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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper
Autoren: Edgar Noske
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schüttelte
fassungslos den Kopf. »Du hast einen Informanten in der
Bank?«
    »Informationen
sind alles, Leute«, sagte König.
    »Ich will sofort
wissen, was mit unserer Kohle ist!« brüllte Chico,
daß Arno, der neben ihm saß, zusammenfuhr und sein
Bierglas umwarf.
    Max sagte nichts,
starrte bloß vor sich hin.
    »Bist du
taub?« schrie Chico.
    »Der Tip war
narrensicher«, leierte Max mit leerem Gesicht. »Pornos
in die Türkei schmuggeln. Ich hätte unsere Rücklage
glatt verfünffacht. Eine einmalige Chance.«
    »Und was ist
schiefgelaufen?« fragte Chico.
    »Wir sind an der
Grenze aufgeschissen«, murmelte Max. »Die haben unseren
Wagen komplett auseinandergenommen.«
    »Tja«,
sagte König. »Wenn man zu blöd ist, sollte man

    »Halt's Maul,
Theo«, knurrte Curd. »Sonst kracht's.«
    Eine Runde Schweigen.
Selbst Finko, der Chicos Schnipsel aufsammelte und mit einem Lappen
die Sauerei aufwischte, die Arno veranstaltet hatte,
unterließ die übliche Strafpredigt.
    Irgendwann stand Max
auf und ging zum Tresen. Finko zapfte gerade die zweite
Runde.
    »Kannst du mir
ein Taxi rufen und mir einen Zwanziger vorstrecken?« fragte
Max.
    Finko schüttelte
die Mähne. »Sorry, Max, bin selber klamm. Aber hinter
dem Haus steht 'ne Velosolex. Die hab ich als Pfand für 'nen
Deckel genommen. Ist sogar vollgetankt. Wenn du willst, kannst du
das Ding geliehen haben. Eilt auch nicht mit der
Rückgabe.« Er zwinkerte, »'ne Mopedfahrt bei dem
Wetterchen wird dir gut
tun.«      
    Max nickte stumm und
verließ das Crazy, ohne die anderen noch einmal
anzusehen.

7
    Wo die Wälder
noch rauschen …
    Die Solex rauchte
eher. Aber je weiter Max sich von der Bundesstraße entfernte,
desto hartnäckiger drängte sich die alte Hymne des
Bergischen in seinen Gedankenfluß.
    Er begann die
gemächliche Fahrt zu genießen. Links die Rattenburg.
Schwarzer Schiefer, grüne Schlagläden, weiße
Fensterrahmen. Die Nationalfarben seiner Heimat. Das sanfte
Gefälle nach Buchholzen. Die spätsommerliche Palette der
Landschaft übermalte Strich für Strich die harschen
Grautöne der letzten Tage. Es stimmte. Dieses Land war
schön.
    Max' nervöse
Erschöpfung ließ nach. Während Wiesen, Höfe
und Hecken vorbeiglitten, versuchte er sich an einer passenden
Instrumentierung des Heimatlieds.
    … die
Bächlein noch murmeln im blutigen Hain.
    Blutiger
Hain!
    Die Solex schleuderte
auf dem Rollsplitt in einer scharfen Linkskurve. Mit einer
artistischen Einlage brachte Max sie wieder unter
Kontrolle.
    So leicht ließ
sich der Alptraum nicht abschütteln. Er lag weiter auf der
Lauer.
    Max zwang sich, den
Spuk abzustreifen. Er schaltete einfach alle Knöpfe auf null,
ließ Bilder und Töne eindringen und unverformt durch
sein Bewußtsein ziehen. Der filigrane Käfig aus Licht
und Schatten in dem kleinen Wäldchen bei Well, das milde Auf
und Ab der Hügel. Der Eifgenbach murmelte Zuspruch, als Max
ihn überquerte.
    Bei Habenichts
stieß Max auf die Landstraße nach Dabringhausen. Die
Solex kroch. Erst jetzt merkte er, wie müde er eigentlich
war.
    Hinter Stumpf
verließ Max die Landstraße und rollte zwischen den
Viehzäunen zu seinem Hof in Höhe. Als er in die kleine
Stichstraße einbog, sah er Irmgards wildbemalten Skoda im
schrägen Licht der späten Sonne aufleuchten.
    Und noch etwas
leuchtete auf. Der verchromte Kühlergrill eines alten
Mercedes.
    *
    Als Max auf den Hof
tuckerte, saß er da.
    Der Mann hatte sich
einen der Gartenstühle gegriffen und neben der Haustür
plaziert. Er schien dort schon länger zu sitzen, und es schien
ihm nichts auszumachen.
    Max ließ die
Solex ausstottern, stieg ab und lehnte das Mofa an die
Hauswand.
    »Tag«,
sagte Max. »Wollen Sie zu mir?«
    Der Mann
lächelte. »Einen schönen guten Tag, Herr
Hellenrath. Das ist aber eine schöne Maschine.
Ihre?«
    Max sah sich den
Unbekannten genauer an. Graue ausgelatschte Slipper, Frotteesocken,
darüber viel Männerbein. Eine fleckige Trevirahose aus
der Racke-Rauchzart-Ära. Kariertes Sommerhemd mit kurzem Arm,
Feincordweste und ein zu kleiner Pepitahut auf dem roten Kopf. Der
Kerl sah aus wie ein Hausmeister. Allerdings Hausmeister im
Olympiastützpunkt der Gewichtheber. Der, der die Hanteln
wegräumt, wenn die Recken müde sind.
    »Sind Sie
Mofasammler?« fragte Max.
    Das amüsierte den
Mann, und er ließ ein meckerndes Lachen ab.
    »Weniger«,
sagte der Mann und sah auf einmal gar nicht mehr komisch aus.
»Ich komme mit leeren Händen und ich hoffe, Sie sind
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