du bist vielleicht
der bessere Sprinter, aber auf Distanz hab ich dich noch immer
geschlagen.«
    Nach wenigen Metern
hatte Max seinen Rhythmus gefunden. Etwas kürzere Schritte als
gewohnt, aber so konnte er sich immer mit dem rechten Bein auf den
Schwellen abstoßen. Sah ein bißchen seltsam aus, war
aber effektiv. Jedenfalls effektiver als Arnos Laufstil, zumal der
sich auch noch ständig umblickte.
    Meter um Meter
verkürzte Max die Distanz.

35
    Die Müngstener
Brücke.
    Wie Arno wechselte Max
nach außen ans Geländer. Die Stahlplatten dröhnten
unter seinen Stiefeln.
    Gleichmäßig
atmen, sagte Max sich, gleichmäßig atmen.
    Es fiel ihm zunehmend
schwerer. Aber auch Arno hatte zu kämpfen. Belastete mal mehr
das eine Bein, dann das andere. In immer kürzeren Wechseln.
Schließlich griff sich Arno in die Seite. Er trabte noch bis
zur Mitte der Brücke, dann ging auch das nicht
mehr.
    Max ging in den
Endspurt. Noch fünfundzwanzig Meter. Noch zwanzig. Noch
fünfzehn.
    Arno drehte sich um,
riß den rechten Arm senkrecht hoch und brüllte etwas,
das Max nicht verstand. Dann krachte ein Schuß in die Luft.
Max bremste so heftig ab, daß er beinahe stürzte. Keine
zehn Meter trennten sie voneinander.
    »Komm nicht
näher!« schrie Arno stoßweise. »Sonst knall
ich dich ab!«
    Max beugte den
Oberkörper vor, stützte die Hände auf die brennenden
Oberschenkel, behielt Arno aber im Auge. Arno lehnte mit dem
Gesäß am Geländer. Keuchte. Spuckte aus.
    Max richtete sich
langsam wieder auf.
    »Keinen Schritt
weiter!« schrie Arno und zielte auf Max.
    Max hob abwehrend die
Hände. »Was soll das, Arno? Leg die Knarre
weg.«
    Arno japste.
»Ich hab nichts mehr zu verlieren.«
    »Nur dein
Leben«, sagte Max.
    »Mein
Leben?« Arno lachte. »Das ist doch eh
verpfuscht!«
    Max machte einen
winzigen Schritt auf ihn zu. »Warum hast du Tanja
umgebracht?«
    Arnos Geste konnte
alles bedeuten. In erster Linie wohl Verzweiflung. »Das war
ein Unfall. Einfach ein beschissener Unfall.«
    »Ein Unfall? Du
hast ihr ein Messer ins Herz gestoßen.«
    »Trotzdem war's
ein Unfall. Ich wollte
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