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Tybee Island

Tybee Island

Titel: Tybee Island
Autoren: Susan Clarks
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angerufen und gefragt, ob es okay wäre, wenn sie heute Nachmittag vorbeikämen.«
    »Und du hast Ja gesagt?«
    »Natürlich«, erwiderte er und lachte. »Warum denn nicht? Sie wollen sich sicher nur davon überzeugen, dass es dir gut geht.«
    Jen konnte es nicht fassen. Ihre Eltern hier draußen in ihrem heilen Paradies. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Vermutlich würde ihr Vater so lange auf sie einreden, bis sie freiwillig die Flucht ergriff. Sie schüttelte den Kopf und rieb sich über die Stirn. »Und ich muss mich ihnen auch noch in den Ausgehklamotten von vor drei Wochen präsentieren.« Denn in eines von Craigs T-Shirts brauchte sie sich wohl nicht zu zeigen.
    »Ach komm, mach dir keine Sorgen«, sagte Craig und zog sie zu sich auf den Schoss. »Deine Eltern werden sehen, dass es dir gut geht, du wirst ihnen erklären, dass du noch bleiben möchtest, und damit ist die Sache erledigt.«
    Unwillkürlich lächelte Jen. Wenn sie daran dachte, wie wütend er war, als sie ihn darum gebeten hatte, bleiben zu dürfen, fand sie seine jetzige Aussage bemerkenswert. Kein Hauch der Unsicherheit, kein Zweifel. »Und wenn mein Vater darauf besteht, dass ich mit ihnen fahre?«
    Craig runzelte die Stirn. Diese Möglichkeit schien er niemals in Betracht gezogen zu haben. »Das wird er nicht.«
    »Und wenn doch?«
    Craig setzte sie in ihre Liege und stand auf. Mit ernster Miene sah er auf sie herab. »Du bist erwachsen. Du kannst bleiben, wo du willst. Solange du deine Zeit hier verbringen möchtest, wird dich auch niemand fortholen.« Die Bestimmtheit, mit der er das sagte, überraschte sie.
    Als würde er sich notfalls mit ihrem Vater ein Duell liefern. »Okay, was bin ich froh, dass du nicht besitzergreifend bist.«
    Wortlos betrachtete er sie. Dann schüttelte er den Kopf und stapfte davon.
    Sie sah ihm hinterher, bis er im Haus verschwunden war. Manchmal wurde sie nicht schlau aus ihm. Das waren die Momente, in denen sie sich um ihn sorgte. Dass er bei einem Einsatz verwundet worden war und deshalb vielleicht kein Navy SEAL mehr sein konnte, hatte sie bereits vermutet, ehe sie ihn bei ihrem kleinen Spiel danach gefragt hatte. Sie hätte noch viele Fragen an ihn gehabt. Fragen nach Details, nach seinen Albträumen und den Alternativen. H ätte sie Antworten erhalten? Sie bezweifelte es .
    Seufzend lehnte sie sich zurück in ihrem Liegestuhl und starrte in den Himmel. Vor einiger Zeit hatte sie auf der Suche nach ihrem Slip ein Bild seines Teams gefunden. Unachtsam hatte es unter dem Bett gelegen, das Glas darüber zerbrochen. Sie hatte es hochgehoben und lange betrachtet. Zehn Mann standen um einen Jeep, bewaffnet und in Tarnkleidung. Trotzdem wirkte jeder auf dem Bild glücklich, zuversichtlich und voller Hoffnung. Craig war einer von ihnen. Ein Soldat. Je länger sie mit ihm zusammen war, umso weniger konnte sie sich vorstellen, dass er je einen anderen Beruf ausübte. Die Navy SEALs waren sein Leben. Und die Orientierungslosigkeit, die seine Verwundung mit sich brachte, schmerzte sie. Allein, dass er sich hier versteckte, zeigte, wie sehr es ihn aus der Bahn geworfen hatte. Und inzwischen bedeutete er ihr viel zu viel, als dass sie nicht mit ihm gelitten hätte. Sie hatte nur keine Ahnung, wie sie ihm helfen sollte. Er würde sie von sich stoßen, wenn sie ihn bedrängte. Aber es würde sich vielleicht nie etwas ändern , wenn sie es nicht tat. Er würde sich weiter hier verschanzen, verstecken vor der Außenwelt.
    So, wie sie es tat.
    Tief atmete sie aus. Verdammt. Sie musste aufhören, sich wie ein Schulmädchen zu benehmen, und sich stattdessen wie eine Erwachsene mit ihren Eltern an einen Tisch setzen. Das konnte doch wirklich nicht so schwer sein.
     

     
    Die Stille auf der Terrasse wurde nur durch das Klappern der Kaffeetassen durchbrochen. Craig umklammerte sein Wasserglas. Mr. Garnett musterte ihn, seit er ihm gegenüber Platz genommen hatte und Mrs. Garnett blickte ständig zwischen ihrer Tochter und ihm hin und her. Jen hingegen war hauptsächlich damit beschäftigt, ihren Minirock nach unten zu ziehen.
    »Schön ist es hier«, erklärte Mrs. Garnett und lächelte ihn an. »Kommen deine Eltern noch oft her?«
    Craig schüttelte den Kopf. »Nein, nur wenn sie geschäftlich in der Gegend zu tun haben.«
    Schweigen machte sich wieder breit. Craig stellte sein Glas auf dem Tisch ab und lehnte sich zurück. Das konnte noch ein sehr langer Nachmittag werden.
    »Gefällt es dir bei den Navy SEALs?«, fragte nun
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