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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Autoren: Nick Bilton
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Zeitschrift hoch und schaute durch das Fenster in die Wohnung gegenüber: Dort stand eben dieser Computer auf genau dem Schreibtisch, der in dem Artikel abgebildet war, ganz real. In der unteren Monitorecke klebte derselbe orangefarbene Sticker, und der Mann, von dem der Artikel handelte, saß an seinem Schreibtisch: Evan Williams.
    »Boooaa! Verdammt noch mal!«, sagte Noah laut und grinste breit. Einen Moment lang stand er da und verglich das Foto mit der Wirklichkeit.
    Die Zeitschrift wirkte durch Noahs Größe ausgesprochen klein in seiner Hand. Er war in jeder Hinsicht riesig, groß und breit mit einem breiten Boxergesicht und den Augen eines traurigen Welpen. Und wie ein Welpe besaß er die Energie eines Atomkraftwerks.
    Schnell entschlossen öffnete er die Balkontür und ging auf den Balkon. »He, Blogger!«, brüllte er. Ev drehte sich verdutzt und etwas erschrocken um. »Du bist doch Ev Williams von Blogger, stimmt’s?«, sagte Noah. »Ich bin Noah. Noah Glass.«
    »Ja, das bin ich«, antwortete Ev zögernd und trat auf seinen Balkon.
    Noah schaute über Evs Schulter in die Wohnung. Er erinnerte sich, dass er dort im Frühsommer auf engstem Raum bis zu fünf Leute gesehen hatte, die oft in der Küche an Computern gesessen und gearbeitet hatten. Auf der Arbeitsplatte neben Evs Küchenspüle standen einige Server, die kaum von Pizzaschachteln zu unterscheiden waren und den gesamten Betrieb von Blogger gewährleisteten. Aber heute war nur Ev in diesem improvisierten Büro.
    »Bloggst du gerade? Bloggst du jetzt im Moment?«, fragte Noah aufgeregt von einem Balkon zum anderen.
    »Ja«, antwortete Ev und lachte kurz auf. Sie unterhielten sich eine Weile, und Noah lachte ständig und klatschte vor Stolz, dass sie Nachbarn waren, in die Hände.
    Damals hatte Noah den Kopf kahl rasiert. Wenn er sein Haar wachsen ließ, stand es meist zottelig und wild ab wie bei einem Surfer, der am Strand lebte; und genau dort war Noah aufgewachsen. Geboren wurde er in Santa Cruz, Nordkalifornien, in einem baufälligen Häuschen mit einer noch baufälligeren Scheune, in dem eine Hippiekommune lebte. Seine Mutter und ihre Mitbewohner hatten in Handarbeit Kerzen und anderen Kleinkram hergestellt, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
    Sein Vater war kurz nach Noahs Geburt eines Morgens aus dem Haus gegangen, um Milch zu holen, und nie wiedergekommen.
    Das Leben in der Kommune währte nicht lange, und schon bald landete Noah bei seinen Großeltern. Einer seiner Verwandten, einzäher Bergbursche, übernahm die Rolle als Vaterfigur und führte Noah ins Erwachsenenleben ein. Als eines der Pferde auf dem Land seines Großvaters Noahs Bruder gegen das Bein trat, erteilte er ihnen eine denkwürdige Lektion. Um ihnen zu zeigen, wie man mit einer solchen Situation umzugehen habe, schnappte Noahs Verwandter sich ein Stück Rohr und prügelte das Pferd tot. »So stehst du deinen Mann«, erklärte er den Jungen hinterher mit dem vor Blut triefenden Rohrstück in der Hand. Noah war zutiefst schockiert. In seiner sanftmütigen Art war er für solche Härte und Brutalität nicht ausgelegt. Er war eher Künstler als Revolutionär und flüchtete sich lieber in seine lebhafte, kreative Fantasie.
    Ev war zwar reservierter und stiller als Noah, fühlte sich aber zu dessen quirliger Art hingezogen, und so wurden die beiden gute Freunde. In früheren Zeiten hätten sie durchaus Stoff für eine Fernsehserie über ein skurriles Paar abgegeben, zwei völlig gegensätzliche Nachbarn, die sich regelmäßig zu einem oder zwei Bier auf ihren benachbarten Balkonen trafen, wobei Noah meist redete und Ev meist zuhörte. Ihre Freundschaft vertiefte sich, führte sie von ihren Balkons in nahegelegene Cafés, zum Mittagessen in Barney’s Burger und auf nächtliche Partys, und schon bald verbrachten sie mehr Zeit gemeinsam als getrennt.
    Goldman, der sich ebenfalls mit Ev angefreundet hatte, begleitete sie häufig.
    Noah schaute immer aus seinem Küchenfenster, um zu sehen, ob sein neuer Freund zu Hause war. Manchmal tauchte er unangemeldet auf, klopfte an die Tür – mehr als einmal, als Ev gerade ein Mädchen bei sich hatte – und stürmte in die Wohnung.
    Noah war immer hilfsbereit. Eines Nachmittags mühten Goldman und Ev sich ab, eine Couch die Treppe hinaufzutragen. Als sie auf einem Treppenabsatz kurz Halt machten und sich umdrehten, stand Noah da, schob sie beiseite und schleppte das große Sofa, ohne zu fragen, praktisch allein nach oben.
    Ende 2002 zog
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