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Typisch Mädchen

Typisch Mädchen

Titel: Typisch Mädchen
Autoren: Marianne Grabrucker
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weibliche dieser patriarchalischen Gesellschaft. Sie machen sich also auf die Suche mit ihren kleinen Töchtern und tasten sich mal diesen, mal jenen Weg entlang, ohne doch zu wissen, ob sie an ihrem Ziel ankommen werden. In der Mädchenerziehung wird experimentiert. Auf dieser Suche werden Mädchen mit den zwei für die beiden Geschlechter vorgegebenen »Welten« konfrontiert, und zwar in der Weise, daß sie sich in beiden Welten wohl zu fühlen haben, sich auskennen und ihren Anforderungen gerecht werden 'müssen. Einerseits werden ihnen unsagbar viele Botschaften davon vermittelt, daß sie Mädchen sind und wie Mädchen zu sein haben. Sie erfahren, was in der Gesellschaft für Frauen und für Männer vorgesehen ist. Andererseits haben sie sich auch in der Welt der Buben heimisch zu fühlen. Und das alles in den jungen Jahren, in denen das Kind um seine Geschlechtsdefinition ringt, sich erst einmal zu einem der beiden Pole selbst orientieren will. Dem Mädchen wird zu Hause, bei Freunden, Omas usw. in »gedankenlosen Bemerkungen« klargemacht und vorgelebt, daß Aggressivität und Hauen für den Teil der Menschheit, der sich Frau nennt, keine passende Verhaltensweise ist, andererseits soll es sich am Spielplatz genauso wehren und zuhauen können wie die Buben. Sie sieht das absolut fehlende Verständnis der Mutter und all ihrer Freundinnen und anderer Frauen für Auto und Technik - sie sieht immer nur die größeren Buben damit spielen, und trotzdem soll sie intensiv und begeistert Auto spielen, mit Spielzeugwerkzeug umgehen. Sie sieht die Mütter beim Turnen fast bewegungslos zwischen den Kindern herumstehen, sie sieht die Kindergärtnerin oder die Mutter selten, wenn überhaupt, am Klettergerüst oder an Bäumen turnen - sie sieht dagegen Männer draußen beim Fußballspiel, auf Bäume klettern, Maschinen reparieren und Autos pflegen. 80 Alle diese Betätigungen erwarten wir aber auch vom Mädchen, wenn wir es überwiegend in Hosen stekken und ihm Bubenspielzeug in die Hand drücken. Ist das tatsächlich die Erweiterung des weiblichen Lebens, ist es das Positive? Mir kommen Bedenken, wenn ich über die zunächst auf der Hand liegende Antwort hinaus an die Erziehung der kleinen Buben denke, die bar jeder Experimente ist.
    Im Tragen von Kleid und Hose fürs kleine Mädchen und in der gleichzeitigen Ablehnung anderer als der typisch männlichen Kleidung für die Buben sehe ich neben der »wunderbaren Wahlmöglichkeit« des Mädchens deutlich den Zwang zum Hineinwachsen in die männliche Lebensweise und in die Forderungen, die die Männerwelt an sie stellt. Es ist das Symbol für »Frausein« und dafür, trotzdem alles machen zu dürfen, können, sollen und zuletzt noch zu müssen, was die männlich eingerichtete Welt für uns bestimmt. Braucht es die selbständige, unabhängige, selbstbewußte Frau im Beruf, ziehen wir uns das Schneiderkostüm an, und braucht es die Sportliche mit teilnehmendem Interesse für Technik, ziehen wir den Overall an oder die Turnhose. Wir wechseln unsere Rollen, ja mehr noch - unsere Identität, denn wir haben frühzeitig gelernt, mit allem umzugehen. 81 Anders der Bub. Die um seine Geschlechtsidentität besorgte Mutter und Umwelt setzen ihn weder durch Kleidung noch in größerem Umfang durch Spielzeug im Gegensatz zu seiner Umgebung und deren Botschaften. Für den kleinen Buben und seine Identitätsentwicklung ist das meiste geradlinig und eindeutig, am Vorgegebenen und Vorgelebten orientiert. Wird bei einer Tochter das rollenüberschreitende Verhalten belobigt und hervorgehoben, so wird im besten Fall über mädchenhaftes Verhalten des Buben stillschweigend hinweggegangen. Im schlimmeren Fall wird bei nächster Gelegenheit korrigierend eingegriffen, nie jedoch wird ein Bub - und seien die Eltern noch so progressiv - für typisches Mädchenverhalten auf positive Resonanz seiner Umgebung stoßen, und dies gar nachhaltig und öfter.
    Söhne-Mütter fürchten mit Recht die Verwirrung des Kindes zwischen den häuslichen Wertschätzungen und denen, die in der Gesellschaft auf Dauer Gültigkeit haben werden. Psychische Schäden beim zukünftigen Mann sind nicht leichtfertig hinzunehmen. Hat doch in einer männlich dominierten Kultur der Schaden, der der männlichen Psyche zugefügt wird, auch weiterreichende Konsequenzen. 82 Warum besteht aber eigentlich nur bei Buben ein Bewußtsein dieser Problematik? Warum haben nur Söhne-Mütter ein Gefühl dafür entwik-kelt, wie schädlich es für die
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