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Ueber die Wupper

Ueber die Wupper

Titel: Ueber die Wupper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Noske
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die
Hausnummer 16 direkt unterhalb des Kiosk an. Werner stand auf dem
zweiten Schild der linken Reihe. Max hatte den Finger kaum vom
Klingelknopf genommen, als schon der Summer
ertönte.
    Das Treppenhaus voller
Küchendünste. Im ersten Stock stand eine Wohnungstür
offen.
    Max räusperte
sich. »Hallo?«
    Keine Antwort.
Dafür klirrte Geschirr in der Wohnung.
    Max trat ein, umkurvte
eine Sammlung leerer Schnapsflaschen vor der Garderobe und warf
einen Blick in das erste Zimmer zur Rechten. Das Wohnzimmer. Auf
dem Sofa lag eine Frau undefinierbaren Alters und schnarchte. Die
Wolldecke, mit der sie zugedeckt war, war hochgerutscht und gab
Nylons mit Laufmaschen preis. Auf dem Tisch stand ein proppenvoller
Aschenbecher. Daneben ein Wasserglas und eine halbvolle Flasche
Chantre. Nachschub für die Sammlung.
    Eine Tür weiter
war die Küche. Ein in Dampfschwaden gehülltes
Mädchen goß Kartoffeln ab.
    »Essen ist
gleich fertig«, rief sie, ohne aufzublicken.
    »Entschuldigung«,
sagte Max.
    Das Mädchen hob
den Kopf, und Max traf beinahe der Schlag. Tanja. Nur jünger.
Zwei, vielleicht drei Jahre.
    »Wer sind
Sie?« Das Mädchen schien genauso irritiert.
    »Ich heiße
Max. Die Tür stand offen.«
    »Hans…
Mein Vater kommt gleich zum Essen. Deshalb.« Das Mädchen
stellte den Topf ab. »Wollen Sie zu ihm?«
    »Ich wollte
deine Eltern sprechen, ja.«
    Plötzlich wurden
die Augen des Mädchens schmal, und sie sagte: »Sie sind
der Sänger von Bombay Black, nicht wahr?«
    »Und du bist
Tanjas Schwester?«
    »Ja«,
sagte das Mädchen. »Ich heiß Sonja. Was wollen Sie
von meinen Eltern?«
    »Es geht um
Tanja. Ich brauch nur ein paar Antworten. Ich will herausfinden,
wer sie … « Max zögerte.
    »Wer sie
umgebracht hat?« fragte Sonja.
    »Ja. Genau
das.«
    »Ich dachte, man
hätte Sie verhaftet.«
    »Das war ein
Irrtum«, sagte Max, und dann mit Nachdruck: »Ich war es
nicht.«
    Sonja blickte zu
Boden, irgendwo zwischen Max und sich. Aber da war nichts
außer dem Linoleum.
    Da sie nichts sagte,
redete Max. »Es tut mir leid, was mit deiner Schwester
passiert ist. Wirklich.«
    Sie hob den Kopf. Ein
Funkeln in ihren Augen, dann zogen zwei Tränen Spuren
über ihre Wangen.
    »Meine Mutter
ist krank.« Sonja zog die Nase hoch. »Und Hans ist noch
auf der Arbeit. Außerdem glaube ich nicht, daß er Sie
sehen will.«
    »Ich würde
es trotzdem gerne versuchen«, sagte Max. »Ich
weiß nicht, wo ich sonst anfangen soll.«
    »Tanja ist
tot«, sagte Sonja, und es klang trotzig. »Ist doch
egal, wer es getan hat.«
    »Nein«,
sagte Max. »Das ist es nicht.«
    Sonja zog ein
Taschentuch aus ihrer Jeans und putzte sich die Nase. Nachdem sie
es wieder verstaut hatte, sagte sie plötzlich: »Hattest
du was mit ihr?«
    Unwillkürlich
mußte Max lächeln. »Nein. Wir kannten uns gerade
mal ein paar Stunden.«
    Sonja runzelte die
Stirn. »Dann wart ihr nicht die ganze Zeit
zusammen?«
    »Welche
Zeit?«
    »Seit sie
… « Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht.
»Tanja ist Samstag abgehauen. Ich dachte, sie sei mit euch
rumgezogen.«
    »Wie kommst du
darauf?«
    »Die Zeitung.
Ich hab das so verstanden.«
    »Nein«,
sagte Max. »Wir haben sie Dienstag beim Trampen auf gelesen.
In Sträßchen.«
    Sonja reckte sich und
tastete auf dem Hängeschrank herum. Schließlich fand sie
ein Päckchen Lord Extra und nahm eine Zigarette
heraus.
    Max zog sein
Sturmfeuerzeug aus der Lederjacke. Während Sonja inhalierte,
fragte er: »Warum ist Tanja abgehauen?«
    Sonja schloß das
Fenster, das auf Kippe stand, und öffnete es dann richtig. Der
Rauch wehte nach draußen. »Es gab mal wieder Krach,
weil sie zu spät nach Hause kam. Nachts um zwei oder so. Hans
kann das nicht ab. Er hat rumgebrüllt und ihr eine geklatscht.
Sie hat dann die halbe Nacht geheult.«
    »Und du hast
keine Ahnung, wohin sie am Samstag gegangen ist?«
    »Nein. Keine
Ahnung.«
    »Was ist mit
deinen Eltern?«
    »Hans war
stinksauer.« Sonja mußte husten. »Das ganze
Wochenende ist er rumgefahren und hat sie gesucht. Ich hab noch
gedacht, was ein Glück für dich, Schwesterchen, daß
er dich nicht gefunden hat.« Ihre Stimme brach weg, wie ein
dünner Ast.
    »War er bei den
Bullen?« Max versuchte, nicht zu ungeduldig zu
wirken.
    »Nein.«
Sonja lächelte beinahe. »Bei denen war er
nicht.«
    »Hatte Tanja
einen Freund? Oder eine Freundin? Irgendwo muß sie ja
übernachtet haben.«
    »Mit Henning hat
sie vor zwei Wochen Schluß gemacht«, sagte Sonja.
»Aber vielleicht war sie bei

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