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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1
Autoren: Sigrid Lenz
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scheinen, ein Enigma." Er schüttelte sein Haar. "Siehst du das? Ein Mittelding aus Schamane und Hardrocker. Ich konnte mich nie wirklich entscheiden."
    Er zuckte mit den Schultern. "Wie auch immer. Aber nun ist die Katze wohl aus dem Sack."
    Er drehte sich zu Vincent, sah ihm in die Augen. "War dir doch auch klar, dass ich dich nicht zur Hausbesichtigung mitgenommen habe. Und dass es mir ziemlich egal ist, was du zu diesem Gebäude beitragen kannst."
    "Was?" Vincent kam sich selbst unglaublich unsagbar dämlich vor. Hauptsächlich, da er immer noch nicht begriff, worauf der andere hinauswollte. Vielmehr, er wollte es nicht begreifen. Unmöglich, dass er das, was der andere andeutete, auf dem richtigen Ohr hörte und auf die richtige Art verstand. Also beschloss er, sich ein weiteres Mal zu räuspern, bevor er auf seine Füße sah.
    "Zurück zum Thema", murmelte er schließlich. "Ich meine, zurück zu dem ... den Bauvorhaben ... oder Reparaturen?" Er verhaspelte sich, verstummte schließlich. Schweiß lief ihm immer noch den Rücken herab und seine Kehle war ausgetrocknet.
    Eduard nickte, wirkte auf einmal seinerseits amüsiert, was Vincents neu erwachende Verlegenheit steigerte. So langsam fühlte es sich an, als seien sie dabei, die Rollen zu tauschen.
    "Ja." Eduard sah ihn immer noch an. Vincent spürte dessen Augen auf sich gerichtet. Zögernd, fast widerstrebend blickte er auf.
    Eduard lächelte, und trug doch immer noch diesen Hauch von Unsicherheit in seinem Blick, der ihn noch attraktiver erscheinen ließ. Aber das Lächeln war echt, erreichte seine Augen, zeichnete kleine Fältchen in die Winkel. Vincent fragte sich, ob er die berühren durfte, sah rasch zur Seite.
    "Was ist los?" Eduard klang verwirrt, räusperte sich seinerseits. "Ich meine, ich wollte nichts implizieren. Also ich weiß ja nicht. Also nicht wirklich ..."
    Er verstummte und Vincent gratulierte sich dafür, nicht der Einzige zu sein, dem die Worte ausgingen oder dem die Fähigkeit, ganze Sätze zu bilden entschwand.
    "Was das Haus angeht ..." Er verstummte wieder. Dazu war doch alles gesagt. Und selbst wenn sein Gehirn nicht zu Mus geworden wäre, gäbe es nichts hinzuzufügen.
    "Normalerweise mache ich sowas nicht", sagte Eduard. "Also, es fällt mir nicht ein, Gäste mitzunehmen. Hierhin oder woanders." Als Vincent zurückblickte, rieb Eduard sich beide Schläfen, sah ihn entschuldigend an. "Das wird nicht einmal gerne gesehen. Besser gesagt, ist nur in Ausnahmefällen gestattet. Und eigentlich fällt mir beileibe nicht ein, ein solches Risiko einzugehen. Es ist nur, in diesem Fall konnte ich nicht anders."
    Er schluckte, Vincent beobachtete die Bewegung im Hals, das Schlüsselbein, das unter dem offenen Kragen sichtbar war, schluckte seinerseits.
    Eduard fuhr sich durch sein Haar, strich es zurück, ließ es wieder nach vorne fallen und biss sich auf die Unterlippe. "Es klingt dämlich", gab er zu. "Aber ich wusste ja nicht, wann du abreißt. Du könntest jeden Augenblick deine Koffer packen, oder die längst gepackt haben. Das konnte - wollte ich nicht riskieren."
    "Warum nicht?" Vincents Stimme klang belegt, er spürte den Kloß in seinem Hals. "Du kennst mich gar nicht. Ich bin ein wirklich unangenehmer Zeitgenosse. Ständig miesepetrig, ständig bereit, mich zu beklagen. Nichts passt mir und an allem habe ich etwas auszusetzen." Er seufzte. "Sieh dir das hier an. Da stelle ich mir jahrelang einen Urlaub in der Karibik vor, freue mich darauf, und anstatt ihn zu genießen, sehe ich nur die Schattenseiten." Er atmete aus. "Ehrlich. Es ist ein Trauerspiel. Niemand hält es mit einem wie mir aus. Der nie das Gute sehen kann, nie loslassen."
    Eduard sah ihn nur an, ernst. Dann ging er einen Schritt auf ihn zu, nickte. "Nur weiter", sagte er. "Zähle mir noch mehr Argumente auf."
    "Was?" Vincent blinzelte verwirrt und Eduard legte den Kopf schief, nickte erneut. "Das meine ich ernst", sagte er. "Ich brauche mehr. Bis jetzt bin ich nicht überzeugt." Er ging einen Schritt auf Vincent zu, blieb nah vor ihm stehen, legte ihm die Hand an die Wange. Vincent stand erstarrt, regte sich auch nicht, als Eduard sich zu ihm beugte. "Sprich nur", fuhr er fort. "Rede es mir aus. Du warst gerade dabei zu erzählen, wie unausstehlich du bist. Was ich als hochinteressant empfinde. Vor allem, weil ich dich einfach hinreißend finde."
    "Mich?" Seine Stimme klang unnatürlich hoch, er quietschte fast vor Schreck, biss sich auf die Zunge.
    "Aber sicher", nickte
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