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Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)

Titel: Tyggboren (Salkurning Teil 2) (German Edition)
Autoren: Loons Gerringer
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Nacht:
Atemnot, Angst, Leute, die nach dem Tyggboren schrien. Etwas, das ihm wie ein
Alien-Raumschiff vorgekommen war. Und Feuer und noch mehr Schreie natürlich.
    Er suchte das sauberste Stück Stoff aus dem Rucksack
und bedeckte die Wunde damit. Dann verband er sie vorsichtig. Na, läuft die
Arbeit gut, kleiner Hakemi? , fragte die süßliche Stimme in seinem Kopf.
Musst du nicht mal wieder Kräuter sammeln?
    Carmino bewegte den Fuß. Das Ergebnis war wohl nicht
wunschgemäß. „Meint ihr, der alte Schneemann hat’s da raus geschafft?“, fragte
er düster.
    Darauf antwortete keiner. Was das Reden anging – die
anderen sagten auch nicht viel. Wenn man überhaupt redete, dann nur über das,
was unmittelbar wichtig war. Sachen wie die Frage nach Schneemann waren tabu.
Es hatte nur ein einziges längeres Gespräch gegeben. Am Abend des Rasttages,
als Inglewing wieder halbwegs bei Verstand war, da hatten sie geredet. Nicht
über das, was los war. Nur, wie es kam, dass sie alle auf dem Bult
zusammengetroffen waren, und über das Feuer. Er hatte nichts gesagt und war
auch nichts gefragt worden. Über ihn wussten die sowieso mehr, als sie wissen
wollten. Am Ende hatte Inglewing noch was über das Fluidum gesagt; zuerst
dachte er, es wäre noch immer Fiebergerede, aber leider war’s das nicht.
Inglewing sagte, dass er vor kurzem dem Waird, dem Chef der Pelektá persönlich,
begegnet war, und dass der ihn beauftragt hatte, das Fluidum zu untersuchen.
Weil die Pelektá nämlich die Wendokarn nicht mehr benutzen konnte. Und das war
noch der beste Witz von allen. Er hätte sich den ganzen Scheiß sparen können,
sich selbst, und der Welt auch! Auf jeden Fall war damit all ihren Hoffnungen
der letzte Zahn gezogen. Nicht, dass er wirklich noch gehofft hätte. Selbst
wenn sie morgen in einen offenen Wendokarn stolpern würden, durften sie nicht hindurchgehen.
Den Satz mit den Stiefeln hatte er nicht vergessen.
    Nee, die redeten nicht viel. Aber wahrscheinlich
schwelte es unter diesem Schweigen vor sich hin. Die redeten vor allem nicht
mit ihm . Kein Wort über den Askertormen, den Fluch, den Tyggboren.
Bestimmt hatten sie das hinter seinem Rücken abgesprochen. Und dabei dachten
sie die ganze Zeit an nichts anderes. Wie sollten sie auch nicht? Carmino mit
seinem verletzten Fuß. Die dauerweinende Pix, nicht mehr als ein Umriss im
Schlafsack, sobald sie rasteten. Inglewing, leichenblass und schweigsam, der
sich wahrscheinlich seine eigenen Vorwürfe machte, weil seine Flugschiffe als
Bomber missbraucht worden waren. Sie alle wussten, was er getan hatte. Was
sahen sie, wenn sie ihn ansahen? Was dachten sie, wenn sie sich umsahen?
    Nur Firn, der alles andere sofort begriffen hatte, kapierte
das Entscheidende nicht. Firn, der Große Anführer, zog mit ungebrochener
Energie durch diesen Abgesang seiner Welt. Vielleicht machte ihm das sogar
Spaß. Der klopfte sich wahrscheinlich die ganze Zeit selbst auf die Schulter,
weil er sie alle so gut da rausgebracht hatte. Sogar den Tyggboren hatte er
gerettet.
    „Morgen sind wir auf der Höhe von Laere Tent“, brach
Inglewing jetzt plötzlich das dumpfe Schweigen. „Ich werd da abbiegen.“
    Mit dieser Bemerkung hatte er richtig Erfolg. Der
Schlafsack gegenüber zuckte auf wie eine Raupe, die sich plötzlich im Schnabel
eines Vogels wiederfindet. Pix kreischte, während sie sich explosionsartig aus
den Decken zu befreien versuchte. „ Was ?! Aber du kannst uns doch nicht
alleinlassen!“
    „Hör auf zu kreischen , verdammt noch mal!“ Carmino,
der vor Schreck aufgesprungen war, hopste auf einem Fuß herum und kämpfte ums
Gleichgewicht.
    „Hört beide auf damit! Ich lass euch nicht gern
allein, aber ich muss weiter. Und ihr habt Firn – und James – und es sind nur
noch ein paar Tage, dann seid ihr bei den Montagus! Ich muss jetzt einfach
los.“
    „ Wohin denn, verdammt?! Willst du wirklich Kate
suchen? Du weißt doch gar nicht, wo die ist!“
    „Sie ist im Gaubel Gillion. Das ist nicht weit von
Tygge Kallentar. Sie hat mir von dort geschrieben.“
    „Aber jetzt ist die bestimmt nicht mehr da! Warum
rennst du der nach? Die ist doch weggegangen! Und wir brauchen dich
doch!“
    „Sie braucht mich auch“, erwiderte Inglewing. „Sie ist
allein, ihr seid zu fünft.“
    Ja, und drei von uns sind Kinder, dachte James. Der
Vierte ist ein Krüppel, der sich für Superman hält. Und der Fünfte ist – ein kleiner
Hakemi. Ein Haufen Dreck.
    Pix verlegte sich aufs Betteln und Jammern.
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