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Ueber Deutschland

Titel: Ueber Deutschland
Autoren: Germaine de Staël
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weißer Pappen zu verwandeln, auf welchen keine Spur menschlicher Vernunft mehr sichtbar war. Der innere Werth dieser Pappen, der auf zwanzig Louisd'or abgeschätzt wurde, ist die einzige Entschädigung, die mein Verleger von dem General-Minister erhalten hat.
    In dem nämlichen Augenblick, wo man mein Buch in Paris vernichtete, empfing ich auf meinem Landsitze einen Befehl, die Abschrift auszuhändigen, nach welcher der Abdruck erfolgt war und Frankreich binnen 24 Stunden zu verlassen. Man muß ein Conscribirter seyn, um sich in 24 Stunden reisefertig machen zu können, ich schrieb deshalb an den Polizeiminister, daß ich 8 Tage brauche, um Geld und meinen Wagen kommen zu lassen. Hier seine Antwort.
     
    Allgemeine Polizei.
Cabinet des Ministers.
    Paris den 3ten Oktober 1810.
    „Madame! Ich habe den Brief erhalten, den Sie mir die Ehre erzeigt, an mich zu richten. Ihr Herr Sohn wird Ihnen angezeigt haben, daß ich kein Bedenken dabei finde, Ihnen einen Aufschub Ihrer Reise auf 7 – 8 Tage zu bewilligen; ich wünsche, daß er zu den Einrichtungen, die Sie noch zu treffen haben, hinreichen möge, denn, ihn weiter auszudehnen, bin ich außer Stande.
    Es wäre ein Irrthum. wenn Sie den Grund des Befehls, den ich Ihnen ertheilt habe, in dem Stillschweigen, mit welchem Sie in Ihrem letzten Werke den Kaiser übergangen haben, suchen wollten; für ihn ist kein würdiger Platz darin; Ihr Exil ist nur die natürliche Folge der Richtung, die Sie seit einigen Jahren genommen und ausdauernd verfolgt haben. Es ist mir vorgekommen, als ob Ihnen die Luft unsers Landes nicht mehr bekäme; mit uns ist es aber noch nicht so weit gekommen, daß wir Vorbilder unter den Völkern suchen sollten, die Sie bewundern.
    Ihr letztes Werk ist kein Französisches, ich habe dessen Druck verhindert. Ich bedaure den dadurch für den Verleger entspringenden Verlust, aber mir ist es nicht möglich, es erscheinen zu lassen.
    Sie wissen, Madame, daß es Ihnen nur erlaubt wurde, Coppet zu verlassen, weil sie den Wunsch äußerten, nach Amerika zu gehen. Wenn mein Vorgänger Ihnen verstattet hat, im Departement Loir et Cher zu wohnen, so durften Sie aus dieser Duldung keine Veranlassung nehmen, die früher Ihretwegen gemachten Festsetzungen als aufgehoben zu betrachten. Jetzt aber nöthigen Sie mich, sie strenge in Ausübung zu bringen, und Sie können die Schuld deshalb nur sich allein beimessen.
    Ich befehle Herrn Corbigny [Präfekt von Loir und Cher.]  genau auf Vollziehung der ihm ertheilten Ordre zu halten, wenn der Ihnen bewilligte Aufschub abgelaufen seyn wird.
    Sehr bedaure ich, Madame, daß Sie mich in die Nothwendigkeit gesetzt haben, meinen Briefwechsel mit Ihnen durch eine Maaßregel der Strenge zu eröffnen; es wäre mir viel angenehmer gewesen, wenn ich Ihnen nur Beweise der hohen Achtung hätte geben dürfen, mit welcher ich die Ehre habe zu seyn,
    Madame,
Ihr ergebenster und gehorsamster Diener,
gez. der Herzog v. Rovigo.“
    An
Frau v. Stael.
    N. S. „Ich habe meine Gründe, Madame, Ihnen die Häfen von L'Orient, La Rochelle, Bordeaux und Rochefort als die einzigen zu bezeichnen, in welchen Sie sich einschiffen dürfen, und fordere Sie auf, mir denjenigen von ihnen anzuzeigen, den Sie gewählt haben“.  [Der Zweck dieser Nachschrift war, mir die Häfen des Canals zu untersagen.]
      ————————
    Ich werde diesem, wie es mir scheint, schon an und für sich hinlänglich merkwürdigen, Briefe noch einige Bemerkungen hinzufügen.
    Es hat mir geschienen, sagt der General Savary, als ob die Luft dieses Landes Ihnen nicht mehr bekäme; welche zarte Weise, einer Frau, damals ach! noch Mutter von drei Kindern, der Tochter eines Mannes, der Frankreich mit solcher Treue gedient, anzuzeigen, daß man sie auf immer aus ihrem Vaterlande verbanne, ohne ihr zu gestatten, auf irgend eine Art gegen eine Strafe Einwendungen zu machen, die jeder nach der Todesstrafe die härteste nennt. Es giebt ein französisches Vaudeville, in welchem ein Gerichtsdiener seine Höflichkeit gegen die, welche er ins Gefängniß führt, mit den Worten herausstreicht:
    M ich liebet jedermann, den zum Verhaft ich bringe,
    – ich weiß nicht, ob der General Savary Aehnliches beabsichtigt hat.
    Er sagt ferner: dahin ist es noch nicht mit uns gekommen, daß wir die Völker zu Vorbildern wählen sollten, die ich bewundere; diese Völker sind zunächst die Engländer und dann, in mehrerer Hinsicht, die Deutschen. Bei alle dem glaube ich, daß man mir eben nicht
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