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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)
Autoren: Loons Gerringer
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den seinen verschmolzen, dass sie ihm wochenlang
mit seinen eigenen Gefühlen durcheinandergeraten waren. War der Glaube an Hexen
und Mondgöttinnen da wirklich noch abwegig?
    Zum Ende ihres Rituals schlug sie sich mit der Hand
dreimal gegen die Stirn und ging dann in den Wagen zurück. Und er schluckte endlich
das Stück Hammelbraten hinunter, auf dem er die ganze Zeit gekaut hatte.
    Am Feuer drüben saßen noch ein paar Leute, aber es
tanzten keine Kinder mehr herum. Die Schatzsuche fiel ihm wieder ein. Ob
Carmino was gefunden hatte? Nee, der hätte ihn hundertprozentig geweckt.
    Der Mond schaffte es jetzt ganz über die Reste des
Turmes hinaus. Eigentlich war es nicht einmal ein Vollmond, aber er war so groß
und hell, dass man auch den nicht beleuchteten Teil sehen konnte. Ob das Licht
ausreichte …? Gold glänzt, dachte er und stand auf. Den Essnapf stellte er auf
der Mauer ab. Er hatte nicht vor, im Lager vorbeizugehen und die Leute auf sich
aufmerksam zu machen. Denn jetzt würde er auf Schatzsuche gehen. Wie der Jäger,
der in seinen Gedanken spukte … der hatte die Nacht geliebt.
    Der Hang stieg steiler an als erwartet, und überall
lagen Ziegelbrocken herum, die unter seinen Füßen wegrollten. Je weiter er
hinaufkam, desto dichter wucherte das Gestrüpp. Dornenranken rissen an seinen
Hosenbeinen. Hoffentlich waren hier keine Schlangen unterwegs. Der Mond gab zwar
tatsächlich Licht genug, dass er den Boden gut sehen konnte, aber da glänzte
nichts, nicht einmal eine Pfeilspitze. Blätter, Wurzeln, Steine, deren
Flechtenüberzug in dieser Beleuchtung wie schwarzes Geäder aussah. Trotzdem trieb
es ihn weiter hinauf. Er wollte einen Blick auf die Festung werfen. Diese
Zikaden – das musste das Äquivalent zu einer Wagneroper sein, was die heute Nacht
auf dem Programm hatten! Oder Zikaden-Metal.
    Da waren die Überreste einer Treppe vor ihm, verfallene
Stufen, deren Kanten zu beiden Seiten in den Hecken verschwanden. Die erste
brach unter seinem Fuß ab. Die wachte jedenfalls nicht länger. Während er
vorsichtig weiter hinaufging, schlich sich der Vers wieder in seine Gedanken. Vor
dem gab es wohl kein Entkommen. In den Wacholderduft mischte sich ein weiteres
Aroma, das immer stärker wurde – Minze! Als er aufblickte, sah er die Blüten an
den Zweigen, die die Hecken in den Weg streckten: kleine schwarze Trompeten vor
dem mondfahlen Himmel. Die Kletterfäden überall wie lange, hungrige Fühler –
    Noch nie hat er nachts so starken Blütenduft gerochen.
Ein Stück voraus raschelt und regt es sich in den Blättern – da schnüffelt
Turlington im Unterholz und scheucht wieder die Fliegen aus dem Farn. Der
Mauerstumpf des Turms ist ganz von Farnwedeln bedeckt. Wieder kommen ihm die
Schlangen in den Sinn. Schlangen lieben Farn. Er geht trotzdem weiter. Die
Turmmauer vor ihm ist nur brusthoch, aber auf der anderen Seite ragt sie noch
viele Meter in den klaren Nachthimmel. Innen sind Reste einer Treppe erhalten, enden
mitten in der Luft. Er stützt die Arme auf die Mauer und sieht hinunter ins
Innere des Turms, erwartet mondbeschienene Schutthaufen, überwuchert vom
Unkraut, aber –
    Sein Herz macht einen Satz. Dort unten ist keine
Dunkelheit – blaue und grüne Lichtsplitter wirbeln dort von einem dunklen
Zentrum weg, wie ein riesiges Kaleidoskop ist das, oder als blicke man in einen
gefrierenden Wasserfall. Man verliert das Gefühl für oben und unten, wenn man
länger hinsieht. Schwindel erfasst ihn. Dort unten ist es, da muss es sein, was
er gesucht hat! Es nimmt ihm den Atem. Dieses Gefunkel, als wäre man in der
Mitte eines brennenden Smaragds … hat er den gesucht, ist das der Schatz? Da
ist ein dunkles Zentrum in all dem Licht, das sich weitet und verengt wie eine
Pupille … manchmal scheint sich dieses Dunkel flüchtig zu einem Gesicht zu
formen, aber kaum meint man sicher zu sein, fliegt es schon wieder auseinander

    Was ist das? Wie kann das hier sein? Ich bin doch ich?
    Ja, ist er. Er schmeckt noch das kalte Hammelfett auf
seinen Lippen. Er ist er. Aber was es auch sein mag, er muss es weiter ansehen.
Er legt den Kopf auf seine verschränkten Arme und sieht hinunter – hinunter –
hinunter –
    Turlingtons herzzerreißendes Jaulen reißt ihn endlich
aus dieser Trance heraus. Er hebt den Kopf von der blutbefleckten Hand, der der
kleine Finger fehlt, und dreht sich um. Und da steht er wieder, der Anführer
der Rittergarde. Funkelnde blaugrüne Lichter flackern auch über das Metall
seines
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